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Hastig entledigte Samu sich ihres Kleides und kroch dann wieder unter die weiche Leinendecke auf ihrem Lager. Ihr Herz klopfte wie rasend. Sie war jetzt hellwach.

Sie mußte aus diesem Haus verschwinden. Wenn sie morgen noch lebte, dann würde sie die erste sich bietende Gelegenheit nutzen, von hier zu fliehen.

»Du mußt verstehen, daß wir dir nicht trauen konnten«, erklärte der feiste Kaufmann, der das Duell beendet hatte, aufdringlich lächelnd. »Mit deinen vielseitigen Talenten bist du der ungewöhnlichste Söldner, dem ich jemals begegnet bin.«

Er tauschte einen kurzen Blick mit dem Ägypter. »Doch kommen wir zum Wesentlichen . Du sagst, du hättest in vielen Schlachten gegen die Römer gefochten und gelernt, ihre Art zu kämpfen zu übernehmen.«

Philippos nickte. Man hatte den Griechen nach dem Duell in ein Gemach im Inneren des Palastes geführt. Dort war er allein mit Hophra und jenem dicken, jungen Mann, der der Anführer in diesem Komplott zu sein schien. »Nun ... Ich bin kein Feldherr. Von Strategie habe ich keine Ahnung, doch ich weiß, wie sich der einfache Legionär auf dem Schlachtfeld verhält.«

»Das genügt. Du hast ja soeben unter Beweis gestellt, daß du durchaus zu kämpfen verstehst, Grieche. Nach all den Fragen, durch die du in den letzten Tagen aufgefallen bist, ist dir sicher bewußt, daß unser Verhältnis zu den römischen Eroberern alles andere als gut ist. Wir haben beschlossen, unsere Stadt von ihnen zu befreien, und wir brauchen dazu Männer wie dich.«

»Ihr wollt was?« Philippos starrte den dicken Jüngling fassungslos staunend an. »Ihr wollt mich als Söldner für einen Aufstand gegen die Römer anwerben?« Er schluckte. Es wäre wohl besser, wenn er sich nicht allzu deutlich anmerken ließ, für wie verrückt er diese Idee hielt. Zeus allein mochte wissen, was ihm die beiden antäten, wenn sie Zweifel an seiner Treue bekämen.

»Wir wollen dich nicht allein als Söldner, Philippos. Du sollst unsere Männer ausbilden. Fischer, Färber und Lastenträger. Du mußt wissen, sie sind stark und mutig, doch keiner von ihnen hat je mit dem Schwert in der Hand gekämpft. Es fehlt ihnen an Disziplin . Den Tag über wirst du weiterhin in der Färberei Iubals arbeiten, doch hüte dich, dort über unser Geheimnis zu sprechen. Meine Freunde und ich sind zu der Überzeugung gekommen, daß es besser ist, ihn nicht in unser Vertrauen zu ziehen. Er macht viele Geschäfte mit den Römern, und sein Gast, der Priesterfürst Archelaos, hat sein Fürstentum durch die Römer verliehen bekommen. Traust du es dir zu, zwanzig Männer im Schwertkampf auszubilden? Du wirst nur mit Lochagen zusammenarbeiten, die deine Lehren ihrerseits an ihre Männer weitergeben werden.«

Philippos strich sich nachdenklich über den Bart. »Es braucht seine Zeit, um aus einem Fischer einen passablen Kämpfer zu machen. Hophra wird Euch bestätigen können, daß man das Geschäft des Krieges nicht über Nacht erlernt. Was ich allerdings zu tun vermag, ist, sie die Art zu lehren, wie Legionäre töten. Die römischen Soldaten führen meist, durch ihren Schild gedeckt, einen Stich gegen den ungeschützten Bauch ihres Gegners. Durch eine solche Wunde wird ein Soldat sofort kampfunfähig, doch oft liegt er noch Stunden röchelnd und jammernd auf dem Schlachtfeld und demoralisiert seine kämpfenden Kameraden. Wenn Ihr Eure Männer mit Schilden ausrüstet, dann werden sie sich wesentlich besser gegen die Römer halten können, Strategos.« Philippos hatte den Kaufmann mit dem griechischen Titel für einen Feldherren angesprochen, um zu sehen, ob er für Schmeicheleien anfällig war.

Sein Gegenüber lächelte kurz. Offenbar gefiel er sich in der Rolle eines großen Befehlshabers.

»Bislang sind wir bestens mit Schwertern versehen. Wir besitzen fünfhundert Klingen. Schilde und Rüstungen haben wir allerdings kaum.«

»Und wie steht es mit Bogenschützen, Schleuderern und Speerwerfern? Ihr braucht Truppen, um die Römer zu schwächen, bevor es zum Nahkampf kommt. Nicht, daß ich Euch beunruhigen wollte, Strategos, doch ich halte die römischen Fußsoldaten für die besten Kämpfer der Welt. Im Kampf Mann gegen Mann sind sie fast unbesiegbar.«

»Das haben wir bereits bedacht, Grieche. Hophra bildet unsere Bogenschützen aus. Er ist der beste Schütze, den ich jemals gesehen habe. Er vermag auf fünfzig Schritt einen Shekel zu treffen, den du zwischen Daumen und Zeigefinger hältst. Ihm wird eine ganz besondere Aufgabe zufallen.« Die beiden Männer tauschten wieder Blicke und lächelten verschwörerisch.

»Dürfen wir dich nun zu den Unseren zählen, Philippos?«

»Bei Zeus, ja! Ich bin immer dabei, wenn es darum geht, die Römer in ihre Schranken zu verweisen. Doch ich hoffe, Ihr habt Verbündete, denn eins ist gewiß, wenn Tyros sich seiner römischen Besatzung entledigt, werden keine zwei Monate vergehen, bis der Proconsul Gabinius mit einem riesigen Belagerungsheer vor den Toren der Stadt stehen wird. Dann brauchen wir Bundesgenossen, oder unsere Sache ist dem Untergang geweiht. Noch nie hat eine Stadt einer römischen Belagerung widerstehen können.«

»Mach dir darum keine Sorgen, Philippos. Wenn sich Tyros erhebt, werden binnen weniger Tage ganz Syrien und Judäa gegen die Römer aufbegehren. Wir haben beste Verbindungen zu den judäischen Rebellen um Aristobul und auch Beziehungen, die noch wesentlich weiter gehen. Wenn Melkart unserer Sache gnädig ist, dann wird es in Jahresfrist von Pergamon bis Karthago keinen römischen Soldaten mehr geben. So wie der Herbststurm die Blätter aus dem Hof treibt, werden wir die römischen Legionen aus den Provinzen hinwegfegen. Du, Philippos, sollst den Rang eines Syntagmatarchen haben. Wenn du dich als treu erweist, dann wirst du am Ende vielleicht gar Kommandant einer Stadt oder einer Provinz sein. Doch nun genug! Hophra wird dich auf den Hof zurückbringen, auf dem du gekämpft hast. Dort erwarten dich zwanzig Lochagen, denen du eine Lektion im Schwertkampf erteilen sollst.«

Philippos verbeugte sich unterwürfig und folgte dem Söldner. Bei sich aber dachte er, daß der Kaufmann völlig verrückt sein mußte. Sich gegen die Römer zu erheben, war Wahnsinn. Niemals hatte es eine Provinz geschafft, das römische Joch wieder abzuschütteln. Nicht einmal dann, wenn sie Tausende erfahrener Soldaten statt nur ein paar jämmerlicher Fischer gegen die Legionen aufzubieten vermochte. 

17. KAPITEL

Den Tag über hatte Samu es geschafft, sich nichts anmerken zu lassen. Am Morgen waren ihre Sklavinnen in ihr Gemach gekommen und hatten sie schminken und ankleiden wollen, doch mürrisch hatte sie die jungen Frauen wieder vertrieben. Als ihr wenig später Elagabal seine Aufwartung machte, schützte sie vor, vom Unfall und dem Schrecken des vorangegangenen Tages noch völlig ermattet zu sein. Der Kaufmann heuchelte Besorgnis, doch meinte die Priesterin, seinen Worten eine gewisse Erleichterung darüber herauszuhören, daß sie sich nicht in der Lage fühlte, das Haus zu verlassen. So verabschiedete er sich schließlich und ließ Samu auf ihrem Krankenlager zurück. 

In der Nacht hatte die Priesterin keinen Schlaf mehr finden können. Ihre Angst hatte sich als stärker erwiesen als die Kraft des Schlafmittels, das man ihr verabreicht hatte. Kurz vor Morgengrauen hatte sie gehört, wie man von außen leise die Keile entfernte, mit denen ihre Tür verriegelt worden war.

Auch vernahm Samu die leisen Schritte der Sklavinnen, als diese in das Gemach vor ihrem Zimmer zurückkehrten. Den Frauen rechnete sie ihren Verrat nicht an. Sie hatten keine Wahl. Als Eigentum Elagabals waren sie dem Willen des Handelsherren ausgeliefert, auch wenn er sie formal Samu zum Geschenk gemacht hatte.