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«Das Ding ist keineswegs purpurrot«, wandte Ser Brynden ein,»und auch die Farbe der Tullys ist es nicht, das schlammige Rot des Flusses. Blut ist es, Kind, Blut, das über den ganzen Himmel verschmiert ist.«

«Das unsere? Oder ihres?«

«Gab es je einen Krieg, in dem nur die eine Seite bluten mußte?«Ihr Onkel schüttelte den Kopf.»Die Flußlande sind von Blut überschwemmt, um das God's Eye herum brennt das Land. Die Kämpfe haben sich im Süden bis zum Blackwater, im Norden über den Trident bis fast zu den Twins ausgedehnt. Marq Piper und Karyl Vance haben ein paar kleine Siege errungen, und dieser Lord aus dem Süden, Beric Dondarrion, jagt die Plünderer, fällt über Lord Tywins Banditen her und zieht sich rasch wieder in die Wälder zurück. Es heißt, Ser

Burton Crakehall hätte damit geprahlt, er habe Dondarrion erschlagen, bis er seine Männer in eine von Lord Berics Fallen geführt und alle verloren hat.«

«Einige von Neds Gardisten aus King's Landing sind bei diesem Lord Beric«, erinnerte sich Catelyn.»Mögen die Götter sie beschützen.«

«Dondarrion und dieser rote Priester in seinem Gefolge sind schlau genug, sich nicht erwischen zu lassen, falls man die Geschichten glauben darf«, sagte ihr Onkel,»aber über die Vasallen deines Vaters hört man traurige Dinge. Robb hätte sie niemals ziehen lassen dürfen. Wie Wachteln haben sie sich verteilt, und jeder Mann wollte sein eigenes Land verteidigen, doch das war töricht, Cat, töricht. Jonos Bracken wurde bei den Kämpfen um seine Burgruine verwundet, sein Neffe Hendry ist gefallen. Tytos Blackwood hat die Lannisters von seinem Land vertrieben, nur haben sie jede Kuh und jedes Schwein und alle Getreidevorräte mitgenommen, so daß er jetzt nur noch Raventree Hall und eine verbrannte Ödnis sein eigen nennen darf. Die Leute von Darry haben zwar den Bergfried ihres Lords zurückerobert, konnten ihn jedoch kaum zwei Wochen halten, bevor Gregor Clegane über sie hergefallen ist und die ganze Garnison niedergemacht hat, sogar den Lord.«

Catelyn war entsetzt.»Darry war doch noch ein Kind.«

«Ja, und dazu der letzte seines Geschlechts. Der Junge hätte ein hübsches Lösegeld erbracht, allerdings scheint Gold einem geifernden Hund wie Gregor Clegane nichts zu bedeuten. Der Kopf dieser Bestie wäre ein edles Geschenk für alle Menschen des Reiches, das schwöre ich.«

Catelyn wußte um Ser Gregors üblen Ruf, und dennoch…»Sprecht mir nicht von Köpfen, Onkel. Cersei hat Neds auf die Mauern des Red Keep gespießt und den Krähen und Fliegen überlassen. «Selbst jetzt noch vermochte sie kaum zu glauben, daß er wirklich tot war. Des Nachts wachte sie manchmal auf, und im Dunklen und halbwach glaubte sie dann einen Augenblick lang, er liege neben ihr.»Clegane ist lediglich Lord Tywins Handlanger. «Denn Tywin Lannister — Lord von Casterly Rock, Wächter des Westens, Vater von Königin Cersei, Ser Jaime, dem Königsmörder, und Tyrion, dem Gnom, Großvater von Joffrey Baratheon, dem gekrönten Kindkönig — stellte die wahre Gefahr dar, glaubte Catelyn.

«Wie wahr, wie wahr«, räumte Ser Brynden ein.»Und Tywin Lannister ist kein Narr. Er sitzt sicher in den Mauern von Harrenhal, läßt sein Heer sich an unserer Ernte gütlich tun und brennt nieder, was er nicht selbst braucht. Gregor ist nicht der einzige Hund, den er von der Leine gelassen hat. Ser Armory Lorch ist ebenfalls aufs Schlachtfeld gezogen, und manche seiner Söldner aus Qohor verstümmeln die Menschen nur und töten sie nicht. Ich habe gesehen, was sie hinter sich zurücklassen. Ganze Dörfer werden niedergebrannt, Frauen vergewaltigt und grausam verstümmelt, ermordete Kinder werden nicht begraben und locken Wölfe und wilde Hunde an… da drehen sich selbst die Toten im Grabe um.«

«Wenn Edmure davon hört, wird er toben.«

«Genau das liegt in Lord Tywins Absicht. Selbst Schrecken hat seinen Sinn, Cat. Lannister will uns reizen und zur Schlacht herausfordern.«

«Robb wird ihm vermutlich seinen Wunsch erfüllen«, erwiderte Catelyn unwirsch.»Er ist unruhig wie eine Katze, und Edmure und der Greatjon und die anderen werden ihn drängen. «Gewiß, ihr Sohn hatte zwei große Siege errungen, er hatte Jaime Lannister im Flüsterwald niedergerungen und sein führerloses Heer in der Schlacht der Lager draußen vor den Mauern von Riverrun geschlagen, und schon sprachen manche seiner Vasallen von ihm, als sei er der wiedergeborene Aegon der Eroberer.

Brynden Blackfish zog die buschigen Augenbrauen hoch.

«Diese Narren! Meine erste Regel im Krieg lautet: Erfülle dem Feind niemals seine Wünsche. Lord Tywin würde es gefallen, den Kampf auf einem Feld auszutragen, das er selbst bestimmt hat. Er möchte, daß wir nach Harrenhal marschieren.«

«Harrenhal. «Jedes Kind am Trident kannte die Geschichten über Harrenhal, über die riesige Festung, die König Harren der Schwarze vor dreihundert Jahren am Ufer des God's Eye errichtet hatte. Damals waren die Sieben Königslande noch sieben Königreiche, und die Flußlande wurden von den Männern der Iron Islands beherrscht. Der stolze Harren hatte die höchste Halle und den höchsten Turm von ganz Westeros besitzen wollen. Vierzig Jahre hatte der Bau gedauert, und langsam legte sich das Gebäude wie ein dunkler Schatten über das Land, dessen Nachbarn Harrens Armeen auf der Suche nach Steinen, Holz, Gold und Arbeitskräften plünderten. Tausende von Gefangenen gingen elend in seinen Steinbrüchen zugrunde, wo sie die Schlitten mit den Felsblöcken ziehen mußten oder an den fünf riesigen Türmen schufteten. Im Winter erfroren sie, im Sommer brachte sie die Hitze um. Wehrholzbäume, die seit dreitausend Jahren standen, wurden gefällt und zu Baken oder Sparren verarbeitet. Harren brachte sowohl die Flußlande als auch die Iron Islands an den Bettelstab, um sich seinen Traum zu erfüllen. Und an dem Tag, als Harrenhal fertig war und König Harren dort einzog, landete Aegon der Eroberer dort an, wo später King's Landing stehen sollte.

Catelyn erinnerte sich an die Geschichte, die Old Nan den Kindern auf Winterfell erzählt hatte.»Und König Harren mußte schmerzlich erfahren, daß dicke Mauern und hohe Türme gegen Drachen von geringem Nutzen sind«, hatte sie stets geendet.»Denn Drachen können fliegen. «Harren und sein Geschlecht waren in den Flammen untergegangen, die seine monströse Festung einhüllten, und jedes Haus, das Harrenhal seitdem zu seinem Sitz erwählt hatte, war vom

Unglück verfolgt worden. Mächtig mochte die Feste sein, doch es war ein düsterer Ort — und ein verfluchter dazu.

«Ich möchte nicht, daß Robb im Schatten dieser Burg in die Schlacht zieht«, gestand Catelyn ein.»Dennoch müssen wir etwas unternehmen, Onkel.«

«Und zwar bald«, stimmte ihr Onkel zu.»Das schlimmste habe ich dir noch gar nicht erzählt, Kind. Die Männer, die ich nach Westen geschickt habe, brachten die Nachricht, daß sich bei Casterly Rock ein neues Heer versammele.«

Eine zweite Armee der Lannisters. Bei diesem Gedanken wurde ihr übel.»Das sollte Robb umgehend erfahren. Wer wird das Heer befehligen?«

«Ser Stafford Lannister, heißt es. «Er richtete den Blick hinaus auf den Fluß, und sein rotblauer Umhang wehte im Wind.

«Noch ein Neffe?«Die Lannister von Casterly Rock waren ein verdammenswert großes und fruchtbares Haus.

«Ein Vetter«, berichtete Ser Brynden.»Ein Bruder von Lord Tywins verstorbener Gemahlin, also doppelt verwandt. Ein alter Mann und ein Dummkopf, doch sein Sohn, Ser Daven, ist durchaus ernst zu nehmen.«