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David und Nathan waren nicht mehr, Bathseba hatte sich zurückgezogen und schwieg, Nagsara kannte nur ihre Selbstsucht, daher hatte Salomo jetzt, im Augenblick eines furchtbaren Fehlschlags, als seine Herrschaft an der Mauer einer unerbittlichen Wirklichkeit zerschellte, keinen Vertrauten mehr.

Seine Schiffe hatten Saba nicht erreicht. Die ägyptische Marine, die diese Gewässer als ihr privates Jagdgebiet betrachtete, hatte sie zurückgeschickt, ohne jedoch Gewalt anzuwenden. Salomo konnte nicht gut protestieren, schließlich hatte er versucht, die wachsame ägyptische Flotte zu überlisten. Eine übereilte Expedition, schlecht vorbereitet… Salomo hatte die Fähigkeiten seiner Seeleute überschätzt.

Das Gold aus Saba würde nicht eintreffen. Israels König würde vor dem König von Tyros das Gesicht verlieren. Der Tempel würde niemals gebaut werden.

Salomo hatte seine Wette mit Gott verloren.

Teil Zwei

Du hast befohlen, einen Tempel auf deinem heiligen Berg zu bauen und einen Altar in der Stadt deiner Wohnung, ein Abbild des heiligen Zeltes, das du von Anfang an entworfen hast. Mit dir ist die Weisheit, die deine Werke kennt.

Buch der Weisheit, 9, 8-9

Kapitel 17

Meister Hiram folgte aus Tyros kommend den Bergkämmen. Der Winter ging zu Ende, und er hatte dafür gesorgt, daß sein Aufbruch auf den Abend des neunundzwanzigsten Februar fiel, an dem die Sichel des Neumonds am Himmel erschien. Auf den Höhen leuchteten Lichter, zeigten allen an, daß ein neuer Monat bevorstand, und erleichterten dem Reisenden den Weg.

Es goß in Strömen, ein kalter Regen wie oftmals um diese Jahreszeit. Die meisten Wege lagen verlassen, denn heftige Regenschauer hatten sie in Morast verwandelt. «Vor Frühlingsbeginn», so lautete ein Sprichwort, «zittert das Vieh im Morgengrauen vor Kälte, sucht aber zu Mittag den Schatten der Feigenbäume.» Die nächtliche Kühle hatte Meister Hiram gezwungen, sich in einen dicken Wollumhang zu hüllen. Er hatte ihn selbst hergestellt, hatte dazu zwei dicke Decken zusammengenäht und ein Loch für den Kopf gelassen. In dem breiten Gürtel, den er sich um die Mitte gebunden hatte, waren Silberstücke versteckt.

Neben ihm ging ein hellgrauer Esel, ein widerstandsfähiges Tier, das keine Anstrengung scheute. Auf dem Rücken trug es zwei Schläuche, einen mit Trinkwasser, der andere, ein abgeschnittener Essigschlauch, enthielt ein Paar Sandalen, Kleidung und einen Kürbis, der ihm als Becher diente. Der Vierbeiner schaffte am Tag eine gute Wegstrecke und hatte sich mit seinem Reisegefährten angefreundet.

Mühsam hatte Hiram die verschneiten Wälder des Berges Karmel durchquert, des Ortes, wohin sich der Prophet Elia geflüchtet hatte. Zum Glück kannte der Esel jeden Stein in der Gegend um den schmalen Gebirgspaß, der den Norden und den Süden Kanaans verband und auf dem man den phönizischen Einflußbereich verließ und das Königreich Israel betrat.

Der Oberbaumeister hatte einen gewundenen Pfad unterhalb der Festung eingeschlagen, die die Stelle schützte. Da die Hufe des Esels in Lumpen gehüllt waren, hatte Hiram nicht die Wachsamkeit der Späher auf sich gezogen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als von Hügelkamm zu Hügelkamm zu ziehen, unablässig hoch- und dann wieder hinunterzusteigen und über den Berg Tabor, den Berg Gilboa, den Berg Ebal und den Berg Garizim zu wandern. Gewiß, der höchste Berg war nicht höher als zweitausendvierhundert Ellen, doch der Weg erwies sich als anstrengend für die Beine.

Hiram bewunderte die Stämme von hundertjährigen Kastanien, deren Wipfel vierzig Ellen hoch ragten und deren Anpflanzung man Abraham zuschrieb. Davor war er durch einen Wald von Terpentinpistazien mit zahllosen Verästelungen gekommen, die schon bald stark duften würden, was dann Kehle und Lungen reinigte.

Weil der Oberbaumeister niemandem begegnen wollte, hatte er eine Zeit gewählt, zu der Karawanen in Karawansereien aus Zelten blieben, bis der Schnee auf den Berggipfeln weggetaut war. Hiram fürchtete sich vor Samaria, wo noch immer Räuberbanden ihr Unwesen trieben. Selbst die frommsten Hebräer betrachteten diese Gegend als Ketzergebiet. In der Ferne, gen Westen, hinter der Ebene Scharon, kennzeichneten Obsthaine vor den Dünen die Küste. Mit Heimweh dachte der Reisende an die Wüste Ägyptens, wo er die Geheimnisse seines Berufes an der Seite von anspruchsvollen Meistern erlernt hatte, die ihn von Tempel zu Tempel, von Wohnung für die Ewigkeit zu Wohnung für die Ewigkeit führten. Doch Hiram hatte weder das Recht noch die Lust, bei dem Gedanken an seine Vergangenheit Trübsal zu blasen. Seine Aufgabe war wichtiger als er selbst.

Erschöpft überquerte er den Jabbok, einen Nebenfluß des Jordan, und erreichte eine Herberge, ein großes Gebäude, das von einer Mauer geschützt wurde. Er ging unter einem halb zusammengestürzten Holzvorbau hindurch und trat auf einen morastigen Hof, wo ihm Zugtiere den Weg versperrten. Ein Flügel des Hauses lag voller Strohsäcke, die für durchreisende Gäste gedacht waren.

Der Herbergsvater nahm Hiram argwöhnisch auf.

«Von woher kommst du, Freund?»

«Ist doch einerlei. Ich möchte zu essen haben.»

Der Oberbaumeister reichte dem Herbergsvater ein Silberstück. Der steckte es in seinen Gürtel und bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, wo der Tisch für die Gäste zu finden war.

Hiram aß in Gesellschaft von zwei Männern, die genauso schweigsam waren wie er. Sie teilten sich Kümmelbrot, Fenchelsuppe und tranken einen verdauungsfördernden Tee aus Rautenessenz.

Eine Frau mit zerzaustem Haar stürmte in den von einer rauchenden Fackel schlecht beleuchteten Raum. Sie stürzte sich auf einen der Speisenden und wollte ihm die Augen auskratzen. Das Opfer schrie, denn sein Gesicht blutete. Sein Gefährte kam ihm augenblicklich zu Hilfe. Doch die Frau, die laute Verwünschungen ausstieß, war nicht zu bändigen. Sie faßte nach seinem Geschlecht und zog heftig daran. Und schon krümmte er sich auf dem Boden. Der Mann mit den Kratzern im Gesicht streckte die Tigerin mit einem Handkantenschlag auf den Hals nieder.

Die Sache hatte nur ganz kurz gedauert. Vergeblich versuchte Hiram aufzustehen. Der Herbergsvater hatte ihm das Messer an die Kehle gesetzt und hinderte ihn daran, sich zu bewegen.

«Das ist eine Familienangelegenheit. Halt dich da heraus, mein Freund. Sonst ist deine Reise hier zu Ende.»

Die Frau wurde von ihren beiden Gegnern nach draußen geschleift.

«Warum diese Gewalttätigkeit?» fragte Hiram.

«Diese beiden tapferen Männer haben ihr als Ehemann und Liebhaber gedient. Die Törin ist ihnen daraufgekommen, daß sie ein Herz und eine Seele sind und sie ausgenutzt und verspottet haben. Das hat ganz Samaria seit langem gewußt. Sie hätte darüber lachen sollen. Jetzt wird sie für ihre Tat streng bestraft. Das Gesetz verpflichtet meine Freunde, ihr die unrein gewordene Hand abzuschlagen. Blut muß mit Blut gerächt werden.»

Furchtbares Gebrüll zeugte dafür, daß die Strafe auf der Stelle vollzogen worden war.

«Warum diese Gewalttätigkeit?» wiederholte Hiram in Gedanken.

Der Oberbaumeister wollte die Nacht nicht mehr in dieser Herberge verbringen, er marschierte lieber weiter in Richtung Jerusalem. Er setzte die Füße in die Tritte des Esels und kletterte so einen steil abfallenden Hügel hinunter, der sich auf einem fruchtbaren Plateau verlief, von dem aus man die Hauptstadt Israels sehen konnte. Eine Schafherde versperrte dem Oberbaumeister den Weg. Die Tiere waren zahlreich und aufsässig und freuten sich über den ersten Ausflug nach der Überwinterung in Schäfereien im Gebirge. Einige Schafe hatten eine Pfote an den Schwanz gebunden, damit sie nicht weglaufen oder verlorengehen konnten. Sie wetteiferten mit Geblöke und machten den Esel unruhig.