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In dieser Gewandung erweckte der schmächtige Zadok Bewunderung, die an Furcht grenzte. Hinter zwei Priestern führte man ihn in den Thronsaal, in dem Salomo auf ihn wartete.

«Warum diese Bitte um Audienz, Zadok? Mußt du nicht die Vorbereitungen zu meiner Vermählung überwachen?»

Hochfahrend und schneidend gab der Hohepriester zurück:

«Majestät, diese Verbindung mißfällt Jahwe. Warum hast du dir keine Gemahlin unter deinen Nebenfrauen gesucht? Diese Ägypterin teilt unseren Glauben nicht. Sie wird eine schlechte Königin und bringt Israel Unglück. Laß ab von dieser Heirat und verärgere dein Volk nicht. Es ist Gott, der durch mich zu dir spricht.»

Salomos Augen funkelten. Ihn packte die Wut, und er hätte diesen unverschämten Geistlichen am liebsten geohrfeigt, der ihm vollkommene Treue schuldete. Doch ein König der Hebräer mußte sich in allen Lebenslagen beherrschen.

«Falls ich mich darüber hinwegsetze, Zadok, was geschieht dann?»

«Ich werde mich weigern, diese gottlose Ehe zu segnen, Majestät. Ich werde vor das Volk treten und meine rituellen Gewänder vor den Augen der Gläubigen ablegen. Ich werde ihnen erklären, daß der Hohepriester Jahwes dadurch Unglück auf das Haupt des Königs und der Ägypterin herabruft.»

Zadok stand mit zusammengekniffenen Lippen da und triumphierte. Salomo dachte, ich habe einen Dummkopf ernannt, der seine Anweisungen buchstabengetreu ausführt. Ihm war klar, daß der Hohepriester echte Macht ausübte. Zadok freute sich schon darauf, daß er eine herausragende Persönlichkeit und fast ebenbürtig mit dem König sein würde, der ihn von nun an bei jeder Entscheidung würde befragen müssen.

Zadok wunderte sich über Salomos Gelassenheit. Er hatte eine heftige Reaktion erwartet, die er dazu nutzen konnte, den Schwung eines zu jungen Herrschers zu bremsen. Doch der versuchte, entweder aus Schwäche oder aus Vernunftgründen, nicht einmal, sich zu wehren.

«Zadok, nimm die Würfel, die du aufbewahrst.»

«Die Würfel, aber…»

«Ehe du sie auf den Fliesen dieses Saales auswirfst, beweise mir, daß du im Namen Gottes sprichst, und sage mir die Zahlen, die gerollt kommen.»

«Gebieter, das ist eine Legende, mehr nicht, und…»

«Die Fünf und die Sieben, Zadok. Die Fünf für den Mann und die Sieben für die Frau. Wenn meine Vorhersage zutrifft, segnet Gott meine Ehe mit der Tochter des ägyptischen Königs. Wirf die Würfel, Hohepriester.»

Noch immer zögernd, holte Zadok die Würfel aus dem Lederbeutel. Er schloß die rechte Hand um sie und warf. Sie rollten lange und klapperten über die Steinfliesen.

Salomo bewegte sich nicht.

Zadok rührte sich, und die goldenen Schellen an seiner Amtsrobe bimmelten. Ihr metallisches Geklingel hallte ihm teuflisch in den Ohren, als er die Zahlen erblickte, die der Zufall gewählt hatte.

Die Fünf und die Sieben.

Kapitel 13

Nagsara, die Pharaonentocher, war sich gewiß, daß man sie mit allen Ehren empfangen würde, die ihr aufgrund ihrer hohen Geburt zustanden. Und das mindeste darunter war die Anwesenheit ihres künftigen Gemahls, des Königs Salomo.

Als der Wagen vor einem grauen Gebäude neben dem Palast hielt, half ihr ein schmerbäuchiger Mann mit Schlüssel und Schärpe auf der Schulter beim Aussteigen.

«Ich bin der Oberhofmeister», stellte er sich freundlich vor. «Willkommen in Israel.»

Nagsara sagte entrüstet:

«Wo ist der König?»

«Er kommt bald. Die Hochzeitsvorbereitungen haben ihn aufgehalten.»

«Das ist eine schwere Beleidigung! Ich bin doch keine Dienerin.»

Der Oberhofmeister war beeindruckt von der Heftigkeit dieser ziemlich kleinen und nicht übermäßig schönen jungen Frau. Wie er vorausgesehen hatte, würde die Tochter des Pharaos am israelitischen Hof schon bald Auseinandersetzungen und Skandale auslösen.

«Wenn du mir folgen möchtest, Majestät. Es gehört zu meinem Amt, dir zu zeigen, wo du wohnen wirst.»

Nagsara blickte sich um. Die ägyptischen Soldaten waren in der Minderzahl. Salomos Leibwache konnte sie mit Leichtigkeit erledigen, falls sie aufmuckten. Die Tochter des Pharaos hatte augenblicklich nichts in der Hand, womit sie sich gegen die Mißachtung hätte wehren können, der man sie aussetzte.

Sie folgte dem Oberhofmeister. Ihre Enttäuschung war riesengroß. Die Unterkunft mit den rauhen Wänden, in die man sie führte, war noch bescheidener als das bescheidenste Haus in Theben. Kein Innenhof mit Grün, kein Springbrunnen, kein Säulensaal. Viereckige Steine bar jeglicher Eleganz und nicht verziert, das war einer königlichen Hoheit unwürdig. Die blanke Wut packte Nagsara, als sie Lachen hörte. Zwei junge Frauen in kurzen Kleidern schoben einen Vorhang beiseite, traten aus einem Schlafgemach und liefen an der Ägypterin vorbei. Eine dritte, ältere, folgte ihnen. Spöttisch starrte sie Nagsara an wie ein seltsames Tier, dann verzog sie sich in ein anderes Schlafgemach, aus dem würzige Düfte drangen.

«Wer ist das?»

«Die anderen Gemahlinnen Salomos», erwiderte der Oberhofmeister. «Sie haben früher seinem Vater David gehört. Er hat an die zwanzig gehabt… Moabiterinnen, Edomiterinnen, Sidonesinnen und sogar Hethiterinnen. Die, die du gesehen hast, ist Ammoniterin. Sie kommt aus der Stadt Ammons, die die Straße von Jerusalem nach Damaskus kontrolliert. Das ist eine wichtige strategische Lage, und daher hat diese zweite Gemahlin einen herausragenden Platz unter den Nebenfrauen. Ihr Pech, daß sie so alt ist… Salomo braucht eine neue, sehr junge Königin…»

«Und das soll ich…»

Nagsara traute sich nicht, ihren Satz zu beenden. Hatte dieser abartige König beschlossen, sie zur Sklavin zu machen, sie seinen niedrigsten Instinkten zu unterwerfen? Der Pharao hatte eine politische Ehe vorgesehen, was auf ein abgeschiedenes Leben hinauslief. Dieses elende Los erschien Nagsara herrlich im Vergleich zu dem, was ihr jetzt drohte.

«Ich weigere mich, die Hündin deines Königs zu sein», teilte sie dem Oberhofmeister mit. «Wenn er mich anrührt, bedeutet das Krieg. Mein Vater ist nie im Leben damit einverstanden, wie man mich behandelt. Ich werde hier nicht wohnen, zusammen mit diesen gräßlichen Frauen.»

«Majestät…»

«Ich verbiete dir, mich anzusprechen. Salomo ist meiner unwürdig. Und du wärst in Ägypten nicht einmal Fischer im Delta. Ich steige nicht wieder aus diesem Wagen aus.»

Nagsara ging zu ihrem Gefährt. Sie konnte nur einige Schritte machen, denn auf der Schwelle des Gebäudes stand Salomo, der sich die Ankunft der Pharaonentochter angesehen hatte.

Er lächelte friedfertig. Nagsara musterte ihn. Die blauen Augen des Königs von Israel waren bezaubernd. Sie entzückten die Seele. Die jugendlichen Züge verrieten eine eigenartige Reife.

«Vergib mir, daß ich mich verspätet habe», bat er freundlich. «Bei einem König ist ein Mangel an Höflichkeit unverzeihlich. Ich könnte dir erklären, daß ich dem Hohenpriester die Stirn bieten mußte, weil er gegen unsere Heirat ist, aber überzeugt dich das?»

«Ein großer König ist von keinem seiner Untertanen abhängig», entgegnete Nagsara, «und schon gar nicht von einem Priester.»

Das hatte schneidend klingen sollen, doch ihr Blick strafte ihre Worte Lügen. In Wahrheit konnte sie sich kaum der Faszination entziehen, die von ihm ausging. Salomo war kein Untier, sondern ein wunderschöner Mann.

«Du hast recht», meinte der Herrscher. «Dieser Ort ist deiner Abkunft keineswegs angemessen. Aber Jerusalem ist nicht Tanis oder Theben. Ich habe die Absicht, meine Hauptstadt prächtig zu gestalten. Hast du noch ein wenig Geduld? Du bekommst eigene Gemächer, damit du nicht in Berührung mit den Nebenfrauen kommen mußt.»

Nagsara hätte gern aufbegehrt, lautstark bekräftigt, daß diese Vorkehrungen nicht genügten, daß sie den Frieden garantieren, jedoch nicht das Bett mit einem fremdländischen König teilen müsse, doch die Worte wollten ihr nicht über die Lippen.