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»Dann kann ich... nicht weiter mit Eurer Unterstützung rechnen?« fragte Angella zögernd.

»Mehr kann ich nicht für Euch tun, ja«, antwortete Gendik. »Es darf nichts mehr geschehen, keine Versteckspiele mehr, keine Abenteuer und Husarenstücke.« Er klatschte in die Hände, und fast im gleichen Moment betrat Elder den Raum.

Gendik deutete auf ihn.

»Ihr kennt ja Hauptmann Elder. Er wird Euch von jetzt an auf Schritt und Tritt begleiten. Falls Ihr irgendwelche Wünsche habt, so wendet Euch nur an ihn. Ich werde dafür sorgen, daß er weitreichende Vollmachten erhält.«

»Elder?« Angella schüttelte zornig den Kopf. »Als Aufpasser, meint Ihr?«

»Ich denke, das Wort Begleiter macht es Euch leichter. Bitte, glaubt mir, daß ich Euch helfen will, Angella. Aber mir sind die Hände gebunden.«

»Dann betet, daß das noch lange Zeit so bleibt«, sagte Angella zornig. »Denn es könnte gut sein, daß bald jemand kommt, der sie Euch abreißt!«

10

Sie verließen den Gouverneurspalast so rasch, daß Hrhon, der sie begleitet hatte, aber in der Halle hatte warten müssen, beinahe nicht mit ihnen Schritt halten konnte. Angella zitterte, ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Kara konnte regelrecht spüren, wie es hinter der goldenen Halbmaske brodelte.

Ihre Lehrmeisterin hatte sich nicht einmal mehr die Zeit genommen, sich formell von Gendik zu verabschieden, sondern war zornig aufgesprungen und aus dem Zimmer gestürmt. Dabei war Kara mittlerweile fast sicher, daß Gendik die Wahrheit gesagt hatte: Er konnte ihnen nicht helfen, selbst wenn er gewollt hätte.

Aber das machte ihn in Karas Augen auch nicht sympathischer.

Endlich beruhigte sich Angella so weit, daß sie ein wenig langsamer ging und ihre Hände zu zittern aufhörten. Kara warf einen Blick über die Schulter, ehe sie zu ihr aufschloß. Hrhon watschelte in einiger Entfernung hinter ihnen her und hatte noch immer Mühe, nicht den Anschluß zu verlieren, während Elder dem Waga mit einigem Abstand folgte und gar nicht erst versuchte, aufzuschließen.

Es fiel Kara schwer, die richtigen Worte zu finden. »Ist es wahr, was Gendik gesagt hat? Daß... daß die Menschen uns fürchten?«

Angella zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht fürchten sie uns, aber das ist normal.«

»Normal!« ächzte Kara. »Aber wir sind ihre Freunde!«

»Falsch!« antwortete Angella mit einem bitteren, durch und durch humorlosen Lachen. »Wir sind ihre Beschützer, nicht ihre Freunde. Der starke Arm, den sie rufen, wenn sie in Gefahr sind. Gendik hat recht: Ohne uns würden noch immer Jandhis Drachen über dieses Land herrschen. Wir haben diese Welt in weniger als einem Menschenalter zu dem gemacht, was sie ist. Und trotzdem fürchten sie uns. Oder vielleicht gerade deshalb.«

»Aber wieso?«

»Weil ihnen unsere Stärke ihre eigene Schwäche vor Augen führt«, antwortete Angella. »Außerdem verhalten die Menschen sich immer so: Sie rufen verzweifelt nach Kriegern, wenn sie sie brauchen. Aber wenn die Gefahr vorüber ist, beginnen sie sich zu fragen, ob sie den mächtigen Verbündeten wirklich noch brauchen. Zuerst kommt das Mißtrauen, dann die Furcht, und schließlich folgen Verachtung und Haß.« Sie gab einen bitter klingenden Laut von sich. »Vielleicht hätten wir ein paar von Jandhis Drachen entkommen lassen sollen, damit die Menschen von Zeit zu Zeit daran erinnert werden, wozu es uns gibt.«

»Dann ist... alles wahr, was du Gendik erzählt hast?« fragte Kara zögernd.

»Nein«, schnappte Angella wütend. »Ich habe mir alles nur ausgedacht!«

»Du hast... mir nie etwas davon erzählt«, sagte Kara.

Angella seufzte. »Ja. Vielleicht war das ein Fehler. Auch ich bin nicht vollkommen.«

Ein solches Eingeständnis hörte man selten aus Angellas Mund. Aber Kara kam nicht dazu, eine entsprechende Bemerkung zu machen, denn Angella blieb plötzlich stehen. Unsicher sah sie sich um.

»Was ist los?« fragte Kara. Ihre Hand sank unwillkürlich auf den Schwertgriff herab.

Angella deutete mit einer Kopfbewegung auf eine Gruppe von fünf oder sechs Männern, die zwanzig Schritte vor ihnen standen und sie anstarrten. Dann entdeckte Kara einen zweiten Trupp, nicht sehr weit entfernt, und als sie sich herumdrehte, tauchte hinter Elder, der ihnen in zwanzig Schritt Abstand gefolgt war, eine Gruppe von sieben oder acht Gestalten auf.

Elder registrierte Karas Blick und wandte sich besorgt um.

Einen Moment lang verhielt er mitten in der Bewegung, dann beeilte er sich mit weit ausgreifenden Schritten, zu Angella und Kara aufzuschließen, wobei er an Hrhon vorbeistürmte.

»Das sieht nicht gut aus«, sagte er.

Angella nickte. »Ein Hinterhalt!« Auch ihre Hand bewegte sich zum Gürtel, aber sie fand nichts. Angella trug selten eine Waffe; und schon gar nicht, wenn sie zu einer Audienz beim Herrn von Schelfheim ging.

Aber wahrscheinlich brauchte sie auch keine Waffe. Sie waren vier gegen fünfzehn, aber dieses Verhältnis war nicht so schlecht, wie es aussah. Hrhon allein wog sechs oder acht von ihnen auf, und Elder war kein Schwächling. Sie...

Aus dem Schatten einer Toreinfahrt löste sich eine weitere Fünfergruppe. Karas Blick glitt aufmerksam über die Gesichter vor ihr. Es waren grobschlächtige, schmutzige Gesichter mit wilden Augen. Die meisten Kerle hielten gleich mehrere Waffen in den Händen. Schwerter, Keulen, Messer, Sicheln und kurze Speere, manche hatten auch nur eine Latte, die mit rostigen Nägeln verziert war.

»Nett«, murmelte Kara. Mit dem Daumen der rechten Hand löste sie die Verriegelung ihres Schwertes, »Was wollen die Typen?«

»Ssschläghe, vhermhuthe isss«, zischelte Hrhon.

Elder warf ihm und Kara gleichzeitig einen warnenden Blick zu. »Seid still«, sagte er hastig. »Das ist ernst.« Er fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. »Tut nichts, habt ihr verstanden? Überlaßt mir das Reden.«

Was das Reden anging, so hatte Kara nichts dagegen. Aber sie schloß vorsichtshalber die Hand um den Schwertgriff. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich auch Hrhon spannte.

Elder straffte die Schultern und trat den Burschen entgegen, die sich mittlerweile auf der Straße vor ihnen aufgebaut hatten.

Kara mußte sich nicht herumdrehen, um zu wissen, daß es hinter ihnen genauso aussah.

»Was wollt ihr?« fragte Elder mit fester Stimme, die nichts von seiner Nervosität verriet. »Gebt den Weg frei!«

Natürlich rührte sich niemand. Elders Hand senkte sich auf den Schwertgriff; aber es war eine Geste, die eher demonstrativ als drohend wirkte. Sie tat allerdings keine Wirkung. Kara sah, daß sein Daumen wiederholt einen der kleinen Zierknöpfe auf seinem Gürtel drückte. Was sollte das?

»Ich bin Hauptmann Elder von der Stadtwache!« versuchte es Elder noch einmal. »Ich befehle euch, den Weg freizugeben!«

Wieder reagierte niemand.

Elder wartete einen Moment vergebens darauf, daß irgend etwas geschah, während sein Finger weiterhin hektisch auf seinem Gürtel herumdrückte. Dann trat er einen Schritt zurück und zog seine Laserwaffe. »Das ist die letzte Warnung! Gebt den Weg frei!«

Die Reaktion auf seine Worte fiel anders aus, als er erhofft hatte: Die Menge vor ihnen rückte geschlossen einen Schritt vor, dann löste sich eine einzelne Gestalt aus dem Mob und deutete auf Hrhon.

»Wir wollen ihn haben, Hauptmann. Wir haben keinen Streit mit Euch. Geht. Wir wollen nur dieses Vieh. Und die beiden Hexen.«

Elder war einen Augenblick ehrlich verblüfft. Dann machte sich Zorn auf seinen Zügen breit. Mit einem Ruck hob er den Laser und zielte auf das Gesicht des Burschen vor sich. »Bist du völlig von Sinnen, Kerl?« brüllte er. »Was glaubst du, wo wir hier sind? Und wen du vor dir hast? Gib den Weg frei, oder ich schieße dich über den Haufen! Ich spaße nicht!«