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Heiße Pastete ging mit den anderen hinein.

Im hallenden Inneren eines Badehauses, das aus Balken und Steinen gebaut war, mußten sich die Gefangenen ausziehen und sich in Wannen mit brühendheißem Wasser abschrubben. Zwei furchterregende alte Frauen führten die Aufsicht und unterhielten sich über die Neuankömmlinge wie über Esel. Dann war Arya an der Reihe, und Gevatterin Amabel schnalzte angesichts des Zustandes ihrer Füße entsetzt mit der Zunge, während Gevatterin Harra die Schwielen an ihren Händen befühlte, die vom Üben mit Needle herrührten.»Die hast du vom Butterstampfen, möchte ich wetten«, sagte sie.»Ein Bauernmädchen, nicht wahr? Nun, macht nichts, Mädchen, hier kannst du es zu mehr bringen, wenn du hart arbeitest. Und wenn du faul bist, bekommst du Schläge. Wie heißt du?«

Arya wagte ihren richtigen Namen nicht zu verraten, doch Arry taugte nun auch nicht mehr, denn das war ein

Jungenname, und hier im Bad war ihre Weiblichkeit nicht zu übersehen.»Wiesel. «Das fiel ihr als erstes ein.»Lommy hat mich Wiesel genannt.«

«Ich verstehe, warum«, schnaubte Gevatterin Amabel.»Dein Haar sieht zum Fürchten aus, da nisten bestimmt schon die Läuse drin. Wir müssen es abschneiden, dann kommst du in die Küche.«

«Ich würde mich lieber um die Pferde kümmern. «Arya mochte Pferde, und vielleicht konnte sie im Stall eins stehlen und fliehen.

Gevatterin Harra schlug ihr so heftig ins Gesicht, daß ihre geschwollene Lippe abermals aufplatzte.»Und halt den Mund, sonst setzt es was Schlimmeres. Niemand hat um deine Meinung gebeten.«

Das Blut in ihrem Mund schmeckte salzig. Arya senkte den Blick und erwiderte nichts. Wenn ich Needle noch hätte, würde sie sich das nicht trauen, dachte sie verdrossen.

«Lord Tywin und seine Ritter haben Stallburschen und Knappen, die ihre Pferde versorgen, und sie brauchen niemanden wie dich«, erklärte Gevatterin Amabel.»Die Küche ist gemütlich und sauber, dort brennt stets ein warmes Feuer, an dem man schlafen kann, und genug zu essen gibt es auch. Du hättest dich dort gut gemacht, wenn du ein kluges Mädchen wärst, aber ich sehe schon, das bist du nicht. Harra, ich glaube, wir sollten sie Weese überlassen.«

«Wenn du meinst, Amabel. «Sie reichten ihr einen Kittel aus grauer grober Wolle und ein paar Schuhe, die ihr schlecht paßten, und schickten sie weg.

Weese war der Unterhaushofmeister des Klageturms, ein gedrungener Mann mit einem dicken Karfunkel auf der Nase, einer Ansammlung feuerroter Pusteln in einem Mundwinkel und dicken Lippen. Arya war eine von sechs, die ihm überstellt wurden. Er betrachtete sie scharf wie ein Luchs.»Die

Lannisters erweisen sich jenen gegenüber, die ihnen dienen, großzügig, eine Ehre, die keiner von euch verdient hat, aber während des Krieges muß man mit dem vorlieb nehmen, was sich bietet. Arbeitet hart und vergeßt nicht, wo euer Platz ist, und eines Tages steigt ihr vielleicht soweit auf wie ich. Falls ihr jedoch glaubt, ihr könntet die Güte Seiner Lordschaft ausnutzen, werdet ihr mich kennenlernen. Verstanden?«Er schritt vor ihnen auf und ab und erklärte ihnen, daß sie den Hochgeborenen niemals in die Augen blicken dürften und nicht zu sprechen hätten, solange man sie nichts fragte.»Meine Nase hat mich noch nie betrogen«, prahlte er.»Ich rieche Trotz, ich rieche Stolz, ich rieche Ungehorsam. Und sollte ich eines davon wittern, werdet ihr euch dafür verantworten. Wenn ich an euch schnüffle, will ich nur Angst riechen.«

Daenerys

Auf den Mauern von Qarth schlugen Männer Gongs, um ihre Ankunft zu verkünden, während andere in eigentümliche Hörner in Form großer bronzener Schlangen stießen. Eine Kolonne Kamelreiter strömte als Ehrengarde zu den Toren hinaus. Die Reiter trugen kupferne Schuppenpanzer und Helme mit Schnauzen, die kupferne Hauer aufwiesen, und sie saßen auf Sätteln, die mit Rubinen und Granaten verziert waren. Ihre Kamele waren mit Decken in hundert verschiedenen Farbtönen verhüllt.

«Qarth ist die größte Stadt, die es je gab und jemals geben wird«, hatte Pyat Pree ihr noch in den Ruinen von Vaes Tolorro erklärt.»Es ist der Mittelpunkt der Welt, das Tor zwischen Nord und Süd, die Brücke zwischen Ost und West, älter als jede Erinnerung der Menschheit, und so prächtig, daß Saathos der Weise sich die Augen ausstach, nachdem er Qarth zum ersten Mal erblickt hatte, da er wußte, alles, was er hernach schauen würde, müsse im Vergleich dazu schäbig und häßlich sein.«

Dany hielt die Worte des Hexenmeisters für eine Übertreibung, obwohl man die Erhabenheit der großen Stadt nicht leugnen konnte. Drei starke, mit vielerlei Steinmetzarbeiten gestaltete Mauern umfaßten Qarth. Die äußere bestand aus rotem Sandstein; sie war dreißig Fuß hoch und mit Tieren geschmückt, Schlangen, Drachen, Fische, die sich mit Wölfen, gestreiften Pferden und riesigen Elefanten abwechselten. Die mittlere Mauer, vierzig Fuß hoch, war aus Granit und stellte kriegerische Szenen dar: Schwerter und Schilde krachten aufeinander, Speere und Pfeile flogen, Helden standen im Gefecht, Kinder wurden niedergemetzelt, große Haufen von Toten wurden verbrannt. Die innerste Mauer hatte eine Höhe von fünfzig Fuß und war aus schwarzem Marmor errichtet, und ihre Reliefs ließen Dany erröten, bis sie sich sagte, sie sei eine Närrin. Schließlich war sie keine Jungfrau mehr; wenn sie also die Mordszenen der grauen Mauer betrachten konnte, warum sollte sie dann die Augen vor Bildern von Männern und Frauen verschließen, die sich dem Vergnügen hingaben?

Die äußeren Tore waren mit Kupfer beschlagen, die mittleren mit Eisen, die inneren mit Gold. Alle öffneten sich vor Dany. Während sie ihre Silberstute in die Stadt lenkte, bestreuten Kinder ihren Weg mit Blüten. Sie trugen goldene Sandalen und bunte Farben auf der Haut, sonst nichts.

Die Farbenvielfalt, die sie in Vaes Tolorro vermißt hatte, fand sie bei ihrem Einzug nach Qarth; um sie herum drängten sich Gebäude in einem Fiebertraum aus Rosa, Violett und Umbra. Sie ritt unter einem Bronzebogen hindurch, der wie zwei sich paarende Schlangen gestaltet war; ihre Schuppen bestanden aus Jade, Obsidian und Lapislazuli. Schlanke Türme ragten höher auf, als Dany es je gesehen hatte, und prächtige Brunnen in Form von Greifen, Drachen und Mantikors schmückten jeden Platz.

Die Qarthener säumten die Straßen und beobachteten sie von grazilen Balkonen aus, die zu zerbrechlich wirkten, um das Gewicht von Menschen zu tragen. Sie waren ein großes hellhäutiges Volk, in Leinen und Samt und Tigerfell gekleidet, und in Daenerys' Augen war ein jeder von ihnen ein Lord oder eine Lady. Die Gewänder der Frauen ließen eine Brust frei, derweil die Männer mit Perlen bestickte Seidenröcke bevorzugten. Dany kam sich in ihrer Löwenfellrobe und mit dem schwarzen Drogon auf der Schulter schäbig und barbarisch vor. Ihre Dothraki nannten die Qarthener» Milchmenschen«, weil sie so bleich waren, und Khal Drogo hatte stets von dem Tag geträumt, an dem er die großen Städte des Ostens plündern würde. Sie warf einen Blick auf ihre

Blutreiter, deren dunkle Mandelaugen keinen Hinweis auf ihre Gedanken preisgaben. Sehen sie nur die Beute? fragte sie sich. Wie wild müssen wir diesen Qarthenern erscheinen.

Pyat Pree führte ihr kleines khalasar durch einen großen Bogengang, wo die uralten Helden der Stadt in dreifacher Lebensgröße auf Säulen aus weißem und grünem Marmor dargestellt waren. Sie durchquerten einen Basar in einem höhlenartigen Gebäude, dessen Gitterwerkdecke Tausenden bunter Vögel ein Heim bot. Bäume und Blumen wuchsen auf den Terrassen über den Ständen, derweil unten das Angebot an Waren so groß war, daß Dany meinte, die Götter hätten die ganze Welt zum Ausverkauf freigegeben.