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Keuchend sah sie sich um. Die Straße glich einem Schlachthaus. Zahlreiche Männer lagen tot oder schwer verwundet auf dem Boden, und überall war Blut. Elder bearbeitete noch immer seinen Gürtel und schrie: »Offizier in Not! Wir brauchen Hilfe!«

»Verdammt noch mal, halt endlich das Maul!« schrie Kara.

Gleichzeitig erwehrte sie sich eines weiteren Angriffs und sah sich erneut wild um. Sie brauchten einen Fluchtweg.

Der Angriff der Gegner verlor jedoch an Schwung. Noch immer zuckten Schwerter und Knüppel nach ihnen, aber die Angreifer beschränkten sich jetzt darauf, sie in Atem zu halten.

Keiner kam ihnen nahe genug, daß sie ihn treffen konnten.

Natürlich bemerkten auch Angella und Elder diesen Umstand. »Was ist los?« murmelte Angella. »Das gefällt mir nicht.«

»Vielleicht haben sie genug«, keuchte Elder.

»Da stimmt etwas nicht«, entgegnete Angella schweratmend.

Sie hatte recht.

Als wäre ihre Bemerkung ein Stichwort gewesen, zogen sich die Angreifer plötzlich ein gutes Stück zurück und gaben eine Gasse frei.

Vor Kara und den anderen stand der größte Hornkopf, den sie je gesehen hatte.

Es war eine Termite, fünf oder mehr Meter lang und mit einem Schädel, der allein so breit wie Hrhons ganzer Körper war. Ihre schnappenden Zangen waren länger als Karas Arme.

Kara erstarrte für einen Moment. Sie hatte von solchen Giganten gehört, seltene Mutanten, die in den großen Strahlenwüsten des Westens lebten, aber noch niemals einen gesehen, geschweige denn gegen ein solches Monstrum gekämpft.

»Großer Gott!« flüsterte Elder. »Wie um alles in der Welt haben sie diese Bestie in die Stadt bekommen, ohne daß wir es merkten?!«

»Du hast vielleicht Sorgen, Elder«, murmelte Angella. »Warum fragst du sie nicht?«

Kara hörte kaum hin. Ihr war etwas aufgefallen, von dem sie nicht einmal wußte, ob es etwas bedeutete. Einer der Männer, derselbe, der am Anfang mit Elder gesprochen hatte - hatte sich jetzt zu der Termite herumgedreht und starrte sie an. Seine linke Hand lag auf einem kleinen Kästchen an seinem Gürtel.

Es sah aus, als... als spräche er mit dem Hornkopf, dachte Kara verstört. Sie verscheuchte den Gedanken.

»Passst auf ssseinhe Sssanghen aufh«, sagte Hrhon. »Whenn whir ihn ahllhe sssuhssammhen anghreifhen, habhen whir einhe Ssshansshe.«

»Was!« rief Elder verwirrt.

Angella winkte ab. »Vergeßt es. Wir müssen versuchen, seine Beine zu erwischen. Wenn wir drei oder vier davon kappen, ist er harmlos.«

So weit die Theorie. Die Praxis sah allerdings anders aus, denn Hrhon stieß plötzlich ein markerschütterndes Gebrüll aus, rannte die vor ihm stehenden Männer einfach über den Haufen und stürzte sich mit erhobenen Armen auf den Hornkopf. Es dröhnte, als schlüge ein Riesenhammer auf einen noch größeren Amboß, als seine Fäuste auf den Schädel der Termite krachten. Der Hieb hätte ausgereicht, einen ausgewachsenen Bullen auf der Stelle zu töten.

Das Rieseninsekt schien den Schlag nicht einmal zu spüren.

Seine fürchterlichen Mandibeln schnappten zusammen, und aus Hrhons Kampfgebrüll wurde ein erschreckendes Kreischen.

Blitzartig zog er Beine und Kopf in seinen Panzer zurück, wodurch er sich vollends in eine zu groß geratene Schildkröte verwandelte. Der Hornkopf bewegte zornig den Schädel hin und her. Kara hörte, wie der Panzer des Waga zu knirschen begann.

»Wir müssen ihm helfen!« schrie Angella. »Los!«

Nebeneinander stürmten sie los, aber sie erreichten den Hornkopf nicht, denn in diesem Moment griffen die Banditen wieder an. Und obwohl sie Hrhons Ausfall schwächte, trieben sie die Männer im allerersten Moment noch zurück.

Allerdings nicht für sehr lange.

Sie hatten zu nachdrücklich bewiesen, wie gut sie in der Lage waren, sich ihrer Haut zu wehren, so daß niemand mehr versuchte, sie wirklich zu treffen. Die Männer beschränkten sich lediglich darauf, die beiden Drachenkämpferinnen und den Gardehauptmann aufzuhalten; im übrigen bauten sie darauf, daß ihr sechsbeiniger Verbündeter den Hauptteil der Arbeit für sie übernahm.

Kara brachte inmitten eines wüsten Hagels von Schlägen das Kunststück fertig, einen Blick zu Hrhon und dem Hornkopf hinüberzuwerfen, und was sie sah, ließ sie zusammenzucken.

Der Hornkopf hielt Hrhon noch immer mit den Zangen gepackt und schüttelte ihn wild. Er hockte wie eine riesige, mißgestaltete Spinne auf der Straße, mit weit gespreizten Beinen und zitterndem Hinterleib. Offenbar legte er alle Kraft in seine Kiefer, um den Panzer des Waga zu zerbrechen. Kara wußte, wie hart die Schale des Waga war. Aber die Kräfte dieses gigantischen Insektenmonstrums mußten einfach unvorstellbar sein.

Karas Blick suchte den Mann, den sie vorhin bei der Termite gesehen hatte. In ein paar Augenblicken würde der Hornkopf Hrhon getötet haben, und dann würde er sich zweifellos mit Angella, Elder und ihr befassen. Auf seine ganz persönliche Art. Kara verschaffte sich mit einem wütenden Schwerthieb Luft und sprang mit einem Salto über den Kopf eines verblüfften Banditen hinweg. Dann fuhr sie herum und sah sich drei weiteren Gegnern gegenüber - und dem Mann, den sie gesucht hatte.

Zwei Dinge machten ihren Verdacht zur Gewißheit: Der Schmutz auf dem Gesicht war nicht echt, sondern vor nicht allzu langer Zeit künstlich aufgetragen worden. Außerdem waren seine Augen auffällig. Es waren die Augen eines Kriegers, die sie mit einem einzigen Blick taxierten. Wer immer dieser Mann sein mochte - er gehörte ganz bestimmt nicht zu dieser Bande von Halsabschneidern hinter ihr, die sie wahrscheinlich nur angriffen, weil man ihnen Geld dafür gab.

Kara machte eine Bewegung aus dem Handgelenk und schlug einen Mann nieder, fast ohne es zu bemerken. »Wie ist es?« fragte sie schweratmend. »Nur du und ich?«

Im allerersten Moment schien ihr Gegenüber ehrlich verblüfft zu sein - aber dann reagierte er genauso, wie Kara gehofft hatte: In seinen Augen flammte es spöttisch auf. Mit einer Handbewegung scheuchte er die anderen Männer zurück und hob gleichzeitig seine Waffe. Kara sah, daß das Schwert in gewisser Weise seinem Gesicht ähnelte. Der Schmutz und Rost darauf waren sorgsam aufgetragen worden. Darunter verbarg sich eine Klinge, die ihrer ebenbürtig war.

»Du weißt nicht, was du tust, Kindchen«, sagte er. »Aber bitte. Ganz wie du willst.«

Er griff an, und schon seine allerersten Bewegungen verrieten Kara, daß auch er ein ebenbürtiger Gegner war.

Ein ganzer Hagel von Hieben und Stichen ließ sie zurücktaumeln. Er hätte sie mit dem zweiten oder dritten Hieb erledigen können, hätte er es gewollt. Aber er wollte es nicht. Statt dessen gefiel er sich darin, Katz und Maus mit ihr zu spielen und ihr zwei schmerzhafte, blutende Schnitte auf beiden Handrücken zuzufügen.

Kara sprang mit einem Keuchen zurück und betrachtete verblüfft ihre Hände. Sie hatte nicht einmal gespürt, daß er sie getroffen hatte.

Der Bursche grinste und wechselte spielerisch das Schwert von der rechten in die linke Hand. »Nun, Kleines«, feixte er. »Überrascht? Dabei habe ich noch gar nicht richtig angefangen.« Er machte einen Ausfall, dem Kara mit Mühe und Not entging, und lachte blasiert. Einen schwachen Punkt hatte er also doch, dachte Kara. Dummerweise nutzte ihr diese Erkenntnis im Moment nicht viel.

Ein Schatten flog über sie hinweg, als der Hornkopf Hrhon mit einer einzigen Bewegung über die Straße und gegen die Wand eines Hauses schleuderte. Die Wand brach krachend zusammen, und Hrhon blieb inmitten eines Hagels aus niederstürzenden Trümmern und Staub liegen. Er regte sich nicht mehr.

Kara duckte sich unter einem weiteren Hieb, tat so, als wolle sie nach links ausweichen, und machte dann einen blitzschnellen Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Ihr Gegner fiel nicht darauf herein, sondern konterte mit einem Schlag, der ihre Deckung fast mühelos durchbrach und sie von der Hüfte bis zur Achsel aufgeschlitzt hätte, hätte sie nicht die Jacke aus Drachenleder geschützt. Aber auch so prallte sie mit einem Schmerzensschrei zurück, glitt in einer Blutlache aus und fiel auf den Rücken. Sofort war der Fremde über ihr und setzte ihr die Schwertspitze an die Kehle.