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Hinter ihr ertönte wieder das Plätschern von Wasser. Offenbar wurden gerade die Kamele getränkt.

»Na, bist du doch noch zu dir gekommen.« Ein dunkles Männergesicht tauchte über ihr auf. »Ich hatte schon befürchtet, der Söldner hätte dir den Schädel eingeschlagen.« Der Mann trug eine lange, bis über die Knie hinabreichende Tunica aus hellblauem Leinenstoff. Um den Kopf hatte er ein schmutzigweißes Leinentuch gebunden. Seine Haut war dunkel, fast schon schwarz. Freundlich lächelnd hielt er Samu einen Wasserschlauch entgegen. »Trink nicht zu viel auf einmal, sonst wird dir schlecht, und du hast nichts von der Sache.«

Samu streckte ihm die gefesselten Hände entgegen, doch er schüttelte nur den Kopf. »Trinken kannst du auch so.

Der Söldner hat mich vor dir gewarnt. Es ist eigentlich nicht meine Art, auf diese Weise mit Frauen umzugehen, noch dazu, wenn sie so hübsch sind wie du, doch ich habe mit deinem ägyptischen Freund ein Geschäft abgeschlossen, und da ich ein Ehrenmann bin, werde ich mich an jede der besprochenen Vereinbarungen halten. Der Ägypter hat eine Menge Gold für dich gezahlt.« Der Beduine lachte leise und schüttelte dabei den Kopf. »Du mußt eine eigenartige Frau sein. Ein Geschäft wie dieses habe ich noch nie abgeschlossen. Ja, nicht einmal gehört habe ich von so etwas!«

Samu schluckte. Was meinte dieser ungewaschene Beduine? Sie griff nach dem Wasserschlauch und setzte das aus Horn geschnitzte Mundstück an die Lippen. Das Wasser war angenehm kühl. Es war wohl gerade erst aus einem Brunnen geschöpft worden. Sie trank in kleinen Schlucken und hörte auf, bevor sie wirklich ihren Durst gestillt hatte. Stumm reichte Samu dem Beduinen den Schlauch zurück, doch der Mann schüttelte den Kopf. »Behalt das Wasser! Ich werde nicht jedesmal nach dir sehen können, wenn du Durst hast. Ich habe eine große Karawane zu führen und werde nur während der Mittagsrast und abends ein wenig Zeit für dich haben. Kannst du eigentlich reiten, Weib?«

»Nur schlecht. Es widerspricht der Würde einer Isispriesterin, auf dem Rücken irgendeines Tieres zu sitzen!«

Der Beduine lachte breit. »Du kannst auch gerne laufen, doch fürchte ich, daß dies deinen zarten Priesterinnenfü-ßen nicht wohl bekommen wird.«

Samu senkte den Blick und tat beschämt. Es wäre besser, mit dem Kerl nicht zu streiten. Zumindest noch nicht. Erst mußte sie erfahren, wo sie war und was für ein Schicksal ihr bestimmt sein sollte. »Soll ich als Sklavin verkauft werden?«

»O nein, meine Schöne!« Das Grinsen des Beduinen wurde noch breiter. »Ich habe schon Hunderte von Sklavinnen durch die Wüsten gebracht. Wäre dies deine Zukunft, dann hätte ich dein Schicksal nicht außergewöhnlich genannt.«

Samu spürte, wie sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog.

Was bei Isis hatte der Kerl mit ihr vor? Was für eine Schurkerei hatte Hophra ersonnen, um sie zu quälen?

Ein Mann mit mürrischem Gesicht erschien und hockte sich neben dem Karawanenführer in den Sand. »Wir haben die Lasten umverteilt. Die Kleine hat jetzt ein Kamel für sich allein, Haritat.«

»Du siehst, meine ägyptische Prinzessin, ich gebe mir alle Mühe, deine Reise so angenehm wie möglich zu gestalten.«

Samu hob ihre gefesselten Hände. »Wenn du mich hiervon befreien könntest, würde ich dir sicherlich zustimmen. Ich biete dir Gold dafür, wenn du mich laufen läßt. Was hältst du davon, Haritat?«

»Beim Barte Melkarts, das werde ich nicht tun! Der Söldner hat mich ausdrücklich davor gewarnt. Du sollst wie eine Viper sein. Ich werde dich mit mir nach Jerusalem nehmen. Dort darf ich dich freilassen. Ja, ich soll mich sogar darum kümmern, daß du mit einer Karawane nach Tyros zurückkehren kannst oder an jeden anderen Ort, zu dem zu reisen dir beliebt. Er hat mir genug Gold gegeben, um dir ein Pferd zu kaufen und einen Krieger anzumieten, der dich als Leibwächter begleiten wird.

Auch hat er mir erklärt, daß, wenn ich meine Aufgabe zu seiner Zufriedenheit ausführe, ich darauf rechnen darf, in Zukunft noch weitere gute Geschäfte mit dem Handelsherrn Elagabal zu machen. So viel Gold, wie ich daran verdienen kann, wenn ich meinen Dienst für den Ägypter glücklich ausführe, kannst du mir mit Sicherheit nicht bieten.«

Samu starrte den Beduinen ungläubig an. »Du sollst mich nur mit dir nehmen und wirst mich nach ein paar Tagen wieder laufen lassen?« Hatte sie sich in Hophra getäuscht? Warum hatte der Söldner sie nicht einfach umbringen lassen? Liebte er sie am Ende doch?

»Der Handel mit den Schätzen Ägyptens wird dich noch zu einem reichen Mann machen!« brummte der Kameltreiber, der sich neben dem Karawanenführer niedergelassen hat. »Wie es scheint, bist du ein Liebling der Götter, Haritat!«

»Du weißt, daß ich meinen Reichtum mit meinen Freunden teile .«

»Du reist oft nach Ägypten?« Die Worte des Beduinen hatten die Priesterin aufhorchen lassen. Sollte sie hier die Spur finden, nach der sie im Archiv Elagabals vergeblich gesucht hatte?

»Ich war erst einmal in Alexandria, meine Schöne. Eine prächtige Stadt. Ich habe dort allerlei Schätze eingehandelt. Es war keine schöne Aufgabe. Ich mußte mir eigens Söldner anmieten, weil zu befürchten war, daß wir in der Wüste überfallen würden, wenn sich herumspricht, was für Kostbarkeiten meine Karawane transportiert.« Der Beduine grinste selbstzufrieden. »Du mußt wissen, ich bin ein geschätzter und zuverlässiger Mann. Der Phönizier, für den ich diese Waren transportiert habe, war zwar ein gottloser Verrückter, aber er war reich wie ein Pharao! Dieser Mann besitzt mehr als zwanzig Schiffe und läßt die Waren mit einer Karawane auf dem Landweg von Alexandria nach Tyros bringen! Ist das nicht verrückt? Zur See hätte es weniger als die halbe Zeit gedauert, und es hätte ihn nichts gekostet, denn die Schiffe gehören ihm ja!«

»Manchen Männern verwirrt der Reichtum den Verstand.« Samu nickte Haritat freundlich zu. »Ich kenne selbst einen dieser Verrückten. Er ist noch blutjung. War Elagabal dein Geschäftspartner? Hast du auf diese Weise Hophra kennengelernt? Diese Posse hört sich ganz nach seinem Herren an.«

Haritat zwinkerte ihr mit den Augen zu. »Halte mich nicht für dumm, meine Prinzessin. Ich werde dir keine Namen verraten. Wer mich so gut bezahlt wie dieser Phönizier, der kann auf meine Verschwiegenheit rechnen.« Der Beduine erhob sich und gab seinem Gefährten ein Zeichen, ihm zu folgen.

Philippos schabte nervös mit dem Fuß über den gepflasterten Boden. Plötzlich war er nicht mehr sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wie konnte er glauben, daß Chelbes besser war als all die anderen? Nur weil er ein guter Heilkundiger war? Es gab sonst niemanden, den er ins Vertrauen ziehen konnte. Der Hohepriester hatte ihm das Angebot gemacht, zu ihm zu kommen, wenn er Hilfe brauchte .

Chelbes trat durch das Eingangsportal des Heiligtums auf den Hof und nickte ihm freundlich zu. Philippos fluchte leise.

Jetzt war es zu spät, um noch zu gehen. Er könnte allenfalls irgendwelche Ausflüchte erfinden.

»Du siehst aus, als hättest du Sorgen, Bruder.«

Der Grieche schaute sich nervös um. Der Mann, der ihm schon den ganzen Morgen über folgte, war vor einem kleinen Schrein an der Rückseite des Hofes niedergekniet, und es schien, als bete er. »Gibt es einen Ort, an dem wir ungestört reden können? Es ist besser, wenn es für unser Gespräch keine Zeugen gibt, Herr.«

Chelbes runzelte die Stirn. »Ist es so schlimm? Wirst du verfolgt? Hier im Tempel wird niemand es wagen, dir etwas zuleide zu tun.«

»Ich würde nicht darauf dringen, wenn ich keinen guten Grund dazu hätte«, knurrte Philippos gereizt. »Mit dem, was ich Euch zu sagen habe, Herr, lege ich mein Leben in Eure Hand. Laßt mich dies wenigstens an einem Ort tun, der mir dafür geschaffen erscheint.«

»Wenn du mich wieder wie deinesgleichen ansprichst und die förmlichen Floskeln aufgibst, dann werde auch ich mich deinen Wünschen fügen.«