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»Wir brauchen Transporter! Drei Stück!«

Während sie auf die Ankunft der Transporter warteten, zog Jan drei Rufer aus der Rocktasche und befestigte sie auf Angellas, Karas und seiner eigenen Schulter. »Besser ist besser«, sagte er. »Nach dem, was passiert ist, ist es mir einfach lieber, wenn man weiß, wo wir sind.«

Kara versuchte, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen, als sich der Stahl des Rufers durch ihre Haut bohrte. Angella hatte weniger Ambitionen, die Heldin zu spielen. Sie fluchte ungehemmt.

»Also?« fragte Kara.

Angella rieb sich über den Hals und betrachtete mißmutig einen winzigen Blutstropfen, der auf ihrem Zeigefinger glitzerte. »Also was?«

»Du wolltest mir etwas erklären«, sagte Kara. »Den Grund, weswegen wir hier sind.«

»Das ist nicht so einfach zu erklären«, antwortete Angella ausweichend und zerrieb den Blutstropfen zwischen Daumen und Zeigefinger. »Es ist eigentlich nichts Konkretes, weißt du? Es ist...«

»Schelfheim geht vor die Hunde«, fiel ihr Jan ins Wort. Seine Stimme klang bitter, aber auch sehr zornig. »Du hast diese Stadt doch gesehen, oder? Sie ist nicht mehr das, was sie einmal war.«

»Wie war sie denn?« fragte Kara.

»Sie war...« Jan brach ab, starrte einen Moment zornig ins Leere und faßte sich dann. »Angella hat recht, fürchte ich«, seufzte er. »Es ist nicht so einfach zu erklären. Es ist nichts Konkretes, weißt du? Mit Ausnahme von dem da...« Er deutete auf den Stamm. »Schelfheim war schon immer ein Hexenkessel. Ein einziges großes Irrenhaus, das dich schneller umbringen kann, als du in der Lage bist, deinen Namen zu buchstabieren. Aber es ist nicht mehr, was es war. Es ist... schlimmer geworden. Dinge tun sich. Schlimme Dinge.«

»Wie zum Beispiel, daß die Hälfte der Stadt nur noch für Menschen reserviert ist«, sagte Kara.

»Ja«, bestätigte Jan. »Ich sehe, du beginnst zu verstehen. Es ist schwer zu erklären. Da ist nichts, worauf man den Finger legen und sagen könnte: Sieh her! Aber diese Stadt verändert sich auf eine schlimme Art, Kara. Schau dir...« Er suchte nach Worten. »Schau dir Elder an! Ich weiß, daß du ihn nicht magst, aber er ist ein ehrlicher Mann. Vielleicht kein großer Geist, wie die meisten Soldaten, aber ein aufrechter Mann, der seine Pflicht tut. Früher waren es Männer wie er, die Schelfheim regierten. Oder es wenigstens versucht haben, denn man kann eine solche Stadt nicht wirklich regieren. Du kannst nur versuchen, das Chaos nicht zu sehr überhandnehmen zu lassen.«

»Diesen Eindruck hatte ich eigentlich nicht«, sagte Kara.

»Eben!« Jan zog eine Grimasse. »Sie sind natürlich noch lange nicht damit fertig, aber sie haben angefangen, Ordnung in der Stadt zu schaffen. Die Männer, die Schelfheim heute regieren, legen eine Menge Wert auf Vorschriften und Disziplin.«

»Was ist so schlimm daran?« fragte Kara. Auch sie war in einer Welt aufgewachsen, in der Disziplin und Gehorsam die obersten Werte waren.

»Nichts«, antwortete Jan. »Schlimm ist der Weg, auf dem sie es zu erreichen versuchen. Sie sind sehr viel geschickter als damals Jandhi und ihre Schwestern. Aber sie sind fast noch schlimmer. Sie werden diese Stadt zerstören. Und vielleicht die ganze Welt.«

Über ihren Köpfen erscholl ein raschelndes Schaben und Schleifen, und ein struppiger Schatten erschien in der Klappe, durch die sie selbst heruntergekommen waren. Die Transporter.

Kara sah hastig weg.

»Vielleicht übertreibt Jan ein wenig«, sagte Angella besänftigend. »Aber in einem hat er recht. Irgend etwas geht vor. Nicht nur in Schelfheim, sondern überall. Aber hier ist es am deutlichsten zu sehen. Es ist, als...« Sie machte eine unschlüssige Geste. »Als breite sich ein neuer Geist in der Welt aus. Nicht nur, daß sich Männer wie Elders Vorgesetzte plötzlich für besser als andere halten.«

Kara verzichtete darauf zu antworten, denn auch sie hielt Menschen wie sich, Jan, Cord und sogar Elder für etwas Besseres. Tatsache war nun einmal, daß der Mensch die erste denkende Spezies war, die diesen Planeten bevölkerte. Alle anderen - die Waga, die Katzer, die Vogelmenschen und Tiefen, die Echsenmänner und Kentauren und die anderen, manchmal äußerst bizarren Kreaturen waren erst viel später aufgetaucht; von anderen Welten gekommen oder als Folge der unvorstellbaren Katastrophen überhaupt erst entstanden, die diese Welt für Jahrtausende beinahe unbewohnbar gemacht hatten.

»Was geht uns das an?« fragte sie, und als sie Jans ärgerliches Stirnrunzeln sah, fügte sie hastig hinzu: »Ich meine - wenn die Zeit sich ändert, was haben wir damit zu tun?«

»Nichts, wenn sie sich ändert, weil es nun einmal so ist«, antwortete Jan ernst. »Aber ich bin nicht sicher, ob sie sich wirklich von selbst ändert.«

»Du meinst...«

»Ich meine«, unterbrach sie Angella mit leicht erhobener Stimme, »daß wir geschworen haben, diese Welt zu beschützen, Kara. Und nicht nur mit dem Schwert in der Hand. Es gibt Feinde, die mit anderen Waffen kämpfen.«

Ein unförmiger Schatten erschien hinter Angella, und obwohl ihr der Anblick ein leises Ekelgefühl bescherte, war sie fast froh über die Ankunft des dritten Transporters.

»Vergeßt nicht, die Fäden zu kappen, sobald wir unten sind«, rief Jan hinauf, während er sich als erster von dem Transporter ergreifen ließ. »Wir wollen doch nicht, daß unser Freund Elder der Schlag trifft beim Anblick eines nicht genehmigten Transportergewebes.«

Sein Lachen klang ein wenig gekünstelt. Wahrscheinlich, überlegte Kara, erging es ihm nicht anders als den meisten Menschen. Von den acht dünnen, aber ungemein kräftigen Beinen gepackt und festgehalten zu werden, war mehr als unangenehm. Längst nicht alle Menschen ertrugen die Berührung eines Transporters.

Auch Karas Übelkeit steigerte sich zu einem elektrisierenden Gefühl körperlichen Abscheus, als sich die drei vorderen Beinpaare des Transporters um ihre Brust schlossen und sich der haarige Hinterleib gegen ihren Rücken preßte. Ein scharfer Geruch überlagerte den Moderodem des Schachtes, als ein fingerdicker Strang aus nahezu unzerreißbarer Seide aus den Drüsen am Hinterleib des Tieres schoß und sofort am Fels festklebte, und einen Moment später fühlte sich Kara in die Höhe gehoben, und dann begann der Beinahe-Sturz in die Tiefe.

Die Transporter bewegten sich so rasch, wie Spinndrüsen die Seide produzieren konnten. Der Stamm zur Linken und die gemauerte Wand des Schachtes zur Rechten rasten nur so an ihnen vorbei. Kara dachte flüchtig daran, was ihr alles passieren würde, wenn sie mit der steinernen Wand auf der einen oder dem steinharten Holz auf der anderen Seite kollidierte.

Doch natürlich würde das nicht geschehen. Die Transporter waren verläßlich und präzise arbeitende Züchtungen, die so gut wie nie einen Fehler begingen.

Trotzdem kam ihr die rasende Fahrt in die Tiefe endlos vor.

Die Luft wurde schlechter, aber die Helligkeit nahm eher noch zu, denn die Leuchtbakterien hatten sich hier unten unkontrolliert zu vermehren begonnen. Kara betrachtete die leuchtenden Flecken voller Sorge. Sie verstand nicht sehr viel von Biochemie, wußte aber, daß die winzigen, lichtspendenden Organismen äußerst aggressiv waren. Ihr blauer Schein war nicht umsonst zu haben.

Ganz allmählich begann sich ihre Umgebung zu verändern.

Die gemauerte Schachtwand neben ihnen wies immer schwerere Beschädigungen auf: große, ausgezackte Löcher, hinter denen Erdreich, Felstrümmer oder auch nur Schwärze zu sehen war, und einmal rasten sie auf ein Gewirr aus zerborstenen Balken zu, das wie eine tödliche Gabel mit verbogenen Zinken aus der Wand ragte. Aber die Transporter passierten die Stelle so schnell und geschickt, daß Kara nicht einmal genug Zeit fand zu erschrecken, ehe das Balkengewirr auch schon wieder in der blauen Dunkelheit über ihnen verschwand.