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Während sie in Riverruns Großer Halle warteten, bis der Gefangene vorgeführt würde, schob Robb die Krone zurück, so daß sie auf seinem rötlichbraunen Haarschopf ruhte. Kurz darauf zog er sie wieder nach vorn; etwas später drehte er sie ein wenig zur Seite, als würde sie so leichter auf seiner Stirn sitzen. Eine Krone zu tragen, ist nicht einfach, dachte Catelyn, besonders nicht für einen Fünfzehnjährigen.

Schließlich brachten die Wachen den Gefangenen, und Robb verlangte nach seinem Schwert. Olyvar Frey reichte es ihm mit dem Heft voran, und ihr Sohn zog die Klinge aus der Scheide und legte sie blank quer über seine Knie, damit alle sie sehen konnten.»Euer Gnaden, hier ist der Mann, nach dem Ihr verlangt habt«, verkündete Ser Robin Ryger, der Hauptmann der Leibgarde der Tullys.

«Kniet vor dem König, Lannister!«rief Theon Greyjoy. Ser Robin drückte den Häftling auf die Knie nieder.

Er sieht nicht aus wie ein Löwe, dachte Catelyn. Dieser Ser Cleos Frey war ein Sohn von Lady Genna, einer Schwester von Lord Tywin Lannister, aber ihm fehlten die legendäre Schönheit der Lannisters, das blonde Haar und die grünen Augen. Statt dessen hatte er die dünnen braunen Locken, das fliehende Kinn und das schmale Gesicht von Ser Emmon Frey geerbt, dem zweiten Sohn des alten Lords Walder. Seine Augen waren blaß und matt, und ohne Unterlaß blinzelte er, was allerdings ebenso auf das Licht zurückzuführen sein konnte. Die Kerker unter Riverrun waren düster und feucht… und in letzter Zeit zudem überfüllt.

«Erhebt Euch, Ser Cleos. «Die Stimme ihres Sohnes war nicht so eisig, wie die seines Vater geklungen hätte, aber trotzdem schien sie kaum einem fünfzehnjährigen Jungen zu gehören. Der Krieg hatte ihn vor seiner Zeit zum Mann gemacht. Das Morgenlicht glänzte schwach auf der Klinge, die quer über seinen Knien lag.

Dennoch war es nicht das Schwert, das Ser Cleos Frey ängstigte; es war die Bestie. Grey Wind hatte ihr Sohn sie genannt. Ein Schattenwolf, groß wie eine Dogge, schlank und rauchgrau, mit Augen wie geschmolzenes Gold. Als das Tier nach vorn tapste und an dem Ritter schnüffelte, stieg jedem in der Halle der Angstgeruch des Mannes in die Nase. Ser Cleos war nach der Schlacht im Flüsterwald gefangengenommen worden, wo Grey Wind einem halben Dutzend Männer die Kehle herausgerissen hatte.

Der Ritter erhob sich schwankend und mit solcher Eilfertigkeit, daß einige der Umstehenden lachten.»Danke, Mylord.«

«Euer Gnaden!«brüllte Lord Umber, der Greatjon, der schon immer der lauteste von Robbs Vasallen gewesen war…

und außerdem der treueste und furchteinflößendste, jedenfalls behauptete er das von sich. Er hatte als erster den Vorschlag gemacht, Catelyns Sohn zum König des Nordens zu krönen, und er duldete keine #Ehr Verletzung seines neuen Souveräns.

«Euer Gnaden«, berichtigte sich Ser Cleos hastig.»Verzeihung.«

Verwegenheit kann man ihm nicht nachsagen, dachte Catelyn. Er war eher ein Frey denn ein Lannister. Sein Vetter, der Königsmörder, hätte sich gewiß anders verhalten. Aus Ser Jaime Lannisters Mund mit den makellosen Zähnen hätten sie diese Anrede niemals gehört.»Ich habe Euch aus dem Kerker holen lassen, damit Ihr Eurer Kusine Cersei Lannister in King's Landing eine Nachricht überbringt. Ihr werdet unter dem Banner des Friedens reisen, und dreißig meiner besten Männer werden Euch eskortieren.«

Ser Cleos war die Erleichterung deutlich anzumerken.»Ich werde der Königin die Botschaft seiner Gnaden mit Freuden aushändigen.«

«Versteht mich nicht falsch«, erwiderte Robb.»Ich schenke Euch nicht die Freiheit. Euer Großvater Lord Walder hat mir die Unterstützung des Hauses Frey versprochen. Viele Eurer Vettern und Onkel sind an unserer Seite in den Flüsterwald geritten, doch Ihr habt Euch entschieden, unter dem Banner des Löwen zu streiten. Also seid Ihr ein Lannister, kein Frey. Daher gelobt mir auf Eure Ehre als Ritter, daß Ihr meine Botschaft überbringen und mit der Antwort der Königin zurückkehren und Euch wieder in meine Gefangenschaft begeben werdet.«

Ser Cleos sagte sofort:»Ich gelobe es!«

«Jedermann in dieser Halle hat Eure Worte gehört«, warnte Catelyns Bruder, Ser Edmure Tully, der anstelle ihres im Sterben liegenden Vaters für Riverrun und die Lords vom Trident sprach.»Falls Ihr nicht zurückkehrt, wird das ganze

Reich von Eurem Eidbruch erfahren.«

«Ich werde meinen Schwur halten«, entgegnete Ser Cleos steif.»Wie lautet die Botschaft?«

«Es ist ein Friedensangebot. «Robb erhob sich mit dem Langschwert in der Hand. Grey Wind eilte an seine Seite. In der Großen Halle trat Stille ein.»Teilt der königlichen Regentin mit, daß ich das Schwert in die Scheide stecken und diesen Krieg beenden werde, wenn sie auf meine Bedingungen eingeht.«

Catelyn sah, wie sich die große, hagere Gestalt von Lord Rickard Karstark durch die Reihen der Wachen schob und den Saal verließ. Ansonsten rührte sich niemand. Robb schenkte der Unterbrechung keine Beachtung.»Olyvar, das Dokument«, befahl er. Der Knappe nahm das Schwert an sich und reichte dem König ein zusammengerolltes Pergament.

Robb öffnete es.»Erstens: Die Königin muß meine Schwester freigeben und ihnen ein sicheres Schiff anbieten, um von King's Landing nach White Harbor zu reisen. Das Verlöbnis zwischen Sansa und Joffrey Baratheon gilt als gelöst. Sobald ich von meinem Kastellan in Winterfell die Nachricht erhalte, daß meine Schwester dort unversehrt eingetroffen ist, werde ich die Vettern der Königin, die Knappen Willem Lannister und Euren Bruder Tion Frey, freilassen und sie bis nach Casterly Rock eskortieren lassen, oder wohin auch immer.«

Catelyn Stark hätte zu gern die Gedanken gelesen, die sich hinter jedem dieser Gesichter, den gefurchten Stirnen und den aufeinandergepreßten Lippen verbarg.

«Zweitens: Die Gebeine meines Hohen Vaters werden an uns ausgehändigt, damit er an der Seite seines Bruders und seiner Schwester in der Gruft unter Winterfell bestattet werden kann, wie er es gewünscht hätte. Auch die Leichname der Männer seiner Leibgarde, die in seinem Dienst in King's

Landing den Tod fanden, werden uns übergeben.«

Lebende Männer waren gen Süden gezogen, kalte Knochen würden zurückkehren. Ned hat am Ende recht behalten, dachte sie. Sein Platz war in Winterfell, und das hatte er auch stets betont, aber habe ich auf ihn gehört? Nein. Geh, habe ich ihm gesagt, du mußt Roberts Rechte Hand werden, zum Guten unseres Hauses, zum Besten unserer Kinder… mein Werk war es, mein Werk ganz allein…

«Drittens: Das Großschwert meines Vaters, Ice, wird mir hierher nach Riverrun überbracht.«

Sie betrachtete ihren Bruder Ser Edmure Tully, der dastand und die Daumen in seinen Schwertgürtel gehakt hatte. Sein Gesicht war zu Stein erstarrt.

«Viertens: Die Königin wird ihrem Vater Lord Tywin befehlen, jene meiner Ritter und Vasallen freizulassen, die er in der Schlacht am Grünen Arm des Trident gefangengenommen hat. Nachdem er dies getan hat, werde ich ebenfalls die Gefangenen freigeben, die wir im Flüsterwald nahmen, alle, außer Jaime Lannister, der weiterhin meine Geisel bleiben wird.«

Sie betrachtete Theon Greyjoys verschlagenes Grinsen und fragte sich, was es zu bedeuten hätte. Der junge Mann hatte eine bestimmte Art, sich den Anschein zu geben, er verstünde versteckte Scherze, die anderen gänzlich verborgen blieben; Catelyn hatte das noch nie gemocht.