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Judith nickte.

»Dann vermischt dies zu gleichen Teilen mit dem Saft von chinesischen Orangen und verabreicht es ebenfalls. Dazu Gerstensaft in reichlichen Mengen. Heiße Ziegelsteine zu Füßen. Dies alles müßte helfen. Sollte Eure Herrin nachher geschwächt sein, heiße Tücher auf den Magen und« - halt, Morphium gab es wohl noch nicht! -»ist Opiumtinktur vorhanden?« Sie nickte.

»Eine starke Dosis Opiumtinktur in Wasser, um sie für ein paar Stunden einzuschläfern. Am Spätnachmittag wird sie dann ein neuer Mensch sein. Nun sputet Euch! Stellt alles, was sofort vonnöten ist, auf ein Tablett. Dann erscheint wieder hier und klopft an die Tür.«

Judith nickte und wandte sich zum Gehen. »Halt! Einen Augenblick noch!«

»Zu dienen, gnädiger Herr.«

»Ich halte Euch für ehrlich und treu. Eine schuldige Frau hätte es nicht gewagt, so zu sprechen wie Ihr. Warum aber mag Eure Herrin Euch nicht? Weshalb rennt sie davon und sperrt Euch aus, wenn sie krank ist?«

Hinter der Maske ihres starren Gesichts regte sich unerwartet eine schwache Empfindung. Judith Pamphlin berührte ihre Wange. »Weil ich abstoßend bin, obwohl mich Gott der Herr so geschaffen hat. Weil ich ihr helfen möchte und sie sehr wohl weiß, daß ich Euch hasse. Weil ich ihr wie in ihrer Kindheit den Willen Gottes kundtun möchte .«

»Noch einmal, Frauenzimmer: hört auf mit diesem Puritanergewäsch!«

»Ich kenne den Willen des Herrn!«

»Paßt gut auf: Sagt nur ein einziges Wort von Eurem Unsinn zu meiner Frau, und es ist um Euch geschehen. Ich werde Euch nicht peitschen lassen; denn Ihr fürchtet die Katze nicht.« Er kannte sie, und sie spürte das; sie wich seinem Blick aus. »Nein, ich werde Euch auf die Straße setzen, und sie wird dann sterben.«

»In mancher Beziehung«, sagte Judith Pamphlin, die wieder einmal geschlagen war, »seid Ihr nicht übel.« Mit seltsam krächzender Stimme, die einigen Respekt verriet, fügte sie hinzu: »Gnädiger Herr.« Dann marschierte sie kerzengerade auf eine kleine Treppe zu, die unter der Haupttreppe nach unten führte. Lange stand Fenton regungslos da und blickte durch die Haustür auf die Reihe der Linden.

Gefahren, die Lydia bedrohten, machten ihn nicht zornig, sondern nur erbarmungslos. Obgleich er gegen die Geschichte und den Teufel zugleich ankämpfte, schwor er sich, daß sie nicht sterben sollte. Wer also war dieser Unheilstifter?

Trotz Judiths Aussage war Kitty Softcover die Hauptverdachtsperson. Ohne jeden Zweifel war Kitty Sir Nicks neueste Eroberung. Fenton hatte aber nicht das geringste für sie übrig. Trotz aller ihrer körperlichen Reize, ihrer großen, schmachtenden Augen und ihres prachtvollen Haares spürte er, daß Kitty so kalt wie ein Fisch und so diebisch wie eine Elster war.

Man brauchte Kitty zum Beispiel nur mit Meg York zu vergleichen. Was für ein Unterschied zwischen diesem rothaarigen Dummkopf und der klugen, attraktiven Meg! -Nanu, warum zog er solche Vergleiche?

Allerdings hatte er zuerst Meg in Verdacht gehabt. Aber diesen Eindruck hatte er allein aus der Lektüre, des Berichts von Giles Collins gewonnen. Jetzt, wo er die meisten dieser Personen gesehen und sich ein Urteil über sie gebildet hatte, war er, was Meg betraf, zu einem anderen Schluß gelangt.

Natürlich war Meg durchaus imstande, einen Mord zu begehen. Doch sie würde nur in einer plötzlichen Aufwallung töten - rasch, ehe der Zorn verflogen war. Sie würde entweder genug Arsenik verwenden, um zehn Personen umzubringen, oder überhaupt keines. Und darin war sie genau wie Sir Nick. Doch irgend jemand .

Fenton zögerte. Es gab eine Möglichkeit, den Täter herauszufinden. Er konnte ein gewisses Experiment machen. Immer noch entschlossen, gegen die Geschichte und den Teufel anzugehen, schob er seine Perücke zurecht und kehrte ins Studierzimmer zurück.

Alle standen noch an derselben Stelle. Nur die Flammen der Wachslichter flackerten unruhig hin und her in dem Luftzug der sich schließenden Tür.

»Es hat den Anschein«, sagte Fenton, »als ob Mistreß Pamphlin vom Verdacht gereinigt sei. Es bleiben also nur noch drei übrig.« Nan Curtis, die allzu korpulente Küchenmagd, legte die Hände an ihr Häubchen, als wäre sie von Zahnschmerzen geplagt, und dicke Tränen rollten ihr über die Wangen.

»Oh, wir Unglücksraben!« rief sie, so daß Fenton unwillkürlich Mitleid mit ihr empfand. »Es ist um uns geschehen, Tom! Tom, es ist aus mit uns!«

»Nein!« brummte Tom in tiefem Baß und redete weiter in einem so unverständlichen Dialekt, daß Fenton Giles' Dienste als Übersetzer in Anspruch nehmen mußte.

»Nun, Sir«, sagte Giles lächelnd und rasselte mit der Peitsche, »er ist voller Bewunderung für Euch, und seiner Rede Sinn ist: >Ihm oder den Seinen ein Leids antun? Ihm, dem besten Degenfechter in ganz England?<« Fenton war betroffen. Es wird mir immer klarer, dachte er, daß ich für meine Säbelfechterei bekannt bin. Wenn sie nur die jämmerliche Wahrheit wüßten!

»Danke, Tom«, sagte er höflich. »Ich wollte, es wäre so.« Während dieser ganzen Zeit beobachtete ihn Kitty ungezwungen und schien ein wenig verwundert, als sähe sie einen ganz anderen Mann vor sich.

»Ach, bitte, Sir«, flehte sie mit schmeichelnden Blicken und lächelndem Mund, »Mistreß Pamphlin, sagt Ihr, ist vom Verdacht befreit. Nun! Bin ich es nicht auch? Ei, habt Ihr nicht gehört, wie sie sagte, ich hätte kein Gift hineingetan?« Ihre Stimme sank zu einem intimen Geflüster herab, als sie im Rotwelsch sagte: »Gebt uns einen Wink, reicher Geck.« Dann mit lauter Stimme: »Bin ich nicht auch vom Verdacht befreit?« Fenton maß sie kühl von Kopf zu Fuß.

»Das, mein gutes Mädchen, hängt von Judiths Sehstärke und deiner eigenen Kühnheit ab. Immerhin! Nehmen wir der Einfachheit halber an, daß ihr alle unschuldig seid. Aus dem Wege, Mädchen!«

Kitty knirschte mit den Zähnen. Ohne weiter auf sie zu achten, trat Fenton an den polierten Schreibtisch am Fenster. So viele Jahre hindurch hatte er Giles' Manuskript studiert, daß er es auswendig wußte. Im Geist sah er die verschnörkelten Buchstaben des Manuskripts vor sich:

».Montag, den 9. Mai. Wie ich mich entsinne, entdeckte Sir Nicholas im Schreibtisch seines Studierzimmers ein Papier-Päckchen. Es stand darauf geschrieben in geübter Hand: >Arsenik, Tödliches Gift.< Darunter befand sich ein Zeichen oder Dessin in blauer Tinte. Sir Nicholas, der drob baß erstaunt war, beorderte mich in seine Gegenwart und fragte: >Wie kommt dies hierher?< Ich antwortete, ich weiß es nicht. Wie aber, so sagte er, deutest du dies Zeichen hier? Nun, Sir, sprach ich, es bedarf keines Zweifels, dies ist das Straßenschild, das über der Thüre eines Apothekers hängt.«

Fenton verscheuchte die Erinnerung an das Manuskript und blickte auf den Schreibtisch hinab. Er hatte nur eine Schublade unter der flachen Platte. Irgend jemand hatte ein »Papierpäckchen« hineingelegt. Fenton zog die quietschende Schublade auf. Ja, es war noch vorhanden. Dickes, weißliches Papier, ein wenig zerknittert, etwa acht Zentimeter breit, der Länge nach gefaltet und an beiden Enden umgebogen. Auch ziemlich schwer. Er berührte es und stellte fest, daß es sich doch um ein Pulver handelte. Er wandte sich um und öffnete das Päckchen behutsam. »Hier ist Arsenik«, sagte er. »Das Gift, das benutzt wurde. Wem von euch kommt es bekannt vor?«

Big Tom schüttelte knurrend den Kopf. Nan Curtis begann nach einem raschen Blick voll unersättlicher Neugierde wieder zu schluchzen. Kitty, die sich in den Schatten des hohen Schrankes zurückgezogen hatte, murmelte ein paar Worte mit so leiser Stimme, daß Fenton sie beinahe nicht gehört hätte. »Sei vorsichtig, reicher Geck!« flüsterte sie im Rotwelsch. »Du schwätzest viel zuviel!«

»Nun sag mir eines«, wandte sich Fenton an Nan Curtis, »werden diese Zutaten für die Sektmolke von Mylady einem allgemeinen Hausvorrat entnommen, oder werden sie getrennt aufbewahrt?«