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Die Kommentare einiger Hofdamen hatten Philippos auf die Idee gebracht, sich an diesem Nachmittag mit dem Nubier zu treffen. Angeblich verfügte er über ganz akzeptable Qualitäten als Dichter. Natürlich war sich der Grieche im klaren darüber, daß Batis die Damen wahrscheinlich vor allem auf anderem Gebiet beeindruckt hatte, denn die Geschichten über seine Liebesaffären bei Hof waren Legion. Selbst zu Samu sollte der Leibwächter angeblich einmal ein mehr als nur freundschaftliches Verhältnis unterhalten haben. Philippos konnte sich allerdings nicht vorstellen, daß an diesen Gerüchten auch nur ein Körnchen Wahrheit war. Die Isispriesterin war viel zu kalt und unnahbar, um sich auf so etwas wie eine Romanze einlassen zu können. Auch wenn sie, zugegebenermaßen, recht hübsch war ...

Philippos musterte den Nubier verstohlen. Schmunzelnd überlegte er, daß durch die zahlreichen Liebschaften des Kriegers das Wort Leibwächter eine völlig neue Bedeutung bekam.

»Du mußt mir mehr über sie erzählen, wenn ich dir helfen soll«, murmelte Batis nachdenklich. »Ich bekomme kein richtiges Bild von ihr. Vielleicht wäre es auch klug, wenn du nicht auf Daphne anspielst, aber das mußt du wissen.«

Philippos räusperte sich verlegen. Er sollte sich wieder auf den eigentlichen Grund ihres Treffens konzentrieren. Er hatte Batis gefragt, ob er ihm nicht helfen könne, ein Gedicht für Neaira zu verfassen. In den letzten beiden Tagen war er nicht dazu gekommen, sich davonzustehlen, um der Hetaire seine Aufwartung zu machen, und doch beherrschte die schöne Thrakerin jeden seiner Gedanken. Der Arzt hatte die Papyrusrolle aus dem Gemach von Buphagos gestohlen, um darauf seine Liebesschwüre niederzuschreiben, doch wollte es ihm einfach nicht gelingen, das, was er dachte, auch in Worte zu fassen.

»Weißt du, ihr Körper ist wie eine süße Frucht, Batis. Je mehr ich ihn genieße, desto mehr verlangt es mich auch nach ihm. Ihr zartes Haar, ihre süßen Lippen, ihre Haut so .«

Der Krieger klopfte sich ausgelassen auf die Schenkel. »Na, das hört sich doch schon ganz gut an. Warum schreibst du ihr das nicht?«

Philippos seufzte. »Das geht nicht. Es ist ohne Anmut! Meinen Gedanken fehlt die Form. Ich muß sie in ein Versmaß bringen. Hast du denn nie die Dichter Alexandriens gelesen? Gerade die Poeten der Königsstadt sind berühmt dafür, ihren Versen ein wunderbares Gleichmaß zu geben, ohne daß dadurch der anmutige Fluß der Worte gehemmt würde.«

»Das ist doch Unsinn! Wie kannst du deiner Liebe solche Fesseln auflegen? Deine Worte müssen auf direktem Wege in ihr Herz gelangen. So betört man eine Frau! Du machst es dir zu schwer. Finde Bilder, die ihr schmeicheln! Vergleiche ihre Brüste mit Äpfeln, nenne ihren Mund eine Rose, besinge den Liebesquell, der zwischen ihren Schenkeln liegt, und sprich von den tausend Wonnen, die du in ihren Armen erlebt hast. Das gefällt jeder Frau.«

Philippos schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob das der rechte Weg ist. Ich meine . Diese Worte sind doch schon tausendmal gesagt. Ich möchte ihr etwas Neues schenken. Etwas, worin sie sich wiedererkennt und das sich nicht nach billiger Tavernenlyrik anhört. Verstehst du das?«

Batis kratzte sich am Kopf und gähnte gelangweilt. »Etwas Neues soll es also sein! Was hältst du von der Form des lyrischen Zwiegespräches? Erst schreibst du, was du deiner Angebeteten gerne sagen möchtest, und dann bringst du auch noch die Antwort, die dir dazu am liebsten wäre, in Versform. Das ist eine Methode, mit der ich schon große Erfolge hatte. Vor allen Dingen bei jenen verwöhnten und gebildeten Frauen, die sich für etwas Besseres halten.«

»Neaira ist nicht so! Ihr Geist ist nicht weniger schön als ihr Körper, und es fehlt ihr jede Eitelkeit. Überhaupt begreife ich nicht, was das für Gedichte sein sollen. Kannst du mir vielleicht ein Beispiel geben.« »Nichts leichter als das!« Batis sprang auf und warf sich in Pose, so als sei er ein Schauspieler in einer Komödie.

»Mit hohem Hals und strahlender Brust Hat sie echtes Lapislazuli zum Haar.

Ihre Arme übertreffen das Gold, ihre Finger sind wie Lotoskelche.«

Der Nubier schmunzelte. »Das war noch harmlos. Jetzt paß einmal auf, wie die Antwort der Frau lautet. Ich hoffe, du bist nicht prüde, mein Freund.«

»Willst du mich verschaukeln? Ich habe schon Frauen geliebt, als du noch an der Brust deiner Mutter gelegen hast. Ich und prüde . So ein Unsinn!«

»Na, dann ist es ja gut.« Batis grinste breit.

»Mögest du meine Höhle erreichen, ehe deine Hand viermal geküßt werden kann.

Du suchst die Liebe der Geliebten, denn die Goldene befiehlt es dir, mein Freund.«

Philippos war nicht sicher, ob das die Art von Lyrik war, die Neaira gefallen würde. Natürlich, sie war eine Hetaire, und ihre Liebe war käuflich, doch würde sie sich gerade deshalb nicht viel eher nach sanften Liebesschwüren sehnen als nach solch derben Worten, die keinen Zweifel am Ansinnen des Dichters ließen.

»Was schaust du so, als hätte ich dir einen faulen Fisch serviert? Liegt in diesen Versen nicht eine Sinnlichkeit, die einem das Blut aufwallen läßt, so wie die streichelnde Hand einer kundigen Liebesdienerin?«

»Gewiß«, versicherte Philippos schnell, denn er wollte den Krieger auf keinen Fall verärgern. »Auf mich verfehlen deine Worte ihre Wirkung nicht. Allein, ich weiß nicht, ob ich damit den richtigen Ton für meine Liebste treffen würde.«

»Warum? Sie ist doch eine Hetaire. Sie wird schon keine roten Wangen bekommen, wenn du ihr gegenüber eine deutliche Sprache sprichst.«

»Du hast sicher recht, Batis. Doch gerade weil sie so derbe Worte jeden Tag zu hören bekommt, möchte ich nicht diese Form wählen, um von meiner Liebe zu sprechen. Es sollte romantischer klingen. Ich möchte nicht das Blut in ihrer Kteis pochen lassen, sondern ihr Herz berühren.«

»Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, eine Hetaire könnte sich verlieben? Du bist ein kluger Mann, und jeder bei Hof sagt, daß du ein großer Arzt bist. Eine Hure kann nicht mehr von Herzen lieben. Nach ihrer Unschuld ist dies das erste, was sie in ihrem Gewerbe aufgibt. Sie liebt deinen Geldbeutel, vielleicht hofft sie auch, durch dich zu Macht und Ansehen zu kommen. Wenn du Glück hast, versteht sie ihre Kunst so gut, daß du es nicht merkst, daß sie dich ohne ihr Herz liebt, wenn du in ihren Armen liegst, doch täusche dich nicht. Einer Hure ist Liebe so fremd wie dir die Berge meiner Heimat.«

»Das ist dein Standpunkt«, entgegnete Philippos schmollend. »Erlaube, daß ich anderer Meinung bin.« Er hätte den Nubier nicht um Rat fragen sollen. Was verstand ein Barbar schon von der Liebe! Es war töricht gewesen, zu glauben, daß er die Frauen auch auf andere Weise als nur durch seinen ansehnlichen Körper zu beeindrucken verstand.

»Dich hat es ja schlimmer erwischt, als ich gedacht hätte.« Batis verpaßte ihm einen freundschaftlichen Knuff.

»Ich habe da noch ein paar Verse, die dir vielleicht besser gefallen werden.

Deines Gesichtes Schönheit glänzt und leuchtet.

Du bist vollkommen.

Von deinem Anblick wird man trunken wie von edlem Wein.

Mit schweren Lenden und schmalen Hüften, du, deren Schenkel um ihre Schönheit streitet, edlen Ganges; wenn du auf die Erde trittst, raubst du mein Herz mit deinem Gruß.

Das klingt romantischer, nicht wahr? Und trotzdem ist es sinnlich. Du liebst doch ihre Schenkel, oder? Sprich davon! Sie wäre sicher enttäuscht, wenn du ihr nicht auch sagen würdest, wie sehr du dich an ihr zu berauschen vermagst.«