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Kara fror plötzlich wieder. Elders Eröffnung hätte sie eigentlich nicht überraschen dürfen, und doch erschütterten sie seine Worte bis ins Innerste. Er hatte recht. Der Alptraum, auf den Angella sie und alle anderen ihr Leben lang vorbereitet hatte, war zur Wirklichkeit geworden. Sie fragte sich, ob es wirklich Zufall war, daß Angella das erste Opfer dieser Invasion geworden war oder nur eine besondere Ironie des Schicksals.

»Du wolltest... irgend etwas beschädigen, damit sie nicht weg können«, sagte sie stockend.

Elder sah sich einen Moment lang suchend um, dann hob er die Schultern. »Ich denke, ich kümmere mich erst einmal um den Burschen auf dem Turm«, sagte er. »Ich habe gern den Rücken frei. Warte hier!« Ehe Kara ihn zurückhalten konnte, schlüpfte er aus der Tür und war verschwunden.

Er blieb nicht sehr lange fort. Nach kaum einer Minute hörte Kara eine Reihe gedämpfter, metallisch klingender Laute; kurz darauf kam Elder zurück.

»Was hast du getan?«

»Dafür gesorgt, daß sie so schnell hier nicht wegkommen«, antwortete Elder. »Wenigstens hoffe ich das.«

Kara blickte fragend.

»Das hier scheint eine Art Schiff zu sein, das unter Wasser fahren kann«, erklärte Elder. »Ich bin gespannt, wie sie das anstellen, ohne das Turmluk zu schließen.«

Sie verließen die Kammer, kletterten wieder in die Tiefe und passierten unbehelligt den Ausgang, durch den sie hergekommen waren. Der Boden des nächsten Ganges lag noch vier oder fünf Meter unter ihnen, als das Licht plötzlich von blau zu rot wechselte und zu pulsieren begann. Gleichzeitig zerriß ein heulender, an- und abschwellender Ton die Luft.

»Verfluchter Mist!« schimpfte Elder. »Sie müssen den Posten gefunden haben!« Er überwand das letzte Stück der Leiter mit einem gewagten Satz, drehte sich in der gleichen Bewegung, in der er die Kraft des Sprunges abfederte, einmal um seine Achse und gab Kara dann mit einer Geste zu verstehen, daß sie ihm folgen sollte. Dann flog plötzlich eine Tür in Elders Rücken auf, und einer der Blauuniformierten stürmte heraus. Elder schlug ihn nieder und fing ihn auf, ehe er zu Boden stürzen konnte.

Mit vereinten Kräften schleiften sie den Mann in den Raum zurück, aus dem er gekommen war.

Elder ließ ihn zu Boden sinken, band ihm die Hände auf dem Rücken zusammen und versuchte, ihm den Helm abzunehmen.

Kara sah sich um, während Elder mit dem ledernen Kinnriemen des Helmes kämpfte. Sie befanden sich in einer kleinen, offensichtlich für vier Männer gedachten Kabine: an beiden Wänden rechts und links der Tür standen vier Betten, jeweils zwei übereinander, der restliche verbliebene Raum wurde fast völlig von vier Spinden und einem an der Wand verschraubten Tisch eingenommen. An den Spindtüren hingen bunte Bilder.

»Hier!« Elder hatte den Helm endlich dem Mann vom Kopf gezogen und hielt ihn Kara hin. Sie setzte ihn auf, und die Welt war plötzlich um eine Nuance dunkler, doch sie sah keine Bilder wie Elder zuvor.

Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt, als sie die Kabine hinter Elder wieder verließ. Sie näherten sich den Stimmen und Geräuschen, die aus einem Raum am Ende des langen Korridors drangen. Obwohl im Schiff noch immer die Alarmsirenen widerhallten, begegnete ihnen niemand mehr. Entweder befand sich der Großteil der Besatzung tatsächlich nicht an Bord, oder alle Männer hatten bereits Gefechtsposition bezogen, als der Alarm losging.

Zwei Schritte vor der Tür bedeutete Elder Kara mit Handzeichen, vorsichtiger zu sein. Sie preßten sich rechts und links des Durchganges gegen die Wand, lauschten einen Moment, dann schob sich Kara weiter und lugte vorsichtig durch die Tür in den dahinterliegenden Raum.

Im ersten Moment erkannte sie nichts außer einem verwirrenden Durcheinander. Der Raum wirkte winzig, weil sämtliche Wände, ja sogar die Decke und der Boden mit Instrumenten, Skalen, Bildschirmen und anderen technischen Geräten versehen war. Ein knappes Dutzend Männer stand oder saß an diesen Apparaturen, und genau gegenüber der Tür prangte ein gewaltiger, dreidimensionaler Monitor, ganz ähnlich den Geräten, die Kara im Drachenfels gesehen hatte; nur viel größer und mit einem viel schärferen Bild.

Als ihr Blick das Bild auf dem Monitor erfaßte, wurde ihr klar, wie sie unbehelligt so weit hatten vordringen können. Der Alarm galt nicht ihnen. Der Monitor zeigte den Abschnitt des Strandes, auf dem die Männer mit ihren kleinen Flugscheiben niedergegangen waren. Immer wieder zuckten grüne und rote Lichtblitze zum oder vom Himmel, Männer hetzten wild durcheinander, schossen oder wurden selbst von großen, über den Himmel fegenden Schatten unter Feuer genommen. Elders Leute waren gekommen. Und offensichtlich ließen sie sich doch nicht ganz so leicht vom Himmel schießen, wie Elder befürchtet hatte.

Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf einen Mann, der mit dem Rücken zur Tür stand und mit lauter Stimme in ein Mikrofon sprach. »Diver vier an Diver eins und drei. Wir haben hier Schwierigkeiten. Ich glaube, wir kommen allein zurecht, aber es ist wahrscheinlich besser, wenn ihr erst einmal auf Distanz bleibt.«

Diver vier? Bedeutete das, daß es noch drei weitere von diesen Ungeheuern aus Eisen gab? Elder hatte recht gehabt - es war eine Invasion.

Elder machte eine Geste, und Kara reagierte so schnell und präzise, als wären sie ein seit langer Zeit perfekt aufeinander eingespieltes Team: mit einer fast gleichzeitigen Bewegung drehten sich beide durch die Tür und blieben rechts und links des Einganges stehen. Kara zog ihr Schwert und setzte die Spitze der meterlangen Klinge an die Halsschlagader eines Mannes, der unweit der Tür vor einem Pult saß und auf der Stelle erstarrte. Elder zog mit einer ebenso schnellen Bewegung seine Pistole und zielte auf den Mann am Bildschirm.

Von allen hier im Zentralraum reagierte er als allererster, obwohl er wahrscheinlich der Kommandant dieses Bootes war.

Jedes Wort in dem halbrunden Raum verstummte. Eine Sekunde lang schienen selbst die leise summenden Apparaturen den Atem anzuhalten, dann fuhr der Mann vor dem Bildschirm blitzschnell herum, versuchte seine Waffe zu ziehen - und fiel mit einem Schmerzlaut auf die Knie, als Elder ihm den Lauf seiner Waffe hart ins Gesicht schlug.

»Noch so eine Dummheit«, sagte Elder, »und ich erschieße dich. Und das gilt für jeden hier!«

Stöhnend richtete sich der Mann wieder auf, den Elder niedergeschlagen hatte. Aus einer Wunde über seiner Stirn lief Blut und malte eine gezackte rote Linie auf seine Wange. Sein Gesicht war verzerrt, aber nicht vor Schmerz oder Furcht - was Kara in seinen Augen las, war grenzenloses Entsetzen über ihr plötzliches Auftauchen, Offensichtlich überstieg die Vorstellung, daß es zwei Fremden gelungen sein sollte, unbemerkt in sein Allerheiligstes vorzudringen, einfach sein Fassungsvermögen. »Was wollt ihr?« stammelte er. »Wer seid ihr? Was wollt ihr hier!«

»Dein Schiff«, antwortete Elder. »Was sonst?«

Der Ausdruck von Fassungslosigkeit auf dem Gesicht des Kapitäns wich purem, unverfälschtem Entsetzen. »Ihr wollt... was?« krächzte er. »Ihr müßt... ihr müßt vollkommen verrückt sein!«

»Stimmt«, sagte Kara. »Du solltest das bedenken, bevor du irgend etwas tust.«

»Ihr habt keine Chance«, versuchte der Kapitän eine neue Taktik einzuschlagen. »Ihr kommt hier niemals lebend raus!«

»Möglich«, sagte Elder, schwenkte den Lauf seiner Laserpistole und gab einen einzelnen Schuß ab. Der dünne Lichtblitz fuhr in das Pult hinter dem Kapitän und verursachte eine funkensprühende Explosion. Flammen zügelten aus dem Pult, und zwei oder drei Männer wollten instinktiv aufspringen, um den Brand zu bekämpfen, erstarrten aber mitten in der Bewegung, als Elder drohend mit seiner Waffe gestikulierte.

»Ich kann weitermachen«, sagte er, »und hier alles kurz- und kleinschießen. Oder du legst das Schiff freiwillig auf Grund.«