»Sie hat ihre Probezeit längst hinter sich«, versicherte der Teufel. »Im allgemeinen ist sie ein gefügiges Mädchen und eine bewundernswerte Dienerin. Aus irgendeinem Grunde, der sich - verzeiht mir -, selbst meiner Kenntnis entzieht, hat sich ihre Zuneigung stets auf Euch konzentriert. Und als sie in ihrer reizendsten Art darum bettelte, mit Euch in die Vergangenheit reisen zu dürfen - konnte da mein gütiges Herz ihr diese Bitte abschlagen?«
»Dann besteht also keine Möglichkeit für sie, ihre Seele.?«
»Keine.«
»Wenn jedoch .«
»Wollt Ihr meinen Haushalt beleidigen, Sir? Das Mädchen fühlt sich ganz glücklich.«
Und dann nahm die Stimme des Teufels einen sehr mokanten Ton an.
»Aber nun zu Eurem eigenen Anerbieten, Professor! Es war sehr großmütig von Euch. Ja, sogar übertrieben idealistisch, wie Ihr es dummerweise so oft seid. Aber mir Eure eigene Seele anzubieten? Nun, warum sollte ich etwas in Tausch nehmen, was ich schon besitze?«
Die Gedanken, die Fenton durch den Kopf schossen, schienen fast hörbar zu sein.
»Jetzt«, flüsterten sie, »jetzt ist es an der Zeit. Versetz ihm einen Schlag!«
Und Fenton sprach klar und deutlich. »Oh, nein, da seid Ihr im Irrtum«, sagte er. »Wie, bitte?«
»Ihr besitzt meine Seele nicht. Habt sie nie besessen und werdet sie durch Gottes Gnade nie besitzen.«
Das Feuer puffte und knisterte. Fenton machte sich auf einen Wutausbruch gefaßt, auf eine jener entsetzlichen Wogen, in denen der grausame kleine Junge die Oberhand über den liebenswürdigen Philosophen hatte. Aber das tiefe Schweigen, das nun folgte, war weitaus drohender. »Und Euer - hm - Beweis für diese Behauptung, Professor Fenton?«
»Liegt in Eurer eigenen Lehre.«
»Das müßt Ihr wohl etwas genauer erklären.«
»Mit Vergnügen. Sir Nicholas Fenton wurde am 25. Dezember geboren. Und ich ebenfalls, wenn es Eurer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte. Der 25. Dezember ist weit und breit als Weihnachtstag bekannt.« Fenton beugte sich vor.
»Bei meinen Studien«, fuhr er fort, »habe ich entdeckt, daß eine am Weihnachtstag geborene Person ihre Seele dem Teufel nicht verkaufen kann; sie kann sie höchstens durch eine freiwillige Gabe verlieren, oder wenn sie an Euren Firlefanz glaubt. Und das trifft nicht auf mich zu. Jeder Pakt, den ich mit Euch schließe, ist von vornherein null und nichtig. Wollt Ihr dies abstreiten?«
»Ihr habt Gunstbezeigungen von mir angenommen. Dafür müßt Ihr zahlen.«
»Genehmigt. Den Vorschriften gemäß muß ich Euch als Anerkennung an jedem 25. Dezember ein Weihnachtsgeschenk machen. Sobald die Zeit gekommen ist, wird es mir ein Vergnügen sein, Euch eine silberne Röstgabel oder eine illustrierte Bibel zu präsentieren. Sagt mal, war Euch dies alles nicht bekannt?«
»Oh, ja, ich wußte es schon, überlegte mir aber, ob Ihr es auch wußtet.«
»Das habt Ihr Euch überlegt?« fragte Fenton erstaunt. »Wißt Ihr denn nicht alles, wie allgemein angenommen wird?«
»Oh, ja, ich weiß alle Dinge, wie Ihr in Kürze zu Eurem Kummer und Schmerz entdecken werdet. Aber wenn ich mit einer törichten, idealistischen Seele wie Euch zu tun habe«, stieß er beinahe fauchend hervor, »sind selbst mir die Augen manchmal vorübergehend verbunden .«
»Von Einem, der weit größer ist als Ihr?«
»Nicht größer«, erwiderte der Besucher mit seidiger Stimme. »Solche Reden sind gefährlich, Professor Fenton. Ich rate Euch davon ab.«
»Gebt Ihr zu, daß Ihr geschlagen seid?«
»Oh, ich kann Eure Seele nicht für mich beanspruchen. Ihr müßt von meinem Widersacher gerichtet werden. Und Er, wie ich höre, ist nicht sehr nachsichtig in diesen Dingen. Aber Ihr habt mich hintergangen, Professor Fenton. Das ärgert mich maßlos. Betrug kann ich nicht ausstehen! Warum habt Ihr mich beschwindelt?« Abermals beugte sich Fenton vor und umklammerte die Armlehnen.
»Weil Ihr selbst der größte Schwindler aller Zeiten seid«, entgegnete er. »Ich war entschlossen, Euch zu besiegen.« Fenton sprach jetzt mit sehr lauter Stimme. »Und warum habe ich Euch besiegt? Weil Ihr, wie alles Böse, dumm und töricht seid!« Nun kam der erwartete Wutausbruch.
Die lautlosen, furchtbaren Zorneswogen stürmten mit aller Gewalt auf Fenton ein. Er spürte darin den kleinen Jungen, der vor Wut eine Blechtrommel zertrampelt, und gleichzeitig die Gegenwart Seiner Majestät des Teufels. Er murmelte gewisse Gebete und sah geradeswegs auf eine Stelle, wo er die Augen der Erscheinung vermutete.
Dann blickte er zu Meg hinüber und war entsetzt. Sie saß aufrecht, den Rücken halb abgewandt, die Knie unter das Neglige gezogen. Das Feuer brannte mittlerweile wieder hell, so daß er ihre Züge erkennen konnte. Ihr Gesicht hatte denselben Ausdruck, den er am ersten Abend seines neuen Lebens gesehen hatte: verschlagen, mokant, in sich gekehrt und im wesentlichen bösartig. Man darf den Teufel nicht dumm nennen; das kann er nicht leiden. Die Wogen brandeten um Fenton; doch er nahm keinen Schaden. Bald legten sie sich; der Wutausbruch war zu Ende. Aber etwas Drohendes lag in der Luft, wie Feuer oder scharfer Stahl, und Megs Gesicht zeigte immer noch den boshaften Ausdruck. Der Teufel schien nachzudenken. Als er schließlich sprach, lagen ungeheuchelte Belustigung und wirkliches Interesse in seinem Ton. »Professor Fenton«, sagte er süßlich, »habt Ihr wirklich angenommen, daß Ihr mich überlisten könntet?«
»Das kann ich noch nicht sagen.«
»In der Tat? Ihr könnt es mir nicht sagen? Aber ich kann's Euch sagen. Einst hatte ich eine Vorliebe für Euch. Aber die ist verschwunden. Ich fühle mich versucht, Euch die Fehler zu nennen, die Ihr gemacht habt, und Euch die sehr unangenehmen Überraschungen zu enthüllen, die Eurer harren. Aber ich will davon Abstand nehmen; Ihr werdet es früh genug erfahren. Ich möchte nur die kleinsten, hauchfeinsten Eurer Irrtümer erwähnen.«
»Euer eigener Mangel an Intelligenz, Sir .« Der Besucher ignorierte diese Unterbrechung. »Ihr«, sagte er belustigt und dehnte diese Silbe wie ein Gummiband, »wolltet den Lauf der Geschichte ändern! Ja? Und habt, glaube ich, schon wiederholt den Versuch gemacht?«
»Ja.«
»Ihr habt tatsächlich mit den beiden - intelligentesten Männern in England gesprochen, mit König Charles dem Zweiten und Mylord Shaftesbury, die sogar entgegengesetzte Meinungen vertreten. Jedes Wort, das Ihr gesprochen habt, wird sich bewahrheiten. Aber wollte einer von beiden Euch glauben?«
»Nein.«
»Der König schätzte Euch und war sogar geneigt, Euch zu glauben. Er gab Euch den Kameenring, der jetzt Euren Finger ziert. Dieser Ring, so sagte er, würde Euch vor allem Unheil bewahren« - hier grinste der Besucher boshaft -, »wenn Ihr in Gefahr schwebtet und ihm den Ring schicktet. Könnt Ihr wirklich beschirmt werden? Ich halte es für unmöglich. Einen Augenblick!« fügte er hinzu. »Noch ein letztes Wort. Nun, warum wart Ihr so erstaunt, Professor Fenton, als Ihr mich heute abend hier saht? Ihr müßt mich doch sicherlich erwartet haben.«
»Aus welchem Grund?«
»Nanu! Das in Euren Augen so wichtige Datum in der Geschichte, das zu ändern Ihr entschlossen wart, ist der 10.
Juni. Am 10. Juni, so ist es vom Schicksal bestimmt, soll Eure Gattin Lydia an Vergiftung sterben .«
Fenton saß wie gelähmt da. Eine Angst würgte ihn, wie sie ihm der Besucher noch nie zuvor einzuflößen vermocht hatte. Lydia! Mitternacht! Er hatte gelobt, vor dieser Stunde zurückzukehren! Zitternd zog er die Uhr aus der Tasche. Sie fiel ihm beinahe aus den Händen. Seine müden Augen konnten im Schein des Feuers die Zahlen auf dem Zifferblatt nicht erkennen. Aber es konnte keinesfalls sehr spät sein.
»Die Stunde!« flehte er. »Ich bitte Euch, Sir: sagt mir die Stunde!«
Es war, als habe der Besucher verdutzt die Augenbrauen hochgezogen.
»Die Stunde?« forschte er. »Ist die denn so wichtig?«