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»Giles«, sagte er, »wir haben uns beide mächtig geirrt, du und ich.«

»Geirrt, Sir?«

»Ja.« Fenton nickte mit dem Kopf zum Dragonerhauptmann hinüber. »Du hast einem irischen Katholiken zugemutet, daß er einer Mörderbande dient, die entweder der Staatskirche oder einer puritanischen Sekte angehört und ihn am liebsten töten möchte.«

»Ah!« grunzte O'Callaghan.

»Aber das ist noch nicht das Wichtigste, Giles«, fuhr Fenton fort. »Unser Gast gehört zur Armee, und durch keinerlei Bestechung hätte Mylord Shaftesbury ihn hierher schicken können. Denn die Armee ist fest in den Händen des Königs und wird von Seiner Majestät allein befehligt.«

Giles blickte ein wenig beschämt drein, und Fenton wandte sich wieder an seinen Besucher. »Aber nun ein Wort mit Euch, Captain«, sagte er in einem völlig veränderten Ton. »Seid nicht so kühn mit Euren Drohungen.«

»Nein?«

»Nein! Und vor allen Dingen nehmt die Hand von Eurem Degen weg. Donner«- Fenton streichelte die Dogge-»ist viel zu dicht bei Euch. Er würde Euch selbst die Kehle zerfleischen, ehe Ihr überhaupt den Degen ziehen könntet.«

»Ach nein, wirklich?« fragte O'Callaghan ironisch, und sein prahlerisches Wesen brach durch. Herausfordernd machte er abermals einen kurzen Griff nach dem Degen.

Donners Knurren fand jetzt Widerhall bei Löwe und Nacktarsch. Donner, der Gefahr für seinen Herrn witterte, straffte seine Muskeln und machte sich sprungbereit.

Captain O'Callaghan war jetzt nicht mehr ganz so rot im Gesicht. Langsam ließ er die Hand auf seinen scharlach-farbenen Mantel sinken. Aber er wich keinen Schritt zurück. Er stand mit halbgesenkten Augenlidern da und zwirbelte seinen Schnurrbart. »Sir Nicholas Fenton. Der Teufel soll mich holen, aber ich muß Euch von diesem Augenblick an in Gewahrsam nehmen und zum Tower geleiten, wo Ihr in Gefangenschaft bleiben müßt bis. nun, so liegen die Verhältnisse.«

Fenton starrte ihn nur an, während der Captain verlegen von einem Fuß auf den anderen trat.

»Zum Tower?« wiederholte Fenton wie betäubt, »zum Tower von London?«

»Ei, was für ein anderer Tower könnte wohl gemeint sein?«

Fenton blickte zu Giles hinüber, dessen Gesicht ebenso ausdruckslos war wie sein eigenes. »Auf welche Anklage hin?«

»Sir Nicholas, das darf ich Euch nicht sagen, und das wißt Ihr auch ganz gut!«

»Soviel mir bekannt, werden Männer nur für ein einziges Vergehen in den Tower überführt, nämlich Hochverrat.«

»Nun«, grunzte O'Callaghan, während er ihn zustimmend anblinzelte, »wenn Ihr selber die Beschuldigung erratet.«

»Hochverrat?«

».Es steht mir nicht zu, es abzuleugnen. Ich zweifle aber nicht daran, daß Ihr Euch in ein paar Wochen von diesem Verdacht reinigen könnt.«

»Captain«, sagte Fenton, während sein Verstand fieberhaft arbeitete, »ich will Eure Redlichkeit nicht in Abrede stellen. Aber dies, ich schwör's Euch, ist der gröbste Irrtum, der je begangen worden ist!« Er berührte den Kameenring an seiner linken Hand. »Dürfte ich vielleicht, ehe Ihr Eurer Pflicht genügt, ein Wort mit dem König selber wechseln? Oder darf ich ihm, falls das ein zu großer Wunsch ist, ein gewisses Zeichen senden?«

»Wollt Ihr etwa an den König appellieren?« fragte O'Callaghan und ließ vor Staunen seinen Schnurrbart in Ruhe. »Das ist meine Absicht.«

»Aber, Sir Nicholas! Gott steh uns bei! Diese Order ist von Seiner Majestät eigenhändig unterzeichnet!«

Captain O'Callaghan griff in seine Manteltasche und zog eine Pergamentrolle hervor, die er nur so weit entrollte, daß die Bänder des Siegels herabglitten und die Unterschrift zu sehen war. »Seht her! Kennt Ihr vielleicht diese Schrift?« fragte der äußerst verblüffte Captain.

Fenton warf einen Blick darauf. Die Unterschrift »Charles R.« war unverkennbar. Zu oft hatte er sie auf vergilbten Briefen gesehen.

»Es ist des Königs Hand«, gab Fenton zu.

Er fühlte, daß eine große Tür zugeschlagen und der Riegel knarrend vorgeschoben war - eine Tür, die ihn für immer in die Vergangenheit einschloß.

Lydia war von ihm gegangen. Der König hatte ihn verlassen. Er selbst war des Hochverrats angeklagt. Nur wenige, die dieses Vergehens bezichtigt waren, entkamen dem Strick des Henkers, der vierteilenden Axt und dem bauchaufschlitzenden Messer. Die geliebte Vergangenheit hatte sich in ein Ungeheuer verwandelt, und es hatte den Anschein, der Teufel trage mit fliegenden Fahnen den Sieg davon. Fenton war einsam und verzagt, aber .

»Ich bin noch nicht am Boden«, sagte er laut.

»Was sagt Ihr da?« erkundigte sich Captain O'Callaghan.

Gelassen zog Fenton den Ring von seinem Mittelfinger. Er hatte kein Verlangen, dem Captain die Bedeutung seiner Worte zu erklären. Wiederum spürte er ein geheimnisvolles Rascheln im Haus. Nachlässig, ohne sich umzudrehen, warf er den Ring über seine Schulter. Er hörte, wie er klirrend über den Boden rollte. »Giles«, sagte er, »laß ihn zusammen mit dem Schmutz aufkehren. Wie die Ehre des Mannes, der ihn mir gab, ist er keinen roten Heller wert. -Und nun, Captain O'Callaghan«, setzte er scharf hinzu, »was geschieht, wenn ich nicht die Absicht habe, mich greifen zu lassen?«

»Meiner Treu!« entgegnete der Captain. »Dann werdet Ihr trotzdem verhaftet, ob es Euch paßt oder nicht. Ihr seid ein feiner, flotter Degenfechter, Sir Nicholas, wenn Ihr auf kräftigen Beinen steht. Aber was könnt Ihr jetzt gegen meine Dragoner ausrichten?« fragte er spöttisch.

»Potz Geck!« rief plötzlich jemand mit lauter, aber lässiger Stimme. »Da sind einige unter uns, die der Ansicht sind, daß wir ziemlich viel ausrichten könnten.«

Mit diesen Worten schlenderte George Harwell schweren Schrittes und mit weingerötetem Gesicht aus dem Speisezimmer. Sein Degen mit dem silbernen Griff hing in der Scheide. Doch in der rechten Hand trug er einen Pallasch wie der Captain selber.

»Dies hier geht Euch nichts an, Sir, wer Ihr auch seid«, sagte Captain O'Callaghan und blickte ihn scharf an. Dann fügte er hinzu: »Ah, daß Gott erbarm! Ihr seid so betrunken wie ein Seemann!«

»Ein wenig erfrischt«, entgegnete George, »mag ich wohl sein. Das löst die Zunge und verleiht dem Schwertarm Schwung.« Der einschneidige Degen pfiff zischend durch die Luft, als George ihn auf und ab schwang. »Aber glaubt Ihr wirklich, daß Ihr Nick Fenton ergreifen könnt, mein kühner Dragoner? Dann werft einen Blick hinter Euch und überlegt Euch die Antwort!«

Als Fenton sich umdrehte, sah er Giles und Harry, den Hausknecht, hinter sich, der mit einem Armvoll glitzernder Waffen nahte. Harry drückte Giles einen alten zweischneidigen Degen mit Ringgriff und einen linkshändigen Dolch mit muschelförmigem Stichblatt in die Hand. Dieselben Waffen in den eigenen Händen, trat Harry ein paar Schritte zurück.

Fenton sah Big Tom mit einem Knüttel auf der Schulter und einer schweren Feuersteinmuskete in der Hand aus der Küche heraufkommen. Hinter ihm tauchte Job, der Stallknecht, auf, der an einem Ledergehenk über der Schulter eine schwere Muskete und in jeder Hand eine Keule trug. Ihm folgten der breitschultrige Kutscher Whip und Sam, der Türhüter .

Da Feuersteingewehre neu eingeführt waren und, an Stelle der alten Luntenschloßgewehre, nur an Eliteregimenter verteilt wurden, mußte Giles die vorhandenen Exemplare durch wohlüberlegte Bestechung erworben haben.

»Sir Nick«, flüsterte Giles, »werft nur einen Blick auf die Treppe, die nach oben führt.«

Obgleich keiner von ihnen die Treppe sehen konnte, hatte Fenton bereits leise, rasche Schritte gehört, und in der Halle erschienen fast geräuschlos alle männlichen Diener des Hauses. Sie trugen Degen aus der Rumpelkammer und fünf schwere Kavalleriepistolen. Selbst Dick, der Stalljunge, war dabei. Fenton wandte sich wieder um.

Im Rahmen der offenen Haustür stand Captain O'Callaghan mit gespreizten Beinen und betrachtete das Bild, das sich ihm bot.