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»An seinem Hut«, bemerkte George, »trägt er ein grünes Band.« Mit kräftigem Arm schob Sir Nick den Apotheker beiseite, trat ans Fenster und blickte auf die Stelle, die George angab. »Der Green-Ribbon-Klub«, sagte er. »Mylord Shaftesbury. Seine Gnaden, der Herzog von Bucks .«

Und mit splitterndem Krachen zerbrach er den Stock, daß es klang, als sei ein Deckenbalken geborsten.

Auf seinem vor Zorn geschwollenen Gesicht lag etwas wie religiöse Ekstase. Wenn irgendeine unsichtbare Erscheinung versucht hatte, ihn zurückzuhalten, so war sie jetzt in alle Winde vertrieben. Doch sein Verhalten strahlte Ruhe und Energie aus. »George«, sagte er, »bleib du hier und verhalte dich ruhig. Ich werde Freund Langbein da oben am Bogen attackieren und ihn die Straße immer weiter hinunterlocken, bis ich beide Schurken zusammen bekämpfen kann. Eine solche Gelegenheit bietet sich so leicht nicht wieder.«

Aber das war zuviel für George, der gellend erwiderte: »Hierbleiben? Mich ruhig verhallen? Bei Gott, Nick Fenton, wofür hältst du mich? Hast du das Gefecht vergessen - es ist kaum acht Monate her -, als wir Rücken an Rücken standen und .«

»Ich - ich .«

»Donnerwetter! In deinen Augen bin ich wohl zu fett und langsam geworden, wie?«

»Nein, nein - ich würde dich nicht so beleidigen.« Plötzlich schnitt Sir Nick eine Grimasse, die er selbst für ein angenehmes Grinsen hielt. »Dann willst du mir also beistehen, alter Freund? Gut! Es sei drum! Aber weg mit den Rüschen, Mann! Stopf sie in den Ärmel. Recht so! Sonst verwickeln sie sich in das Stichblatt, und dann ist's um dich geschehen. Nimm dich in acht, daß der silberne Griff nicht in deiner Hand ausgleitet oder sich dreht. Bist du bereit?«

»Ja.«

Sir Nick zog mit der rechten Hand das Rapier ein wenig aus der Scheide, schüttelte es, um sich zu überzeugen, daß es locker war, und ließ es zurückgleiten. Dann rückte er sein Degengehenk etwas zurecht.

»Ich möchte mir aber Freund Langbein mit dem grünen Band vorknöpfen. Nimm du den anderen«, sagte er scharf. »Also los!« Sir Nick öffnete leise die Tür und ging mit langsamen, ruhigen Schritten hinaus.

George folgte ihm und wandte sich an den Butzenscheiben vorbei nach links.

»Oh, Herr!« stöhnte der Apotheker.

Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und tanzte vor Qual in dem kleinen Laden herum - eine groteske Figur in seiner langen schwarzen Robe und der schwarzen Kappe. Meister Wynnel war der ernsthafteste, ehrbarste Bürger in dieser Gasse und überhaupt in der ganzen Umgebung. Durfte er da hinauseilen, um einem ordinären Streit zuzuschauen? Obgleich er so viel über Sir Nicholas Fenton gehört hatte, war es ihm nie vergönnt gewesen, ihn bei einem Degengefecht zu beobachten. Und dabei hätte er fast sein Leben darum gegeben. Die menschliche Natur trug natürlich den Sieg davon. »Oh, Gott!« rief der Apotheker und schoß in gebückter Haltung aus dem Laden. Wenn er sich hinter die Pferdetränke vor dem Laden des Heuhändlers duckte, konnte er unbemerkt zu der Stelle hinübersehen, wo Sir Nick und Freund Langbein aneinandergeraten mußten.

Sir Nick ging inzwischen langsam auf den Torweg zu, und Freund Langbein, der immer noch lässig an der Wand lehnte und an einem Strohhalm kaute, machte eine plötzliche Bewegung. Der Mann war so geschmeidig wie ein Panther. Ein riesiger Seitensprung brachte ihn mitten vor den Torbogen, den er somit verbarrikadierte, und eine braune Staubwolke umhüllte seine Beine. Sir Nick blieb zwei Meter vor ihm stehen. Wenn er einen Blick nach rechts geworfen hätte, so hätte er die glitzernden Brillengläser und die schwarze Kappe des Apothekers gesehen, der hinter der Tränke verborgen war. Vom anderen Ende der Gasse bei dem mit Eisenspitzen versehenen Tor ertönte ein rasches Klirren von Degenklingen. Doch niemand blickte hin, niemand drehte sich um. Nun, ein Narr, dachte der wie Espenlaub zitternde Apotheker, ein Narr, der die große Spanne von Bullys langen Beinen in den enganliegenden Lumpen sähe, würde zwanzig Schilling gegen einen Penny wetten, daß Sir Nick den kürzeren zieht. Aber . Aus der Nähe betrachtet, hatte Freund Langbein ein langes, geflecktes Gesicht, das mit schwarzen Bartstoppeln bedeckt war und einen noch höhnischeren Ausdruck trug. Seine Augen unter dem zerfetzten Hut waren entzündet, aber scharf.

»Möchtet Ihr hier passieren, kleiner Hofschranze?« rief er laut.

»Ja«, entgegnete Sir Nick, »meinen Degen werde ich durch deine verfaulten Gedärme passieren lassen. Wer bist du überhaupt, du Gossengezücht?«

Freund Langbein spuckte den Strohhalm aus. Sir Nicks verächtliche Worte hatten ihn wie eine Ohrfeige getroffen.

»Führer der Raufbolde bin ich!«, rief er und schlug sich in verletztem Stolz mit der rechten Faust auf die Brust. »Ich kann ein rennendes Huhn am Hals aufspießen und bin hier«, setzte er höhnisch hinzu, »um mit Euch genauso zu verfahren, kleiner Mann.«

»Zieh!« fauchte Sir Nick. »Zieh, und dann wollen wir sehen, was passiert!«

Beide Klingen flitzten im selben Augenblick aus der Scheide. Ein dünner Sonnenstrahl ließ sie kurz aufleuchten. Langbein machte einen kleinen Hopser nach links und einen nach rechts, als wollte er seinen Gegner umkreisen, um ihm von der Seite beizukommen. Aber auf dem eingeengten Platz wagte er das Risiko nicht.

Sir Nick hatte Paradestellung eingenommen: den Körper seitwärts zum Gegner, den rechten Fuß mit leicht gebeugtem Knie vorgestellt, den linken Fuß rechtwinklig zurück.

Aber wiederum schien er den Degen - obwohl dieser direkt auf Langbein gerichtet war - zu dicht an seinen Körper zu halten. »Nein, nein«, murmelte der Apotheker. »Nicht doch!« Langbein bemerkte es ebenfalls. Er nahm dieselbe Paradestellung ein. Aber die Klingen berührten sich nicht. Sir Nicks Degen blieb regungslos. Bully von Alsatia streckte mit schlangenartiger Bewegung seinen langen Arm vor, tastete mit der Spitze, tastete abermals, zog zurück und drängte sich allmählich näher heran . Dann auf einmal machte Bully mit der ganzen Länge seines Arms einen Terzausfall nach der rechten Brustseite seines Gegners. Es ertönte ein scharfes Klicken, als Sir Nick in horizontaler Bewegung seine Hand fünfzehn Zentimeter nach rechts riß und parierte. Trotz seiner Behendigkeit konnte Langbein nicht rasch genug den rechten Fuß wieder in Paradestellung bringen, bevor Sir Nick einen Quart-Halbstoß ausführte.

Die Spitze traf den Gegner ganz in der Nähe des Herzens, und es floß etwas Blut. Aber es war eine oberflächliche Wunde, die Langbeins Wut nur noch steigerte.

»Der Henker hole Euch!« schrie Langbein und machte ebenfalls einen Quartstoß nach der linken Brust seines Gegners. Sir Nicks Hand fegte über die eigene Brust hinweg nach links. Klick! Und der Stoß war abgewehrt, aber so dicht am Körper, daß die Klingen zischend aneinanderglitten.

Noch zweimal schossen die Klingen vor und klirrten zusammen, so daß Magister Wynnel eine Gänsehaut bekam. Dann wurde ihm ein erschreckender Anblick zuteil. Er sah einen besonderen Ausfall, einen Geheimtrick, der in der damaligen Zeit noch nicht allgemein bekannt war.

Wenn man nämlich den im rechten Winkel stehenden linken Fuß dicht an den rechten heranzieht, wie Sir Nick es jetzt tat, kann man beim Vorwärtsgehen einen unglaublich langen Ausfall mit dem Bein machen. Arm und Degen bilden eine gerade Linie und haben eine bedeutend längere Reichweite.

Wie eine zubeißende Schlange schoß Sir Nick Fenton vor und machte einen vollen Ausfall, die Degenspitze direkt auf den Bauch seines Gegners gerichtet.

»Ha!« rief der Apotheker und machte eine so heftige Kopfbewegung, daß seine Brille in das Wasser der Pferdetränke fiel. Nur Langbeins Geschmeidigkeit rettete ihm das Leben. Er machte einen gewaltigen Luftsprung nach hinten und landete volle zwei Meter weiter im Tunnel.

Langsam und unerbittlich folgte ihm Sir Nick, um zu töten oder getötet zu werden.

Bully war taumelnd, aber immer noch kampfeswütig neben der doppelten Reihe roter Feuereimer gelandet. Er ging noch weiter zurück, blieb aber stehen, als er Sir Nick mit geblähten Nüstern und fletschenden Zähnen im grauen Licht des Torbogens auf sich zukommen sah.