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»Hätte Kitty, die Dirne von Alsatia, die, wie ich annehme, vielen Richtern bekannt ist, es gewagt, mich des Mordes zu bezichtigen? Und schenkte man ihr Glauben, wenn es so wäre?«

»Was! Unter dem Schutz von Mylord Shaftesbury und seinem Green-Ribbon-Klub? Man hat ihr bereits geglaubt. Sie geht, mit Juwelen geschmückt, einher und wird von beherzten Degenfechtern, beschirmt. Der Plan, dich dem Schutze des Königs zu entreißen, ist fertig.«

»Und der König?«

»Oh, der König wird nachgeben. Wie immer, wenn das Verlangen der Öffentlichkeit zu groß wird. Hast du in einem anderen Zusammenhang ihm das nicht selbst ins Gesicht gesagt?« Meg hob die Arme in stummer, leidenschaftlicher Qual. »List und Betrug!« rief sie. »Stets bist du betrogen worden seit deinem falschen Pakt mit dem Teufel. Sehr wohl konnte er auf alle deine >Bedingungen< im wörtlichen Sinne eingehen. Denn nicht er selbst würde ja das tun, was dir angetan werden sollte. Es war eben von der Geschichte bestimmt. Seine Wutanfälle rührten nicht von deinen >Bedingungen< her; er war zornig, weil du ihn verhöhntest. Du hast seinen Zorn nicht richtig gedeutet. Und dennoch hast du ihn geschlagen. - Nanu, was ist dir?«

»Giles' Bericht«, sagte Fenton. »Auch ein Betrug. Und noch nicht einmal geschrieben! Und warum wird er geschrieben? Nun, damit die Nachwelt - wenn Giles durch Bestechung alle Plakate oder Broschüren und sogar die Newgate-Aufzeichnungen vernichtet hat -, nicht einen alten Namen geschändet sehen soll. Die Nachwelt soll wohl von einem Mord lesen, wobei ganze Seiten absichtlich ausgelassen sind, aber auch von einem guten Sir Nick, der viele Jahre später stirbt. Es sieht so aus, als ob ich letzten Endes doch noch gehängt würde.«

»Sprich nicht so!« sagte Meg. »Das soll nicht geschehen, wenn du wie einst die Kühnheit besitzt, auszuziehen und den Lauf der Geschichte zu ändern. Hast du noch diese Verwegenheit?« Die Brise, die noch in den Bäumen auf dem Tower-Anger rauschte, blies Fenton kühl und erfrischend ins Gesicht; es war wie ein Sprung in kaltes Wasser.

»Ja!« rief er mit einem glücklichen Lächeln und schlug auf seine Degenscheide. »Bist du bereit?«

»Bereit?«

»Mich zu begleiten; was sonst? Verdammt! Noch habe ich es nicht erlebt, daß du ängstlich vor einer kühnen Tat zurückschrecktest. Jetzt bin ich es, der zur Eile drängt!« Meg schlug ihr Cape zurück.

»Ich war es«, stieß sie hervor, »die den König überredete, daß ich mit dir gehen müsse. Unter meinem Hemd trage ich einen Gürtel mit wasserdichten Taschen, die kostbare Edelsteine als Zahlungsmittel und einen Brief von Seiner Majestät an König Ludwig von Frankreich enthalten. Doch als ich dich sah, war ich entschlossen, hierzubleiben, wenn du mich nicht bitten würdest.«

»Dann bitte ich dich jetzt!«

»Aus Liebe?«

»Ja! Aber davon sprechen wir, wenn wir in Sicherheit sind. Horch! Man hört nichts mehr von dem Trinkgelage im Wakefield Tower. Sie brechen wohl auf.«

»Ich bin immer noch ein Geschöpf des Teufels«, sagte Meg, die ihren Tränen nicht mehr Einhalt gebieten konnte. »Ob Meg York oder Mary Grenville, ich bin immer noch.«

Fenton, der entschlossen auf die Tür zugegangen war, drehte sich um.

»Glaubst du etwa, daß ich, der ich mich selbst mit dem Teufel abgegeben habe, einen Pfifferling danach frage, ob du seine Dienerin bist oder nicht? Du kannst jedoch nicht in Cape und Kleid schwimmen. Zieh die Sachen aus!«

Nun war es Fenton, der die Uhr ticken hörte und spürte, wie die Minuten entflohen.

Wenn man Meg hier fand, dachte er, würde sie gleich ihm Mylord Shaftesbury in die Hände fallen.

Doch Meg zögerte immer noch. Sie schüttelte ihre Locken und warf einen hastigen, ängstlichen Blick auf die Tür. Fenton bot seine ganze Willenskraft auf.

»Fürchtest du etwa den Teufel?« Er sprach mit leiser Stimme. »Nun, verlaß dich drauf. Wir werden zusammen aus dem Tower fliehen, und wenn der Teufel selber draußen vor der Tür stände. Komm!«

Meg warf ihr Cape ab. Dann zerrte sie so lange an ihrem Gewand, bis sie sich daraus befreit hatte und nur mit einem seidenen Hemd bekleidet war.

Fenton öffnete behutsam die Tür, schloß sie wieder und eilte mit Meg davon.

Unten in der Tiefe klatschte das Wasser schäumend gegen die Mauer.

Fenton warf rasch einen Blick nach links. Im Wakefield Tower begannen Männer mit gelben Laternen die Treppe hinabzusteigen. »Eine Hand auf die Mauer«, flüsterte er und faßte Meg um die Mitte, um sie in eine der Schießscharten zu heben. »Dann spring! Vorsicht in der Strömung bei den Pfeilern, wenn du unter dem Kai durchschwimmst. Nun los!«

Meg, die im Begriff stand, seinen Worten Folge zu leisten, wandte zufällig den Kopf nach links und blieb wie gelähmt stehen. Fenton folgte ihrem Blick.

Etwa sieben Meter von ihm entfernt stand auf dem Postengang eine weißgkleidete Gestalt mit gezogenem Degen. Captain Duroc.

Der Mond, der fast senkrecht über ihnen stand, warf kurze Schatten. Er spielte den Augen einen Trick. Duroc wirkte in seiner hageren Länge wie ein Riese. Sein harter Unterkiefer war vorgeschoben, und die Zähne glänzten in einem höhnischen Grinsen. Er hob den rechten Arm mit dem Degen, so daß die Spitze direkt auf Fenton gerichtet war.

Es war, als stehe der Tod auf dem Postengang. »Nein, ich bin nicht der Teufel«, flüsterte seine harsche Stimme. »Auch bin ich nicht von Mylord Shaftesbury geschickt. Ich war ein Gast bei diesem Trinkgelage. Kleiner Edelmann! Süße Meg, meine Bettgef.«

»Hinauf! Ich helfe dir!« murmelte Fenton. »Dann spring hinunter!«

»Wirst du mir folgen?«

»Nach einer Weile.«

»Dann bleibe ich«, erwiderte Meg keuchend, »bis du bereit bist.« Captain Durocs leises, höhnisches Lachen drang über dem Zischen des Wassers zu ihnen.

»Sie werden nicht hinunterspringen. Nein, nein, nein!« sagte er. »Ich stehe so, daß ich im Nu über Sie herfallen kann, voila, falls Sie es versuchen!«

Fenton sprang von Megs Seite fort, und stand Duroc gegenüber. »Der kleine Edelmann«, seufzte Duroc, »will nicht fechten. Nein! Er will davonlaufen. Ich bin Duroc! Ich verstehe mich zu gut auf Ausfälle!«

Fenton zog seinen Degen. »Sei vorsichtig!« rief Meg.

Sie mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut zu schreien.

Denn sie stürmten aufeinander los, als wollte einer den anderen schnurstracks mit dem Degen durchstechen. Aber instinktiv machten beide innerhalb Stoßweite halt, so daß ihre Schuhe auf den Steinen knirschten.

Durocs Degenspitze stieß mit im Mondlicht blitzender Klinge vor, um Fentons linkes Auge zu durchbohren. Fenton, der diesen Stoß in ziemlicher Höhe mit einem »Klick« parierte, der bis zum Wakefield Tower hinüberschallte, hörte, wie Durocs Fuß ausglitt und stolperte. Er machte einen direkten Stoß auf Durocs Herz, und Duroc lachte heiser, als beide Männer wieder eine Parade einnahmen.

Der Pseudofranzose hatte ungeheuer lange Arme und Beine. Fentons Degenspitze war trotz des vollen Ausfalls nur bis auf zehn Zentimeter an die Brust des Gegners gekommen. »Sehen Sie, kleiner Edelmann?« keuchte sein Gegner. »Sie können nicht an mich heranreichen!«

»Nein?«

»Nein!«

Das wie ein Becher aus Stahlfiligran wirkende Stichblatt an Durocs Degen hatte an jeder Seite einen vorstehenden, hakenförmig gebogenen Stichblattzapfen. Fenton sah es im Mondlicht, als Duroc seinen Körper wie eine weiße Schlange vorstreckte für einen Stoß in die untere Bauchgegend. Fenton, der mit nach unten gehaltener Klinge parierte, schlug Durocs Degen zur Seite und machte einen Querstoß nach der Wade seines rechten vorgestreckten Beines. Spitze und Klinge rissen ein Stück vom weißen Strumpf und etwas Fleisch vom Rand der Wade, und das Blut quoll grauschwarz hervor. »Captain Duroc« stieß jetzt einen Fluch auf ungarisch aus und stürmte mit seiner ungeheuren Reichweite auf Fenton ein. Viermal stieß er zu, ohne daß ein Gegenstoß von Fenton folgte. Fenton lachte, und der Captain wurde wütend, weil er Fentons Parade nicht durchdringen konnte.