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»Mir waren die Hände gebunden«, verteidigte sich Elder. »Was hätte ich tun sollen? Rusman der Lüge bezichtigen? Oder etwa Gendik?«

»Der Lüge? Wie meint Ihr das?« Angellas Interesse war erwacht.

Elder druckste einen Moment herum. »Vielleicht ist es auch nur ein Irrtum«, sagte er ausweichend. »Jemand kann einfach einen Fehler gemacht haben. Aber mein Laser...« Er zögerte noch einmal, dann stieß er mit sichtlicher Anstrengung hervor:

»Er war völlig in Ordnung. Ich habe ihn aufgehoben, nachdem der Hornkopf fort war, und noch drei oder vier Schüsse abgegeben. Ihr habt es nicht gemerkt, weil Ihr mit dem Waga und mit Kara beschäftigt wart. Aber er funktionierte tadellos.«

»Genauso wie Euer Sender, vermute ich.« Angella schürzte verächtlich die Lippen. »Ihr solltet Euch überlegen, ob Ihr für die richtigen Leute kämpft, Elder. Das Leben ihrer Untergebenen scheint Euren Herren nicht viel wert zu sein.«

Elder sah immer unglücklicher aus. »Bitte, Angella«, sagte er. »Zwingt mich nicht, eine Entscheidung zu treffen, die ich nicht fällen will. Ich bin nur ein einfacher Soldat, der nichts von Politik versteht. Ich weiß nicht, was hier vorgeht. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es wirklich wissen will.«

»Ein bequemer Standpunkt«, erklärte Kara spöttisch.

Angella brachte sie mit einem Blick zum Schweigen, ehe sie sich wieder an Elder wandte. »Ihr wollt mir damit also sagen, daß Rusman gelogen hat.«

»Jemand hat gelogen«, antwortete Elder betont. »Es muß nicht Rusman gewesen sein. Er ist ein ehrlicher Mann.« Nervös fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Er wich Angellas Blick aus. »Aber sie haben einen Dämpfer. Ich bin ganz sicher.«

»Was ist das?« fragte Kara, »ein Dämpfer?«

»Ein technisches Gerät«, antwortete Angella an Elders Stelle. »Es stammt noch aus der alten Welt. Ich selbst habe noch nie einen gesehen, aber davon gehört. Dämpfer sind sehr selten. Angeblich sollen sie jede andere technische Apparatur in einem gewissen Umkreis lahmlegen.«

»Und das Steuergerät, das der Fremde trug?«

Angella zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war es der Dämpfer.« Sie lachte rauh. »Sollte es so sein, dann verstehe ich, daß Rusmans Techniker so enttäuscht waren, daß du es zerschlagen hast.«

Sie stand auf. »Es ist spät geworden. Laßt uns schlafen gehen. Die Nacht ist kurz, und wir haben eine anstrengende Reise vor uns.«

Elder blickte sie völlig verwirrt an, aber nach einem Moment schien er zu begreifen, daß Angella jetzt einfach nicht mehr reden wollte. Er verabschiedete sich mit dem Versprechen, am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang wiederzukommen; nach einer Weile verließen auch Weller und Hrhon das Zimmer.

Kara hielt Angella mit einer Handbewegung zurück, als auch sie gehen wollte. Es gab noch eine Frage, die sie bewegte.

»Was du vorhin gesagt hast, Angella«, sagte sie. »War der Fremde wirklich besser als ich?«

»Es würde deinen Stolz verletzen, wenn es so wäre, nicht wahr?« erwiderte Angella. Sie schüttelte den Kopf, als Kara widersprechen wollte. »Wenn du ganz ehrlich zu dir bist, dann kannst du dir diese Frage allein beantworten, Kara. Und wenn nicht... nun, ich werde sie dir beantworten, wenn du mir zuvor eine andere beantwortest.«

»Und welche?« Kara hatte das Gefühl, daß es besser gewesen wäre, das Thema nicht anzusprechen.

»Als er dich am Boden hatte, da hast du um dein Leben gefleht«, sagte Angella. »War das wirklich nur eine List? Oder meintest du deine Worte ernst?«

Kara senkte betroffen den Blick. Sie wußte es nicht. Die Verlockung, sich auf eine List herauszureden, war groß - aber sie war nicht sicher, ob es wirklich die Wahrheit gewesen wäre.

»Ich verlange nicht, daß du mir antwortest«, sagte Angella sanft. »Aber vielleicht solltest du darüber nachdenken, daß es Fragen gibt, die man besser nicht stellt.«

13

Obwohl sie drei Tage und Nächte ununterbrochen geschlafen hatte, sank sie wenige Augenblicke später in einen tiefen Schlummer, aus dem sie erst nach Sonnenaufgang erwachte.

Traumlos war ihr Schlaf nur in den ersten Stunden gewesen, danach verwandelte er sich in ein wirres Durcheinander von Bildern und Farben. Sie glaubte, Schreie zu hören und ein Zittern und Beben zu spüren, als wäre die ganze Welt aus den Fugen geraten, aber sie sah nur dann und wann ein verzerrtes Gesicht, ohne es zu erkennen.

Dann wachte sie auf. Verwirrt hob sie die Lider und starrte die weißgetünchte Decke über sich an. Sie fühlte sich benommen. In ihrem Mund klebte ein schlechter Geschmack, und in ihren Ohren dröhnte ein Rauschen - und die Schreie waren immer noch da.

Alarmiert schwang Kara die Beine aus dem Bett und richtete sich auf. Ein scharfer Schmerz zuckte durch ihre Schulter. Sie verzog das Gesicht, massierte sich flüchtig den Oberarm und griff nach der Schlinge, die am Bettpfosten hing. Erst als sie sie übergestreift und den Arm hineingelegt hatte, stand sie auf und trat ans Fenster.

Nichts.

Wellers Hof lag verlassen da, aber das Gefühl, daß irgend etwas passiert war, verdichtete sich fast zur Gewißheit. Sie eilte zum Bett zurück, schlüpfte in ihre Kleider und verließ das Zimmer.

Im Haus herrschte helle Aufregung. Sie hörte hastige Schritte und laute Stimmen. Was war geschehen? Sie hielt die erste Gestalt an, die an ihr vorüberkam, aber sie geriet an einen Hornkopf, der sie nur blöde anglotzte. Kara versetzte ihm einen Stoß und eilte weiter.

In der Küche war niemand, und auch die übrigen Zimmer waren leer, aber auf dem Hof traf sie Hrhon, der gerade ebenso ungeschickt wie erfolglos versuchte, auf ein Pferd zu steigen.

Das Tier wehrte sich heftig. Wahrscheinlich gefiel es ihm nicht, von einem Reiter bestiegen zu werden, der fast soviel wog wie es selbst.

»Hrhon!« rief Kara. »Hör auf, das arme Tier zu quälen, und sag mir lieber, was hier los ist. Was soll die Aufregung?«

Hrhon hielt in seinen fruchtlosen Bemühungen inne, auf das Pferd zu klettern, und wandte sich zu ihr um.

»Der Hhohchwhehgh!« keuchte er aufgeregt. »Er ihsssth uhmghefhallhen!«

Kara stand da wie vom Donner gerührt. »Wie bitte?« keuchte sie.

»Er ihsssth uhmghefhallhen!« wiederholte Hrhon. »Eihnfhahch shoh! Bhuuuhm!«

Einen Wimpernschlag lang stand Kara reglos da und starrte den Waga an, dann sprang sie mit einem Satz die zwei Stufen zum Hof hinunter, stieß Hrhon einfach beiseite und sprang selbst in den Sattel des Pferdes.

»Worauf wartest du?« schrie sie. »Such dir ein anderes Pferd, das dich trägt, und dann komm! Wo sind überhaupt Angella und die anderen?«

»Bheim Fffheilher«, antwortete Hrhon. Er sah sich wild nach einem anderen Reittier um.

Was für eine dumme Frage, dachte Kara. Wo sollten sie sonst sein? Sie verspürte einen flüchtigen Ärger, daß Angella es nicht einmal für nötig gehalten hatte, sie zu wecken. Aber wahrscheinlich waren sie alle einfach zu aufgeregt gewesen.

Hrhon rannte zum Tor, und Kara war ihm kaum gefolgt, als sie auch schon einsah, wie wenig ihr das Pferd nutzte: auf den Straßen herrschte ein solches Gedränge und Chaos, daß sie mit dem Tier schon nach Augenblicken hoffnungslos steckenblieb.

Sie stieg aus dem Sattel und ließ das Pferd einfach stehen.

Hrhon versuchte, mit seinen mächtigen Körperkräften einen Weg für sich und Kara zu bahnen, doch obwohl er alles andere als zimperlich dabei vorging, kamen sie kaum von der Stelle.

Jeder einzelne Einwohner Schelfheims schien auf den Beinen zu sein. Die Luft hallte wider von Schreien und Pfiffen, und der Boden schien unter dem Gewicht Tausender hämmernder Füße zu zittern. Mehrmals fürchtete Kara, von Hrhon getrennt zu werden, und einmal verlor sie den breiten Rückenschild des Waga tatsächlich aus den Augen, fand ihn aber wieder, ehe sie in Panik geraten konnte.