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Fenton bereitete sich jetzt für den gefährlichsten Trick im Degenfechten vor.

Als Durocs Degen zum fünften Male vorschoß, fegte Fenton ihn mit seinem degenlosen linken Arm weit nach rechts und stieß gleichzeitig nach dem Herzen des Gegners.

Die Klinge drang ziemlich tief ein - aber nicht tief genug, um das harte Gewebe, von dem das Herz umgeben ist, zu durchbohren. Fenton sprang zurück und parierte den langen Stoß auf seine Stirn oberhalb des rechten Auges.

Dann gingen beide zurück und studierten sich gegenseitig. Das täuschende Mondlicht erschwerte den Kampf. Duroc, stark aus zwei schweren Wunden blutend, stand immer noch hoch über Fenton. Er schwankte zwar einmal, fiel aber nicht hin. Fenton wußte, daß Duroc nun nicht mehr nach den Augen zielen, sondern versuchen würde, eine Augenbraue zu verwunden, um ihn durch das Blut zu blenden und ihm dann in aller Muße den Garaus zu machen. Damit würde er nur einen alten, als fair angesehen Fechtertrick anwenden.

Aber Duroc wagte es noch nicht. Sein Atem wurde schwächer. Er mußte wie Fenton nach dem Herzen zielen. Fenton erinnerte sich in diesem Augenblick an eine Finte, auf die man erst im achtzehnten Jahrhundert kommen würde. In der Regel war es unmöglich, den Gegner zu entwaffnen. Doch .

»Nun sieh einer an!« bellte eine Stimme nicht weit von ihnen entfernt. »Da drüben auf dem Postengang steht Nick Fenton und ficht!«

»Wo?«

»Da drüben!«

»Bei Gott, wer ist die Frau? Spärlich bekleidet, aber eine Schönheit!«

Fenton wurde es beinahe übel. Musketenfeuer in dichter Nähe konnte.

Laternenschein fiel auf den sehr breiten Pfad zwischen der inneren und äußeren Mauer, und schwere Schritte hallten auf den Steinstufen in dem engen Bogen zwischen dem Bloody Tower und dem Wakefield Tower.

Fenton, dem Blick auf die Stichblattzapfen an Durocs Degen geheftet, machte plötzlich einen gewaltigen Sprung nach hinten, und Duroc stürzte ihm triumphierend nach. Sein Rücken glänzte weiß im Mondlicht, als er mit aller Wucht auf Fentons Herz zielte. Meg schrie auf. Denn Fenton stand völlig ungeschützt da und hatte beide Arme seitwärts ausgestreckt. Im letzten Augenblick sprang er nach rechts, so daß sein Degen an die Festungsmauer stieß.

Durocs Klinge fuhr glatt durch die linke Seite des Hemdes, und Fenton spürte nur die kalte Breitseite des Degens, die auf seiner Haut wie Feuer brannte.

Dann nahm der Kampf eine andere Wendung. Als der Bechergriff von Durocs Degen Fenton zwischen Arm und Seite schoß, sauste Fentons linker Arm herab und klemmte die Klinge fest für die Sekunde, die er brauchte, um seinen eigenen Degen senkrecht in den Haken des Stichblattzapfens zu stoßen, der von Durocs Stichblatt nach links herausragte, und dadurch den Degen des Gegners unbrauchbar zu machen. Denn Duroc konnte ihn nicht zurückziehen.

Zu spät und voller Entsetzen erkannte der Pseudofranzose diesen Trick. Fenton hob plötzlich den linken Arm und drehte die rechte Hand scharf nach rechts. Kein Mann in Durocs Stellung hätte bei dieser Hebelkraft den Degen halten können, Durocs Waffe segelte in silberglänzendem Flug über die Zinnen der Festungsmauer und fiel wirbelnd ins Wasser.

»Da ist der Teufel in Samt, Sir!« brüllte eine Stimme fast unheimlich dicht von unten. »Sapperlot, seht, was er getan hat!«

»Gefangener, steht still und ergebt Euch!« ertönte die barsche Stimme eines Soldaten.

Jetzt war ein lautes Getrappel auf dem ganzen breiten Pfad zu hören, und das helle, böse Licht von flackernden Pechfackeln züngelte herauf.

Fenton, den Degen zum letzten Stoß gehoben, blickte in die bestürzten, entsetzten Augen Durocs, des größten Eisenbeißers von ganz Europa, und er brachte es nicht fertig, ihm den Todesstoß zu versetzen. Sein Schwertarm zitterte. Duroc, der Fentons Blick falsch deutete, drehte sich um und rannte stolpernd davon. Fenton steckte mit unsicheren Fingern die blutbefleckte Waffe wieder in die Scheide und sah sich nach Meg um. Sie stand dicht hinter ihm, regungslos, die Hand auf einer der Zinnen. »Hinauf!« krächzte Fenton atemlos. »Und spring!« Ohne Zögern, ohne Beistand schwang sich Meg in die Lücke und sprang hinab. Er hörte das Aufklatschen in dem schäumenden Wasser.

Auf dem Pfad wurden Stimmen laut. »Musketen, Sir? Sie haben sie vom Middle Tower geholt!«

»Musketen! Eine Rotte hier am Pfad entlang! Schießt nach Herzenslust, wenn er. Gefangener! Wollt Ihr stillstehen und Euch ergeben?«

»Kommt und holt mich!« krächzte Fenton.

Der ganze Pfad wimmelte nun von Fackeln, die ihn blendeten. Das Licht machte ihn zu einer deutlichen Zielscheibe. Fenton kehrte sich um und zog sich zwischen zwei Zinnen hoch. Unten vom Pfad her ertönte ein Geräusch, das eher einer schweren Explosion als einem Musketenschuß glich. Gerade als die schwere Musketenkugel etwa vier Meter von ihm entfernt in die Brustwehr schlug, verschwand er mit einem Hechtsprung in der Tiefe. Hechtsprung.

Zu spät dachte er daran, daß der Kai mit seiner Batterie von Geschützen zu nahe an der Mauer errichtet war, um einen Hechtsprung aus beträchtlicher Höhe zu gestatten. Der Gedanke schoß ihm durch den Kopf, als das weißgefleckte Wasser plötzlich vor ihm auftauchte. Er glitt so dicht am Kai ins Wasser, daß die scharfe Kante ihm ein Stück vom Schuh abriß und sein Gelenk schrammte. Der Schock des kalten Elements wirkte wie ein Hammerschlag.

Sobald er aus der dunklen Tiefe wieder an die Oberfläche kam, schleuderte ihn die Strömung mit der Schulter gegen einen der Kaipfeiler. Er schwamm um Hindernisse herum und durch allerlei übelriechenden Unrat. Die Flut hatte noch nicht ihren Höhepunkt erreicht, und die Strömung sah gefährlicher aus, als sie in Wirklichkeit war.

Fenton streifte beide Schuhe ab, als er vom Kai hinweg in das helle Mondlicht hinausschwamm. Seine jugendliche Kraft und das flotte Kraulen brachten ihn mit auffallender Geschwindigkeit voran. Vor sich sah er etwas Weißes aufblitzen: es war Meg, die in aller Hast den beiden grünen Schiffslaternen zustrebte. Und mit welcher Freude erfüllte ihn dieser Anblick!

Der kalte Wind schien umgesprungen zu sein. Fenton versuchte, noch schneller zu schwimmen, und bohrte den Kopf seitwärts ins Wasser, um Luft schöpfen zu können. Dann brach hinter ihm auf der Mauer des Towers plötzlich ein heftiges Musketenfeuer aus. Eine Kugel schlug neben ihm aufs Wasser und hüpfte auf den Wellen hin.

»Schwimm unter Wasser!« rief er Meg zu.

Er selbst tauchte ziemlich tief und schwamm so lange unter Wasser, bis ihm beinahe die Lungen platzten. Er kam vorsichtig an die Oberfläche und riskierte einen Blick nach hinten. Das Gewehrfeuer war eingestellt. Aber zwischen den Geschützen auf dem Kai bewegten sich Gestalten mit langen, glimmenden, um den Arm gewickelten Zündschnüren. Fenton blickte nach vorn.

Zu seinem Erstaunen schimmerte die Prince Rupert nicht weit von ihm entfernt durch das Halbdunkel der Nacht. Das Licht der niedrig in der Takelage angebrachten Schlachtlaternen fiel auf die Reihe der Kanonen, die auf dem oberen Geschützdeck standen. Das hochgebaute Achterschiff war ebenfalls beleuchtet. Von der Spitze des Großmastes flatterte die königliche Standarte. Ein untersetzter Mann, der sich mit einer Hand auf die Reling des Quarterdecks stützte, hielt eine Seetrompete an die Lippen und rief mit rollender Stimme über das klangtragende Wasser: »Auf ein Schiff des Königs wollt Ihr feuern, wie? Oberkanonier! Wenn Ihr seht, daß da drüben eine Zündschnur an ein Geschütz gebracht wird, dann legt mir einen Zwölfpfünder auf diese Batterie!«

Auf dem Mitteldeck des Schiffes herrschte reges Leben und Treiben. Nackte Füße rannten klatschend über die Planken, und schattenhafte Gestalten bewegten sich im Schein der Schlachtlaternen. Eine Strickleiter mit hölzernen Sprossen wurde klappernd über die Seite des Schiffes geworfen und reichte bis dicht ans Wasser. Hinten auf dem Kai blieb ein glimmender Zündfaden gleichsam mitten in der Luft hängen; wahrscheinlich war von der Festungsmauer her ein Befehl erteilt worden. Bald tauchte Meg aus dem Wasser auf und kletterte triefend die heftig schwingende Leiter empor, bis ein Seemann herbeieilte und ihr helfend die Hand reichte.