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Die Königin von Saba war schön wie ein strahlender Frühlingstag. Ihr leichtes, gelbes Gewand ließ Schultern und Busen frei. Ein roter Gürtel betonte ihre schmale Taille. Salomo hatte Angst, Angst, noch mehr bezaubert zu werden.

«Bleib», bat sie. «Ich will für dich tanzen.»

Barfuß deutete sie eine Spirale an, ihr Leib rollte sich zusammen wie ein Blatt, das um den Zweig flattert, von dem es sich lösen will. Sie zeichnete unsichtbare Windungen nach, schuf einen stummen Rhythmus, der sich in das Geraschel der Blumen fügte.

Salomo stürzte zu ihr und schloß sie in die Arme.

«Balkis, oh, wie liebe ich dich… Von deinen Lippen tropfen Honig und Milch, der Duft deiner Kleider ist wie des Libanon Duft. Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein versiegelter Quell, ein Lustgarten sproßt aus dir, ein Brunnen lebendigen Wassers… Deine Liebe ist süßer als Wein, der Duft deiner Salben köstlicher als alle Balsamdüfte…»

Die Augen der Königin wurden ein Himmel der Hoffnung. Salomo wußte, daß sie nicht mehr mit seiner Leidenschaft spielte. Am Ende eines langen Kusses drückte er sie zärtlich zu Boden und bettete sie auf das gemähte, sonnenwarme Gras. Mit zarter und kundiger Hand entkleidete er sie. Ihre Augen ließen ihn nicht mehr los. Und während sie die Liebe entflammte, setzte sich eine Haubenlerche in den Wipfel des Granatapfelbaums und schützte sie vor einer in Vergessenheit geratenen Welt.

«Du brauchst mich nicht mehr», meinte der Hinkefuß.

«Ich hatte dir einen Auftrag anvertraut», rief Hiram ihm ins Gedächtnis.

«Der ist ausgeführt», meinte Kaleb. «Tempel und Palast sind fertig. Ich muß auf dem Felsen niemanden mehr überwachen.

Du rennst von Baustelle zu Baustelle, und ich, ich sitze allein in dieser feuchten Höhle.»

«Sie ist sehr trocken und ungemein bequem.»

«Es tut einem Menschen nicht gut, wenn er allein in einem Haus schlafen muß, selbst wenn es ein so elendes wie das hier ist. Er kann einer Dämonin zum Opfer fallen, und diesem schlimmen Schicksal möchte ich entgehen.»

«Wie denn?»

Verlegen beschäftigte sich der Hinkefuß mit dem Kochtopf, in dem Gemüse köchelte.

«Glücklich der Mann, der eine gute Ehefrau hat», sagte Kaleb mit Nachdruck. «Die Zahl seiner Tage verdoppelt sich. Eine kräftige Ehefrau erfreut ihren Mann und sichert ihm friedliche Nächte. Eine solche Frau ist der allergrößte Schatz! Und den schenkt der HERR nur den wahren Gläubigen… selbst wenn der Ehemann einer solchen Frau arm ist, so ist er dennoch glücklich zu preisen. Die Zuneigung einer ehrlichen Frau macht den Ehemann satt und seine Knochen kräftig. Durch sie bleibt er rüstig bis ins hohe Alter.»

Hiram kostete von der Gemüsebrühe.

«Bedeutet diese schöne Rede, daß du heiraten willst?»

Der Hinkefuß verzog das Gesicht.

«Vielleicht… will sagen, gewiß. Eine arbeitsame und sparsame Arbeiterin.»

«Der du nachgestellt hast, seit wir in Jerusalem sind?»

Verdutzt musterte Kaleb Hiram, so als wäre dieser ein aus den Tiefen der Erde emporgestiegener Teufel.

«Woher weißt du das?»

«Eine einfache Schlußfolgerung. Bist du dir sicher, daß dich das glücklich macht?»

Der Baumeister füllte eine Schale und gab sie seinem Hund, der die Brühe eifrig aufschleckte.

«Ganz sicher. Ich bringe nichts mit in die Ehe, aber sie ist mit mir allein zufrieden.»

«Wohin ziehst du?»

«In ein Dorf in Samaria, wo ihre Eltern einen Hof haben.»

«Hast du keine Angst, daß du tüchtig arbeiten mußt?»

«Immer noch besser, als langsam einzugehen wie bei dir.»

«Bin ich so grausam?»

«Die Atmosphäre in dieser Stadt sagt mir nicht mehr zu. Als dein Diener riskiere ich zuviel.»

«Übertreibst du nicht?»

«Du bist hoch gestiegen, Meister Hiram, aber du kannst Gefahr nicht gut einschätzen. Deine Macht wird Salomo am Ende lästig werden, und dann kennt er kein Erbarmen.»

«Deine Weissagungen sind nicht oft eingetroffen.»

«Wenn du vernünftig bist, gehst du zusammen mit mir.»

«Willst du mich wirklich verlassen, Kaleb?»

Der Hinkefuß kehrte ihm den Rücken zu und wischte sich eine Träne ab.

«Sie zwingt mich dazu, Meister Hiram. So begreife doch.»

«Du bist mein Freund gewesen.»

Kaleb hatte keinen Hunger mehr.

«Ich gehe jetzt zu ihr. Wenn ich noch länger bleibe, fehlt mir am Ende der Mut.»

Sein Hinken war noch ausgeprägter.

Am liebsten hätte Hiram ihn zurückgehalten. Doch mit welchem Recht konnte er einen anderen Menschen aufhalten, der anderswo sein Glück suchte? Der Baumeister bedauerte, daß er sich nicht genug mit ihm unterhalten, daß er ihn nicht in die Geheimnisse des Bauzeichnens eingeführt hatte. Doch das waren lediglich eitle Gedanken. Der Hinkefuß verließ ihn und zog auf dem Pfad einen Esel hinter sich her, den er mit seiner spärlichen Habe beladen hatte.

Eine feuchte Hundenase liebkoste Hirams Hand. Sein Hund dankte ihm für ein ausgezeichnetes Mahl. Die Augen des Tieres zeigten eine Liebe so klar wie ein Bergquell.

Als die Diener Nagsara auf der Lagerstraße herankommen sahen, benachrichtigten sie eilig die Königin von Saba. Gerüchte, daß Salomos Gemahlin einen wilden Haß auf Balkis hegte, hatten die Runde gemacht.

Vor sich zwei Soldaten und hinter sich mehrere Dienerinnen, so nahte Nagsara in ihrer Amtsrobe, die mit einer goldenen Fibel geschlossen war. Auf ihrem Haar blitzte ein Türkisdiadem. Ihre Kleidung gab dem Besuch einen offiziellen Anstrich.

Balkis speiste auf dem Dach ihres Holzpalastes zu Mittag. Eine Dienerin parfümierte ihr die Haare. Eine andere schenkte neuen Wein in einen Becher. Anscheinend freute sich Balkis sehr über den Besuch von Israels Königin. Sie erhob sich und verneigte sich.

«Welch schöne Überraschung, Majestät! Verzeih meinen Aufzug… Wenn du dich angekündigt hättest, ich würde dich mit dem deiner Stellung zukommenden Prunk empfangen haben.»

«Bitte, lassen wir doch dieses Zeremoniell, ja?»

«Darf ich dich an meine Tafel bitten?»

«Ich habe weder Hunger noch Durst.»

«Dann laß uns unter dem Feigenbaum miteinander reden. In Israel symbolisiert er, glaube ich, Frieden.»

Die beiden Königinnen gingen den sanften Hang hinunter, der zum Obsthain führte. Wie zart, fast zerbrechlich Nagsara doch wirkte! Die Sabäerin schlug der Ägypterin vor, Umhang und Diadem abzulegen. Doch die weigerte sich knapp. Balkis setzte sich zu Füßen eines Baums, Nagsara blieb stehen.

«Kehre nach Hause zurück», forderte sie. «Deine Anwesenheit richtet Schaden an.»

«Deine Stimme zittert», meinte Balkis. «Du bist erschöpft. Warum ruhst du dich nicht neben mir aus?»

«Weil ich dich verabscheue!»

«Das glaube ich nicht. Du leidest, du bist unglücklich. Und du weißt, daß ich nicht dafür verantwortlich bin.»

Kummer bemächtigte sich Nagsaras Seele. Sie hatte sich auf eine heftige Auseinandersetzung, einen so lebhaften Streit gefaßt gemacht, bei dem sie ihre ganze Kraft gebraucht hätte, um die Gegnerin zu vernichten. Sie hätten sich geschlagen, Nagsara hätte Balkis die Kehle zugedrückt und gedrückt, gedrückt… Doch die Königin von Saba empfing sie gütig wie eine Schwester und überhaupt nicht feindselig. Ihr Lächeln entwaffnete Nagsara, ihre Sanftheit bezauberte sie.

«Ich werde Salomo nicht heiraten», erklärte Balkis. «Er hat mich geliebt, ja, das ist wahr, aber wie eine seiner Nebenfrauen. Was kann dir diese flüchtige Leidenschaft ausmachen, dir, Israels Königin, die den Frieden zwischen Ägypten und deinem Land gewährleistet? Zeige dich deiner selbst würdig, Nagsara. Du spielst eine ungemein wichtige Rolle.»