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«So war es auch. Seines Vaters Vater war Daeron Targaryen, der Zweite Seines Namens, und er hat Dorne dem Reich angeschlossen. Ein Teil des Bündnisses bestand darin, daß er eine dornische Prinzessin heiratete. Sie schenkte ihm vier Söhne. Aemons Vater war der jüngste, und Aemon dessen dritter Sohn. Nun ja, all das trug sich zu, bevor ich geboren wurde, auch wenn Smallwood mich immer viel älter macht.«

«Maester Aemon wurde nach dem Drachenritter benannt.«

«Genau. Manche behaupten, Prinz Aemon sei König Daerons wirklicher Vater gewesen, nicht Aegon der Unwerte. Mag es sein, wie es will, unserem Aemon fehlte es an der kriegerischen Natur des Drachenritters. Er sagt gern, er führe das Schwert langsam, doch sein Verstand schneide scharf und schnell. Kein Wunder, daß sein Großvater ihn zur Citadel geschickt hat. Er war erst neun oder zehn, glaube ich… und zudem der neunte oder zehnte in der Thronfolge.«

Maester Aemon zählte über hundert Namenstage, das wußte Jon. Gebrechlich, verhutzelt, runzlig und blind war er, und so konnte Jon ihn sich kaum als einen Jungen in Aryas Alter vorstellen.

Mormont fuhr fort:»Aemon saß also bereits über seinen Büchern, da starb der älteste seiner Onkel, der wahrscheinlichste Erbe, bei einem Unfall während eines Turniers. Er hatte zwei Söhne, doch diese folgten ihm bald ins Grab, während der Großen Frühjahrsseuche. König Daeron fand ebenfalls den Tod, und so ging die Krone an Daerons zweiten Sohn Aerys.«

«Den Irren König?«Jon war verwirrt. Aerys war vor Robert König gewesen, und das war doch noch nicht so lange her.

«Nein, an Aerys den Ersten. Der, den Robert gestürzt hat, war der zweite dieses Namens.«

«Vor wie langer Zeit war das?«

«Vor ungefähr achtzig Jahren«, sagte der Bär,»und ich war noch immer nicht geboren, aber Aemon hatte schon ein halbes Dutzend Glieder seiner Maesterkette geschmiedet. Aerys heiratete seine Schwester, wie es bei den Targaryens Sitte ist, und herrschte zehn oder zwölf Jahre. Aemon legte sein Gelübde ab und trat in die Dienste eines kleinen Lords… bis sein königlicher Onkel ohne Nachkommen verschied. Der Eiserne Thron ging an den letzten von König Daerons vier Söhnen. Das war Maekar, Aemons Vater. Der neue König rief seine Söhne an den Hof und hätte Aemon in seinen Rat aufgenommen, aber dieser weigerte sich, da dieser Sitz rechtmäßig einem Grand Maester zustände. Statt dessen diente er im Turm seines ältesten Bruders, eines anderen Daeron. Nun, er starb ebenfalls und hinterließ lediglich eine schwachsinnige Tochter als Erbin. Er hatte sich irgendeine Krankheit von einer Hure geholt, glaube ich. Der nächste Bruder war Aerion.«

«Aerion der Ungeheuerliche?«Jon kannte den Namen.»Der Prinz, der sich für einen Drachen hielt «war eine von Old Nans schaurigsten Geschichten. Sein kleiner Bruder Bran hatte sie immer besonders gern gehört.

«Eben der, wenngleich er sich auch selbst Aerion Leuchtflamme nannte. Während einer durchzechten Nacht trank er einen Krug Seefeuer, nachdem er seinen Freunden geschworen hatte, dadurch würde er sich in einen Drachen verwandeln, aber statt dessen verwandelte er sich in eine Leiche. Kaum ein Jahr danach fiel König Maekar in einer Schlacht gegen einen abtrünnigen Lord.«

Jon war in der Geschichte seines Landes durchaus bewandert; dafür hatte sein Maester gesorgt.»Das war das Jahr des Großen Rates«, sagte er.»Die Lords übergingen Prinz Aerions kleinen Sohn und Prinz Daerons Tochter und gaben die Krone an Aegon weiter.«

«Ja und nein. Zuerst haben sie die Krone in aller Stille Aemon angeboten. Und in aller Stille hat er sie abgelehnt. Die Götter hätten ihn zum Dienen bestellt, nicht zum Herrschen sagte er ihnen. Er habe ein Gelübde abgelegt und würde es nicht brechen, obwohl der Hohe Septon ihn davon entbinden wollte. Nun, niemand wollte Aerions Blut auf dem Thron, und Daerons Mädchen war eine Frau und zudem schwachen Verstandes, daher blieb ihnen keine andere Wahl und sie wandten sich an Aemons jüngeren Bruder — Aegon, der Fünfte Seines Namens. Aegon der Unwahrscheinliche, nannten sie ihn, da er als vierter Sohn eines vierten Sohnes geboren worden war. Aemon wußte, wenn er am Hofe seines Bruders bliebe, würden ihn dessen Feinde gegen Aegon ausspielen wollen, und deshalb legte er das Schwarz an. Und an der Mauer lebte er, während sein Bruder und seines Bruders Sohn und dessen Sohn herrschten und starben, bis Jaime Lannister der Linie der Drachenkönige ein Ende bereitete.«

«König«, krächzte der Rabe. Der Vogel flatterte durch das Solar und landete auf Mormonts Schulter.»König«, wiederholte er und stolzierte hin und her.»Das Wort gefällt ihm. «Jon lächelte.»Es ist leicht auszusprechen. Und leicht zu mögen.«»König«, kreischte der Vogel abermals.»Er scheint sich für Euch eine Krone zu wünschen, Mylord.«»Das Reich hat bereits drei Könige, und das sind für meinen Geschmack zwei zuviel. «Mormont streichelte den Raben mit dem Finger unter dem Schnabel, sah dabei jedoch Jon Snow unverwandt an.

Jon bekam ein eigentümliches Gefühl.»Mylord, warum habt Ihr mir das alles über Maester Aemon erzählt?«

«Brauche ich dafür einen Grund?«Mormont setzte sich zurecht und runzelte die Stirn.»Dein Bruder Robb wurde zum König des Nordens gekrönt. Du und Aemon, ihr habt etwas gemeinsam: einen König zum Bruder.«

«Und noch etwas«, meinte Jon.»Ein Gelübde. «Der Alte Bär gab ein lautes Schnauben von sich, und der Rabe ergriff die Flucht und flatterte im Kreis durch den Raum.»Gib mir für jedes Gelübde, das ich gebrochen gesehen habe, einen Mann, und der Mauer wird es nie wieder an Verteidigern mangeln.«

«Ich habe immer gewußt, daß Robb Lord von Winterfell werden würde.«

Mormont pfiff, und der Vogel flog zu ihm und setzte sich auf seinen Arm.»Ein Lord ist eine Sache, ein König eine ganz andere. «Er bot dem Raben eine Handvoll Korn aus seiner Tasche an.»Deinen Bruder werden sie in Seide und Samt in hundert Farben kleiden, während sich dein Leben und dein Tod in schwarzer Rüstung abspielen werden. Er wird eine wunderschöne Prinzessin ehelichen und Söhne zeugen. Du wirst keine Ehefrau haben und auch niemals ein Kind deines eigenen Blutes im Arm halten. Robb wird herrschen, du wirst dienen. Die Menschen werden dich Krähe nennen. Ihn dagegen werden sie mit Euer Gnaden anreden. Sänger werden jede Winzigkeit lobpreisen, die er tut, während sich selbst für deine größten Heldentaten niemand interessiert. Sag mir, nichts von dem würde dich ärgern, Jon… und ich werde dich der Lüge bezichtigen und damit recht behalten.«

Jon richtete sich auf, bis er angespannt wie eine Bogensehne dastand.»Und wenn es mich ärgert, was könnte ich schon dagegen unternehmen, als der Bastard, der ich bin.«

«Was willst du denn unternehmen?«fragte Mormont,»als der Bastard, der du bist?«

«Mich ärgern«, antwortete Jon,»und meinem Gelübde treu bleiben.«

Catelyn

Die Krone ihres Sohnes kam frisch aus der Schmiede, und Catelyn Stark schien es, das Gewicht des Metalls laste schwer auf Robbs Stirn. Die alte Krone der Könige des Winters war vor drei Jahrhunderten verlorengegangen; sie wurde an Aegon, den Eroberer, übergeben, als Torrhen Stark vor ihm niederkniete und sich unterwarf. Was Aegon damit gemacht hatte, entzog sich dem Wissen der Welt. Lord Hosters Schmied hatte gute Arbeit geleistet, und Robbs neue Krone glich ganz jener verschollenen, soweit man dies anhand der Geschichten über die alten Starkkönige beurteilen konnte. In einen offenen Reif aus Bronze waren die Runen der Ersten Menschen eingraviert, und die neun Eisenzacken waren in Form von Langschwertern gestaltet. Auf Gold und Silber und Edelsteine hatte man verzichtet, Bronze und Eisen waren die Metalle des Winters, dunkel und robust genug, um gegen die Kälte bestehen zu können.