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»Ja!« erwiderte Meg. »Wenn er auch Kitty zum Apotheker schickte, um das Gift zu kaufen, und ihre Hand das Gift in die Sektmolke mischte, wie du mit scharfem Verstand bewiesen hast, so war Sir Nick doch der Schuldige! Bist du nun überzeugt?«

»Ich . ich .«

»Hör mich an! Sir Nick, der wahre Sir Nick war begierig auf Kitty und ihre höchst seltsame Art von Liebe. Und hatte Kitty ihn nicht gedrängt, sich seiner Frau und auch der wahren Meg York zu entledigen? Und hatte sie nicht mit ihrer schmutzigen Zunge dem Apotheker Meg York als die Frau beschrieben, die sie geschickt hatte, um das Gift zu kaufen?«

»Aber ich ... nachdem ich von Whitehall zurückkehrte. saß doch immer an dem Fenster meines Zimmers .«

»Nun besinne dich einmal! Du warst kurz nach halb neun in deinem Schlafzimmer. Seit einiger Zeit standen immer eine Karaffe mit Rotwein und ein Becher auf deinem Ankleidetisch. Nun sprich! War die Karaffe bis zum Stöpsel gefüllt oder nicht?«

Fenton wich Megs tränennassen Augen aus. Er dachte scharf nach. »Sie war bis zum Stöpsel gefüllt«, sagte er.

»Ich nahm Karaffe und Becher, um zu trinken, stellte aber beides wieder hin und verzichtete auf den Trunk.«

Die Szene entrollte sich in grauenhafter Klarheit vor seinen Augen.

»Ich setzte mich hin«, murmelte Fenton, dessen Stimme allmählich lauter wurde. »Für eine Weile dachte ich über alle Verdachtsgründe nach, die sich gegen Lydia erheben ließen. Doch ich konnte es einfach nicht für möglich halten. In einem Wutanfall sprang ich vom Stuhl auf.«

»Da haben wir's ja«, flüsterte Meg. »Doch ich nahm wieder Platz. Ich .«

»Eine Zeitlang war es dir dunkel vor Augen«, flüsterte Meg kaum hörbar und legte die Arme um ihn. »Aber in deiner Wut hatte Sir Nicks Seele wieder triumphiert wie damals im Laden des Apothekers. In den finsteren zehn Minuten, als du nicht wußtest, was du tatst, ist der abscheuliche Giftmord geschehen.«

»Wo aber war das Gift? Da! Damit fällt das Kartenhaus zusammen!«

»Liebes Herz, nein! Hast du den schwarzen Samtanzug mit dem getrockneten Blut auf dem Ärmeln vergessen, den du an jenem ersten Tag nach dem Pakt mit dem Teufel trugst? Er hing immer noch im Kleiderschrank deines Schlafzimmers. Keiner hatte ihn angerührt, wie Giles dir sagte, als du ihn später anziehen wolltest. Du selbst hattest vergessen - Sir Nick jedoch nicht -, daß sich in einer Rocktasche ein Apothekerpäckchen mit hundertdreißig Gran Arsenik befand.«

Zum erstenmal begann Fenton heftig zu zittern. Mit gesenktem Kopf zwang sich Meg, Worte zu äußern, die ihr weh taten. »Als dein Ich dich verlassen hatte, goß Sir Nick einen Becher Wein aus der Karaffe und schüttete etwa neunzig Gran Arsenik aus dem Päckchen hinein. Dann ging er mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das seine bösen Absichten verdeckte, in Lydias Zimmer. Wer würde ihn schon sehen, da die Dienstboten alle beim Abendessen waren?

Doch Kitty Softcover lauerte ganz in der Nähe, nämlich an der Tür des gegenüberliegenden Raumes, das einst mein Zimmer war. Kitty, die einen Schlüssel für die Haustür besaß, hatte sich kurz nach dir eingeschlichen. Sie wählte diese frühe Stunde, weil die Dienstboten in der Küche waren. Selbst Sam, den du kurz zuvor weggeschickt hattest, war nicht auf seinem Posten an der Tür. Kitty wollte mit ihren Krallen in Lydias Juwelenschatullen greifen. Wie konnte sie ahnen, daß Lydia schon so ungewöhnlich früh zu Bett gehen würde? So kam es, daß Kitty das Zimmer nicht betreten konnte. Doch sie sah Sir Nick, da er die Tür halb offenließ. Die Zeit war kurz, so sehr kurz! Du hieltest dich nur zwei Minuten in Lydias Schlafzimmer auf, das du zwanzig Minuten vor neun betreten hattest. Nun stelle dir bitte die Fragen vor, die ein schlauer Richter äußern würde!«

Fenton schauerte vor Entsetzen, und sie schloß ihn fester in die Arme. »Ja«, sagte er, »ich glaube allmählich .«

»Dein Einfluß auf Lydia war unbegrenzt. Sie liebte dich und gehorchte dir in jeder Beziehung. Von welcher anderen Hand außer der deinen hätte sie wohl irgendeinen Bissen oder Trunk entgegengenommen?«

»Ja, es wird mir bitter klar!«

»Was für ein anderer Trunk außer dem Rotwein in deinem Zimmer hätte sie vergiften können? Jeder Tropfen Wein war, wie Giles sagte, im Weinkeller eingeschlossen. Wie er ebenfalls erwähnte, war nicht einmal ein Gläschen Gerstensaft im Hause. Und dies ist die Wahrheit, wenn sie auch von den Lippen des Teufels stammt!«

Wenn Meg von Lydia sprach, konnte Fenton manchmal einen Hauch ihrer heißen Eifersucht spüren, obwohl es ihr meistens gelang, sie zu unterdrücken. Auch sah er jetzt, was er in seiner Blindheit nie zuvor bemerkt hatte: Er war nicht die einzige Person, die sich gegen die Herrschaft einer anderen Seele wehren mußte. Mary Grenville mußte ja auch die Seele der hübschen, aber ungebärdigen Meg York in sich haben.

Er und Meg waren sich sehr ähnlich, und das war auch stets in ihrem Verhalten zum Ausdruck gekommen. »Was für Worte«, fragte er, »sind in jenen zwei Minuten, die ich in Lydias Zimmer verbrachte, zwischen Lydia und mir. oder vielmehr Sir Nick gewechselt worden?«

»Das sage ich dir nicht! Nie und nimmer!«

Von der Menagerie her erschallte wieder das Gebrüll des Löwen. Sie beobachteten, wie die Wächter mit ihren Laternen hin und her gingen, um die Tiere zu beruhigen. Aber Meg war wieder von Furcht ergriffen.

»Mein Gott, die Wärter und Soldaten werden bald hier sein! Sie haben vom letzten Humpen gesprochen.«

»Noch ein Wort«, sagte Fenton. »Ich weiß nicht, warum es so ist, aber du gehörst mir, und ich halte dich. Wenn ich zum Schiff gehe, kommst du mit mir!«

Meg warf den Kopf in den Nacken und betrachtete ihn mit einem wilden Blick; abermals traten ihr Tränen in die Augen.

»Vieles von dem, was vorgefallen ist«, fuhr Fenton überstürzt fort, »kann ich mir jetzt selbst ausmalen. Sir Nick ging mit dem vergifteten Becher aus Lydias Zimmer in sein eigenes, wo er ihn mit Wasser ausspülte und dieses aus dem Fenster schüttete. Nicke mit dem Kopf, wenn es stimmt. Gut!

Doch halt! Das Gift wurde zwanzig Minuten vor neun geschluckt. Konnte Lydia da schon um Mitternacht sterben? Nein, das ist eine Unmögl.

Ha, ich habe eins vergessen! Neunzig Gran Arsenik! Wenn das Opfer schon ein paar Stunden durch Schmerzen geschwächt ist, kann einer der plötzlich und heftig auftretenden Magenkrämpfe den Tod durch Schock herbeiführen.

Dann noch eins! Eine solche Riesenmenge von Arsenik würde die ersten Schmerzen schon innerhalb von acht Minuten hervorrufen, und bei Lydia wirkte das Gift noch schneller als bei den meisten Menschen. Als Judith Pamphlin die Treppe heraufkam, hörte sie Lydia tatsächlich stöhnen, noch ehe ich aus meinem Trancezustand erwachte. Und das war wohl gegen zehn Minuten vor neun. Stimmt's?«

»So sagt der Teufel.«

»Und Lydia .« Fenton zögerte. »Lydia muß gewiß gemerkt haben, wer ihr das Gift verabreicht hat. Und doch sagte sie zu Judith Pamphlin nur, daß sie mich zu sprechen wünsche, und kein Wort davon, daß ich mit dem Weinbecher zu ihr gekommen war. Sie machte kein Aufheben, Meg. Nicht einmal, als sie starb.«

»Das gebe ich zu«, sagte Meg und senkte schluchzend den Kopf. »Zum Teil lag es daran, daß sie. aber nein, ich will nicht mehr von ihrer Liebe sprechen, ein für allemal nicht! Zum anderen hielt sie es für eine gerechte Strafe des Himmels, da sie ja wirklich einmal einen Brief abgesandt hatte, um dich zu verraten.«

»Ich habe sie getötet, Meg.«

»Nein, das hast du nicht getan!« stieß sie zähneknirschend hervor. »Ich kann es beweisen . ich kann es an Hand eines Geheimnisses beweisen. Als Sir Nick schließlich diese letzte verruchte Tat beging« - ihre Stimme sank zu einem Geflüster herab, »wurde ihm die Seele aus dem Leib gerissen, noch ehe du die Augen öffnetest. Seine Seele wurde entführt.«

»Vom Teufel?«

»Nein, dann wärest du tot. Von einem« - ihr Blick schweifte angstvoll hin und her-, »von dem ich nicht zu sprechen wage. Aber seit jenem Augenblick hat Sir Nicks Seele dich verlassen. Die Seele, die du nun besitzt, gehört Nicholas Fenton aus Cambridge. Dennoch wirst du von der Menschheit verfolgt. Kitty, die Köchin .«