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Arya trank zu viel Wasser, nur damit sie den Bauch voll bekam. Sie hätte nie geglaubt, schlafen zu können, irgendwie gelang es ihr jedoch. Als sie aufwachte, war es noch stockfinster, und ihre Blase wollte schier platzen. Überall um sie herum lagen Schläfer in ihre Decken und Mäntel gehüllt. Arya ergriff Needle, stand auf und lauschte. Sie hörte die leisen Schritte einer Wache, außerdem Männer, die sich unruhig im Schlaf hin und her wälzten, Rorges rasselndes Schnarchen und das seltsame Zischen, das Beißer im Schlaf von sich gab. Von einem der Wagen vernahm sie ein rhythmisches Scharren von Metall; dort saß Yoren, kaute Bitterblatt und wetzte seinen Dolch.

Heiße Pastete hielt Wache.»Wo gehst du hin?«fragte er Arya, als diese sich auf den Weg zu den Bäumen machte. Arya deutete nur vage auf den Wald.

«Nein, du bleibst hier«, antwortete Heiße Pastete. Nun, da er ein Schwert am Gürtel trug, gebärdete er sich wieder verwegener, obwohl es nur ein Kurzschwert war und er es wie eine Keule hielt.»Der alte Mann hat gesagt, alle müssen heute nacht in der Nähe bleiben.«

«Ich will nur Wasser lassen«, erklärte Arya.»Dann nimm den Baum hier. «Er zeigte auf einen.»Du hast keine Ahnung, was dort draußen unterwegs ist, Arry. Vorhin habe ich Wölfe gehört.«

Yoren würde es nicht gefallen, wenn sie Streit mit ihm bekam. Sie gab sich Mühe, ängstlich zu wirken.»Wölfe? Bestimmt?«»Ich habe sie mit eigenen Ohren gehört«, versicherte er ihr.»Jetzt muß ich, glaube ich, gar nicht mehr. «Sie ging zu ihrer Decke zurück und tat so, als würde sie weiterschlafen, bis sich die Schritte des Jungen entfernt hatten. Dann wälzte sie sich herum und schlich still wie ein Schatten auf der anderen Seite des Lagers in den Wald. Dort gab es zwar andere Wachen, aber Arya fiel es nicht schwer, sie zu umgehen. Um der Sicherheit willen ging sie doppelt so weit wie gewöhnlich. Nachdem sie sich überzeugt hatte, daß sie allein war, zog sie die Hose herunter und hockte sich hin.

Während sie sich erleichterte, hörte sie plötzlich ein Rascheln unter den Bäumen. Heiße Pastete, dachte sie erschrocken, er ist mir gefolgt. Dann entdeckte sie die Augen im Unterholz, in denen sich das Mondlicht spiegelte. Ihr wurde flau im Magen, sie packte Needle, achtete nicht darauf, ob sie sich einnäßte, zählte Augen, zwei, vier, acht, zwölf, ein ganzes Rudel…

Einer von ihnen trottete zwischen den Bäumen hervor. Er starrte sie an und fletschte die Zähne, und sie konnte nur denken, wie dumm sie gewesen war und wie Heiße Pastete strahlen würde, wenn sie am Morgen ihre zerfleischte Leiche fänden. Doch der Wolf machte kehrt und lief zurück in die Dunkelheit und ebenso rasch waren die Augen verschwunden. Zitternd säuberte sie sich, zog sich an und folgte einem fernen Scharren ins Lager zu Yoren. Sie kletterte neben ihm auf den Wagen.»Wölfe«, flüsterte sie heiser und verängstigt.»Im Wald.«

«Ja. Da gehören sie hin. «Er blickte sie nicht an.»Sie haben mir angst gemacht.«

«Tatsächlich?«Er spuckte aus.»Ich dachte, euer Geschlecht würde sich gut mit Wölfen verstehen?«

«Nymeria war ein Schattenwolf. «Arya schlang die Arme um ihren Körper.»Das ist etwas anderes. Außerdem, sie ist verschwunden. Jory und ich haben sie mit Steinen beworfen, bis sie davongelaufen ist, sonst hätte die Königin sie getötet. «Darüber zu sprechen, machte sie traurig.»Ich wette, wenn sie in der Stadt gewesen wäre, hätte sie es nicht zugelassen, daß man Vater den Kopf abschlägt.«»Waisenjungen haben keine Väter«, erwiderte Yoren,»oder hast du das vergessen?«Das Bitterblatt färbte seine Spucke rot, und es sah aus, als würde sein Mund bluten.»Die einzigen Wölfe, die wir fürchten müssen, tragen Menschenhaut wie jene, die das Gemetzel in dem Dorf angerichtet haben.«

«Ich wünschte, ich wäre daheim«, sagte sie und fühlte sich elend.

Sie versuchte so sehr, tapfer zu sein, wild wie eine Wölfin, ja, aber manchmal war sie eben doch nur ein kleines Mädchen.

Der schwarze Bruder zupfte ein frisches Bitterblatt aus dem Ballen im Wagen und stopfte es in den Mund.»Vielleicht hätte ich euch dort lassen sollen, wo ich euch gefunden habe, Junge. Euch alle. In der Stadt ist es möglicherweise sicherer.«

«Das ist mir gleich. Ich will nach Hause.«

«Seit dreißig Jahren bringe ich schon Männer auf die Mauer. «Speichel glänzte auf Yorens Lippen wie blutige Blasen.»Und die ganze Zeit über habe ich nur drei verloren. Ein alter Mann starb am Fieber, ein Stadtjunge hat sich von einer Schlange beißen lassen, und ein Narr hat versucht, mich im Schlaf umzubringen und sich dafür ein rotes Lächeln eingefangen. «Er zog den Dolch über die Kehle, um ihr zu zeigen, was er damit meinte.»Drei in dreißig Jahren. «Er spuckte das Bitterblatt aus.»Ein Schiff wäre in diesen Zeiten weiser gewesen. Zwar hätte ich dann unterwegs keine Männer mehr für die Mauer finden können, aber trotzdem… es wäre klüger. Und was tue ich? Wie seit nunmehr dreißig Jahren wähle ich die Kingsroad. «Er schob den Dolch in die Scheide.»Schlaf jetzt, Junge. Verstanden?«

Sie gab sich Mühe. Doch während sie unter ihrer dünnen Decke dalag, hörte sie die Wölfe heulen… und noch etwas, leiser, kaum ein Wispern im Wind — es hätten Schreie sein können.

Davos

In der Morgenluft hing der schwarze Rauch der brennenden Götter.

Inzwischen standen sie alle in Flammen, Jungfrau und Mutter, Krieger und Schmied, das Alte Weib mit den Perlenaugen und der Vater mit seinem vergoldeten Bart; sogar der Fremde, so gealtert, daß er eher einem Tier als einem Menschen ähnelte. Das alte trockene Holz und die unzähligen Schichten von Farbe und Firnis loderten gierig grell auf. Die aufsteigende Hitze ließ die kalte Luft flimmern; dahinter verschwammen die Figuren und Steindrachen auf den Mauern der Burg, als würde Davos durch einen Tränenschleier blicken. Oder als würden die Bestien zittern, sich bewegen…

«Eine üble Sache«, sagte Allard, wobei er wenigstens so vernünftig war, die Stimme zu senken. Dale murmelte etwas Zustimmendes.

«Ruhe«, zischte Davos.»Vergeßt nicht, wo ihr seid. «Seine Söhne waren gute Männer, doch sie waren jung, und vor allem Allard handelte oft voreilig. Wäre ich Schmuggler geblieben, wäre Allard längst auf der Mauer geendet. Stannis hat ihn davor bewahrt, noch etwas, das ich ihm schulde…

Hunderte hatten sich an den Burgtoren versammelt, um die Verbrennung der Sieben zu bezeugen. In der Luft lag ein scheußlicher Gestank. Selbst den Soldaten war angesichts solcher Beleidigung der Götter, die sie ihr Leben lang verehrt hatten, unbehaglich zumute.

Die rote Frau schritt dreimal ums Feuer, sprach ein Gebet in der Sprache von Asshai, einst in Hochvalyrisch und eines in der Gemeinen Zunge. Davos verstand nur das letzte.»R'hllor, komm zu uns in der Finsternis!«rief sie.»Herr des Lichts, wir opfern dir die falschen Götter, jene Sieben, die einer sind, und dieser eine dein Feind. Nimm sie und lasse dein Licht über uns leuchten, denn die Nacht ist dunkel und voller Schrecken. «Königin Selyse wiederholte die Worte. Neben ihr schaute Stannis unbeteiligt zu. Das Kinn unter dem blauschwarzen Schatten seines kurzgeschorenen Bartes war wie versteinert. Er hatte sich festlicher gekleidet, als gewöhnlich, wie für einen Besuch in der Septe.

Die Septe von Dragonstone hatte an jener Stelle gestanden, an der Aegon der Eroberer sich in der Nacht, bevor er in See stach, zum Gebet niedergekniet hatte. Dieser Umstand hatte sie nicht vor den Männern der Königin gerettet. Sie hatten die Altare umgestoßen und die Statuen und bunten Fenster mit Streitäxten zertrümmert. Septon Barre konnte sie nur verfluchen, aber Ser Hubard Rambton war mit seinen drei Söhnen zur Septe gestürmt, um die Götter zu verteidigen. Die Rambtons hatten vier Männer erschlagen, bevor die Getreuen der Königin sie überwältigten. Danach trat Guncer Sunglass, der mildeste und frömmste der Lords, vor Stannis hin, und sagte ihm, er könne seinen Anspruch auf den Thron nicht länger unterstützen. Jetzt teilte er sich eine Zelle mit dem Septon und den beiden Söhnen von Ser Hubard, die mit dem Leben davongekommen waren. Die anderen Lords hatten die Lektion rasch begriffen.