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«Es kommen keine Lebensmittel in die Stadt, oder?«fragte er Vylarr.

«Nur sehr wenig«, gestand der Hauptmann ein.»Angesichts des Kriegs in den Flußlanden und Lord Renlys Rebellen in Highgarden sind die Straßen nach Süden und Westen gesperrt.«

«Und was hat meine liebe Schwester bislang dagegen unternommen?«

«Sie bemüht sich, den Königsfrieden wiederherzustellen«, versicherte ihm Vylarr.»Lord Slynt hat die Stärke der Stadtwache verdreifacht, und die Königin hat tausend Handwerker für Arbeiten an den Befestigungsanlagen in ihre Dienste genommen. Die Steinmetze verstärken die Mauern, die Zimmerleute bauen Katapulte zu Hunderten, die Pfeilmacher stellen Pfeile her, die Schmiede fertigen Klingen an, und die Gilde der Alchimisten haben zehntausend Gefäße mit Seefeuer versprochen.«

Tyrion rutschte unbehaglich im Sattel hin und her. Gewiß gefiel es ihm, daß Cersei nicht untätig herumsaß, doch Seefeuer war ein gefährliches Zeug, und zehntausend Gefäße konnten ganz King's Landing in Asche verwandeln, da es, einmal entzündet, selbst mit Wasser nicht zu löschen war.»Wie hat meine Schwester das Geld aufgebracht, um das alles zu bezahlen?«König Robert hatte die Krone hochverschuldet hinterlassen, was kein Geheimnis war, und Alchimisten handelten selten aus Menschenliebe.

«Lord Littlefinger findet stets einen Weg, Mylord. Er hat eine Steuer für jeden erhoben, der in die Stadt hineinwill.«

«Ja, das könnte vielleicht funktionieren«, sagte Tyrion und dachte: Gerissen. Gerissen und grausam. Zehntausende waren vor den Kämpfen nach King's Landing geflohen, weil sie sich dort in Sicherheit wähnten. Er hatte sie auf der Kingsroad gesehen, Heere von Müttern und Kindern und verängstigten Vätern, die seine Pferde und Wagen mit begehrlichen Blicken angestarrt hatten. Wenn sie die Stadt erreichten, würden sie ihren ganzen Besitz geben müssen, um diese hohen, tröstlichen Mauern zwischen sich und den Krieg zu bringen… falls sie allerdings über das Seefeuer Bescheid wüßten, würden sie sich die Sache vielleicht zweimal überlegen.

Das Wirtshaus mit dem Zeichen des gebrochenen Ambosses stand in Sichtweite dieser Mauer, nahe dem Tor der Götter, durch das sie am Morgen die Stadt betreten hatten. Als sie in den Hof einritten, eilte ein Bursche herbei, um Tyrion aus dem Sattel zu helfen.»Führt Eure Männer zurück in die Burg«, forderte der Zwerg Vylarr auf.»Ich werde die Nacht hier verbringen.«

Der Hauptmann sah ihn unschlüssig an.»Seid Ihr hier in Sicherheit, Mylord?«

«Nun, was das betrifft, als ich das Wirtshaus heute morgen verlassen habe, war es voller Black Ears. In Gegenwart von Chella, Tochter des Cheyk, ist man nie wirklich in Sicherheit. «Tyrion watschelte auf die Tür zu und überließ es Vylarr, sich auf diese Antwort einen Reim zu machen.

Ausgelassenes Stimmengewirr begrüßte ihn, als er den Schankraum betrat. Er hörte Chellas kehliges Kichern und Shaes helles, wohlklingendes Lachen heraus. Das Mädchen saß am Ofen vor einem runden Holztisch und nippte Wein, zusammen mit den drei Black Ears, die er zu ihrer Bewachung zurückgelassen hatte, und einem rundlichen Mann, der ihm den Rücken zukehrte. Der Wirt, nahm er an… bis Shae Tyrion beim Namen rief und der Unbekannte sich erhob.»Mein edler Lord, ich bin so froh, Euch zu sehen«, stieß er überschwenglich hervor und zeigte das weiche Lächeln eines Eunuchen auf

seinem gepuderten Gesicht.

Tyrion stockte.»Lord Varys. Ich habe Euch hier nicht erwartet. «Mögen die Anderen ihn holen, wie hat er sie so schnell gefunden?

«Vergebt mir meine Aufdringlichkeit«, entschuldigte sich Varys.»Mich trieb der plötzliche Drang, Eure junge Lady kennenzulernen.«

«Junge Lady«, wiederholte Shae und ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen.»Zur Hälfte habt Ihr recht, M'lord. Ich bin jung.«

Achtzehn, dachte Tyrion. Achtzehn, und eine Hure, mit wachem Verstand, geschickt wie eine Katze zwischen den Laken, mit großen dunklen Augen und feinem schwarzen Haar und einem süßen, sanften, hungrigen kleinen Mund… und sie gehört mir! Sei verdammt, Eunuch.»Ich fürchte, ich bin der Aufdringliche, Lord Varys«, erwiderte er mit gezwungener Höflichkeit.»Als ich eintrat, ging es am Tische gerade höchst fröhlich zu.«

«M'lord Varys hat Chella zu ihren Ohren beglückwünscht und gesagt, sie müsse viele Männer getötet haben, um so eine schöne Kette zu haben«, erklärte Shae ihm. Es gefiel ihm gar nicht, wie Shae Varys in diesem Ton M'lord nannte; so nannte sie ihn immer bei ihren Spielchen in den Federn.»Und Chella hat ihm gesagt, nur Feiglinge würden die Besiegten töten.«

«Tapferer ist es, den Mann leben zu lassen, damit er Gelegenheit finden kann, die Schande auszulöschen, indem er sich sein Ohr zurückholt«, erläuterte Chella, eine kleine dunkle Frau, die an einer grausigen Kette um den Hals nicht weniger als sechsundvierzig getrocknete, schrumpelige Ohren trug. Irgendwann hatte Tyrion sie gezählt.»Allein auf diese Weise kann man beweisen, daß man seine Feinde nicht fürchtet.«

Shae johlte.»Und M'lord hat gesagt, wenn er ein Black Ear wäre, würde er niemals schlafen, weil er bestimmt von

einohrigen Männern träumen würde.«

«Nun, diesem Problem werde ich mich niemals stellen müssen«, warf Tyrion ein.»Ich fürchte meine Feinde, und deshalb töte ich sie alle.«

Varys kicherte.»Werdet Ihr ein wenig Wein mit uns trinken, Mylord?«

«Gewiß doch. «Tyrion setzte sich neben Shae. Wenn Chella und das Mädchen auch nicht begriffen, was hier vor sich ging, er verstand es sehr gut. Varys überbrachte eine Botschaft. Als er sagte: Mich trieb der plötzliche Drang, Eure junge Lady kennenzulernen, meinte er: Ihr habt versucht, sie zu verstecken, doch ich wußte, wo sie sich aufhielt und wer sie ist. Und jetzt bin ich hier. Er fragte sich, wer ihn verraten hatte. Der Gastwirt, der Stallbursche, eine Wache am Tor… oder einer seiner eigenen Leute?

«Ich reite stets gern durch das Tor der Götter in die Stadt ein«, erzählte Varys Shae, während er die Becher neu füllte.»Die Reliefs am Torhaus sind wunderschön, und jedesmal muß ich weinen, wenn ich sie sehe. Die Augen… sie sind so ausdrucksvoll, findet Ihr nicht auch? Sie scheinen einem zu folgen, wenn man unter dem Fallgatter hindurchreitet.«