Выбрать главу

Inzwischen lachte die Menge johlend… alle außer dem König. Joffrey hatte diesen Blick in den Augen, an den sich Sansa nur zu gut erinnerte, den gleichen Blick, mit dem er vor der Großen Septe von Baelor das Todesurteil für Lord Eddard Stark verkündet hatte. Schließlich gab Ser Dontos der Rote auf, setzte sich auf den Boden und nahm den mit einem Federbusch verzierten Helm ab.»Ich habe verloren«, rief er,»bringt mir Wein.«

Der König stand auf.»Ein Faß aus dem Keller! Ich will ihn darin ertrinken sehen!«

Sansa hörte, wie ihr der Atem stockte, als stünde sie neben sich.»Nein! Das könnt Ihr nicht tun.«

Joffrey wandte den Kopf zu ihr um.»Was habt Ihr gesagt?«

Sansa vermochte nicht zu glauben, daß sie gesprochen hatte. War sie denn von allen guten Geistern verlassen? Ihm vor versammeltem Hof zu widersprechen? Sie hatte doch überhaupt nichts dazu sagen wollen, allein… Ser Dontos war betrunken und dumm und zu nichts nütze, aber er wollte doch niemandem etwas Böses.

«Habt Ihr gesagt, ich könne das nicht tun? Ja?«

«Bitte«, flehte Sansa,»ich meinte lediglich… wäre es nicht ein schlechtes Vorzeichen, Euer Gnaden… an… an Eurem Namenstag einen Mann zu töten.«»Ihr lügt«, entgegnete Joffrey.»Ich sollte Euch gleich mit ihm ertränken, wenn Euch

soviel an ihm liegt.«

«Mir liegt überhaupt nichts an ihm, Euer Gnaden. «Die Worte lösten sich verzweifelt von ihrer Zunge.»Ertränkt ihn oder laßt ihm dem Kopf abschlagen, nur… tötet ihn morgen, wenn es Euch gefällt, aber bitte… nicht heute, nicht an Eurem Namenstag. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Euch diese Tat ein Unglück einbrächte… ein schreckliches Unglück, selbst für einen König, so berichten es die Sänger allerorten…«

Joffrey zog eine finstere Miene. Er wußte, daß sie log, sie sah es ihm an. Er würde sie dafür büßen lassen.

«Das Mädchen spricht die Wahrheit«, schnarrte der Bluthund.»Was ein Mann an seinem Namenstag sät, das erntet er das ganze Jahr hindurch. «Seine Stimme klang flach, als wäre es ihm gleich, ob ihm der König Glauben schenkte oder nicht. War es tatsächlich wahr? Sansa hatte das nicht gewußt. Sie hatte es nur vorgeschützt, weil sie einer Bestrafung entgehen wollte.

Unzufrieden setzte sich Joffrey wieder und schnippte mit den Fingern in Ser Dontos' Richtung.»Bringt ihn fort. Ich werde den Narren morgen töten lassen.«

«Das ist er wirklich«, sagte Sansa.»Ein Narr. Ihr seid so klug, es zu erkennen. Er ist besser geeignet, den Narren zu geben, denn als Ritter aufzutreten. Ihr solltet ihm das Narrenkleid anlegen lassen und ihn für Euch tanzen zu lassen. Die Gnade eines raschen Todes verdient er nicht.«

Der König musterte sie.»Vielleicht seid Ihr doch nicht so dumm, wie meine Mutter immer behauptet. «Er hob die Stimme.»Habt Ihr meine Dame gehört, Dontos? Von heute an seid Ihr mein neuer Hofnarr. Ihr werdet das Narrenkostüm anziehen.«

Ser Dontos, schlagartig ernüchtert, da er dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen war, kroch auf die Knie.»Ich danke Euch, Euer Gnaden. Und Euch, Mylady. Danke.«

Während er von den Wachen der Lannisters hinausgeführt wurde, trat der Turniermeister an die Loge heran.»Euer Gnaden«, fragte er,»soll ich einen neuen Gegner für Brune suchen, oder sollen wir mit dem nächsten Tjost fortfahren?«

«Weder noch. Dies sind Mücken, keine Ritter. Ich würde sie alle töten lassen, wäre nicht heute mein Namenstag. Das Turnier ist vorbei. Schafft sie mir aus den Augen.«

Der Turniermeister verneigte sich, doch Prinz Tommen gebärdete sich weniger gehorsam.»Ich sollte doch gegen den Strohmann antreten.«

«Heute nicht.«

«Aber ich will!«

«Das ist mir einerlei.«

«Mutter hat gesagt, ich dürfe reiten.«

«Das hat sie wirklich«, stimmte Myrcella zu.

«Mutter hat gesagt«, äffte der König sie nach.»Seid nicht so kindisch.«

«Wir sind aber Kinder«, entgegnete Myrcella hochmütig.»Und man erwartet von uns, kindisch zu sein.«

Der Bluthund lachte.»Da hat sie recht.«

Joffrey gab sich geschlagen.»Also gut. Sogar mein Bruder wird nicht schlechter tjostieren als die anderen. Turniermeister, laßt die Stechpuppe herausbringen, Tommen möge es diesen Mücken gleichtun.«

Tommen stieß einen Jubelschrei aus und rannte auf seinen pummeligen kleinen Beinen los, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.»Viel Glück!«rief Sansa ihm nach.

Während das Pony des Prinzen gesattelt wurde, stellte man am gegenüberliegenden Ende der Bahn die Stechpuppe auf. Tommens Gegner war ein Lederkrieger von der Größe eines Kindes, der mit Stroh ausgestopft war, auf einem drehbaren Zapfen saß und in der einen Hand einen Schild und in der anderen eine gepolsterte Keule hielt. Jemand hatte ihm ein Geweih am Kopf befestigt. Joffreys Vater, König Robert, hatte ein Geweih an seinem Helm getragen, erinnerte sich Sansa… aber ebenso sein Onkel Lord Renly, Roberts Bruder, der Hochverräter, der sich selbst zum König gekrönt hatte.

Zwei Knappen schnallten dem Prinzen die verzierte silberne und purpurrote Rüstung an. Ein hoher Federbusch wuchs aus der Spitze des Helms, und auf dem Schild tummelten sich der Löwe der Lannisters und der gekrönte Hirsch des Hauses Baratheon. Die Knappen halfen Tommen beim Aufsteigen, und Ser Aron Santagar, der Waffenmeister des Red Keep, trat vor und reichte ihm ein stumpfes, silbernes Langschwert mit blattförmiger Klinge in der Größe, die eine achtjährige Hand halten konnte.

Tommen hob das Schwert.»Casterly Rock!«rief er mit seiner schrillen Knabenstimme, gab dem Pony die Sporen und ritt über die gestampfte Erde auf die Stechpuppe zu. Lady Tanda und Lord Gyles stimmten schwachen Jubel an, und Sansa fiel in ihre Anfeuerungen mit ein. Der König brütete schweigend vor sich hin.

Tommen brachte sein Pony zum flotten Trab, fuchtelte heftig mit dem Schwert und versetzte dem Schild des Ritters im Vorbeireiten einen kräftigen Hieb. Die Stechpuppe drehte sich, die gepolsterte Keule schwang herum und traf den Prinzen hart am Hinterkopf. Tommen flog aus dem Sattel, und seine neue Rüstung klapperte wie ein Sack voll alter Töpfe, als er auf dem Boden landete. Das Schwert fiel ihm aus der Hand, das Pony rannte durch den Burghof, und sofort erhob sich spöttisches Geschrei. König Joffrey lachte am längsten und lautesten.

«Oh!«rief Prinzessin Myrcella. Sie kletterte aus der Loge und lief zu ihrem kleinen Bruder hinunter.

Sansa verspürte in ihrer Ausgelassenheit plötzlich eigentümlichen Mut.»Ihr solltet sie begleiten«, sagte sie zum

König.»Euer Bruder könnte verletzt sein.«

Joffrey zuckte mit den Schultern.»Und wenn schon?«

«Ihr könntet ihm aufhelfen und ihm sagen, wie gut er geritten ist. «Sansa vermochte ihre Zunge nicht im Zaum zu halten.

«Er ist vom Pferd geworfen worden und im Dreck gelandet«, wandte der König ein.»Das verstehe ich nicht gerade unter >gut gerittene.«

«Seht«, unterbrach ihn der Bluthund.»Der Junge hat Mut. Er versucht es noch einmal.«

Sie halfen Prinz Tommen, abermals aufzusteigen. Wenn doch nur Tommen an Joffreys Statt der Ältere wäre, dachte Sansa. Ihn würde ich gern heiraten.

In diesem Augenblick wurden sie von dem Lärm überrascht, der vom Torhaus herüberhallte. Ketten rasselten, als das Fallgitter hochgezogen wurde, und unter dem Quietschen der eisernen Angeln öffnete sich das Tor.»Wer hat ihnen erlaubt, das Tor zu öffnen?«wollte Joff wissen. Angesichts der Unruhen in der Stadt waren die Tore des Red Keep seit Tagen geschlossen.