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Stannis zog den Handschuh aus und ließ ihn fallen. Die brennenden Götter waren jetzt kaum mehr zu erkennen. Der Kopf des Schmieds fiel ab und landete zischend in Asche und Glut. Melisandre sang in der Zunge der Asshai, ihre Stimme hob und senkte sich mit dem Rauschen der Wellen. Stannis band den Lederumhang los und hörte schweigend zu. Lightbringer glühte noch immer rötlich, aber die Flammen, die das Schwert eingehüllt hatten, schwanden langsam und erstarben.

Als das Lied schließlich verklang, war von den Göttern nur noch Holzkohle geblieben, und der König war mit seiner Geduld am Ende. Er nahm den Arm der Königin, geleitete sie ins Innere von Dragonstone und ließ Lightbringer in der Erde stecken. Die rote Frau verweilte noch einen Augenblick und sah Devan zu, der mit Bryen Farring neben dem Schwert kniete und es in den Ledermantel des Königs wickelte. Das Rote Schwert der Helden macht einen ziemlich mitgenommenen Eindruck, schoß es Davos durch den Sinn.

Einige der Lords blieben und unterhielten sich leise auf der windabgewandten Seite des Feuers. Sie bemerkten, daß Davos sie beobachtete, und verstummten. Sollte Stannis stürzen, werden sie im selben Moment über mich herfallen. Genausowenig zählte er zu den Gefolgsleuten der Königin, jenen ehrgeizigen Rittern und kleinen Lords, die sich diesem Herrn des Lichts verschrieben hatten und so die Gunst und das Wohlwollen der Lady — nein, Königin, achte auf deine Worte! — Selyse gewonnen hatten.

Melisandre und die Knappen verließen mitsamt dem kostbaren Schwert den Ort des Geschehens, während das Feuer so gut wie herabgebrannt war. Davos und seine Söhne schlossen sich der Menschenmenge an, die zur Küste und den wartenden Schiffen aufbrach.»Devan hat seine Sache gut gemacht«, sagte er.

«Ja, er hat den Handschuh gebracht, ohne ihn fallenzulassen«, meinte Dale.

Allard nickte.»Das Wappen auf seinem Wams, dieses flammende Herz, was ist das? Das Zeichen der Baratheons ist doch der gekrönte Hirsch.«

«Ein Lord darf sich mehr als ein einziges Wappen wählen«, erklärte Davos.

Dale lächelte.»Ein schwarzes Schiff und eine Zwiebel, Vater?«

Allard trat einen Stein zur Seite.»Mögen die Anderen unsere Zwiebel holen… und das flammende Herz dazu. Es war eine üble Sache, die Sieben zu verbrennen.«

«Seit wann bist du denn so fromm?«erkundigte sich Davos.»Und was versteht der Sohn eines Schmugglers schon von den Angelegenheiten der Götter.«

«Ich bin der Sohn eines Ritters, Vater. Wenn Ihr Euch schon nicht als solchen betrachtet, warum sollten die anderen es tun?«

«Eines Ritters Sohn, aber kein Ritter«, erwiderte Davos.»Und das wirst du auch niemals werden, wenn du dich weiterhin in Dinge einmischst, die dich nichts angehen. Stannis ist unser rechtmäßiger König, und es steht uns nicht zu, seine Entscheidungen in Frage zu stellen. Wir steuern seine Schiffe und führen seine Befehle aus. Das ist alles.«

«Was das angeht, Vater«, sagte Dale,»diese Fässer, die ich für die Gespenst bekommen habe, gefallen mir gar nicht. Selbst auf einer kurzen Reise würde in diesem frischen Kiefernholz das Wasser faulig werden.«

«Für die Lady Marya hat man mir die gleichen geliefert«, sagte Allard.»Die Männer der Königin haben das ganze abgelagerte Holz für sich beansprucht.«

«Ich werde mit dem König darüber sprechen«, versprach Davos.

Besser er als Allard. Seine Söhne waren gute Kämpfer und noch bessere Seeleute, aber im Umgang mit den Lords zeigten sie wenig Geschick. Sie sind von niederer Herkunft, doch sie werden nicht gern daran erinnert. Wenn sie unser Banner betrachten, sehen sie nur ein großes schwarzes Schiff. Vor der Zwiebel verschließen sie die Augen.

So bevölkert hatte Davos den Hafen selten zuvor erlebt. Auf jedem Anleger verluden die Seeleute Proviant, und in den Schenken drängten sich Soldaten, die sich beim Würfelspiel vergnügten, tranken oder nach einer Hure Ausschau hielten… eine vergebliche Suche, da Stannis solchen Frauen das Betreten der Insel untersagt hatte. Überall am Ufer lagen Kriegsgaleeren und Fischerboote, gedrungene Karacken und breite Koggen. Die besten Liegeplätze nahmen die größten Schiffe ein: Stannis' Flaggschiff Zorn schaukelte zwischen der Lord Steffon und der Seehirsch, Lord Velaryons Stolz von Driftmark mit dem silbernen Rumpf und ihren drei Schwestern, Lord Celtigars prunkvolle Rote Kralle und der schwerfällige Schwertfisch mit seiner langen eisernen Ramme. Draußen auf dem Meer lag die große Valyria von Salladhor Saan zwischen zwei Dutzend kleineren, gestreiften Galeeren aus Lys.

Am Ende des Steinpiers, wo sich die Schwarze Betha und die Lady Marya den Platz mit einem halben Dutzend anderer Galeeren teilten, stand ein altes Gasthaus. Davos hatte Durst. Er verabschiedete sich von seinen Söhnen und lenkte seine Schritte in Richtung der Schenke. Davor hockte eine hüfthohe Steinfigur, die von Salz und Regen so verwittert war, daß man die Gesichtszüge kaum mehr erkennen konnte. Das Ungeheuer war ein alter Freund von Davos. Er tätschelte im Vorübergehen seinen Kopf.»Glück«, murmelte er.

Im hinteren Teil des von Lärm erfüllten Schankraums saß Salladhor Saan und aß Weintrauben aus einer Holzschüssel. Als er Davos bemerkte, winkte er ihn zu sich.»Ser Ritter, setzt Euch doch zu mir. Eßt eine Traube. Oder eßt zwei. Sie sind wunderbar süß. «Der Pomp dieses aalglatten, stets lächelnden Mannes aus Lys war inzwischen auf beiden Seiten der Meerenge sprichwörtlich. Heute trug er ein grelles Gewand mit langen Festons, die bis auf den Boden hingen. Die Knöpfe aus Jade stellten Äffchen dar, und auf seinen dünnen weißen Locken thronte eine kecke grüne Mütze mit einem Fächer aus Pfauenfedern.

Davos drängte sich zwischen den Tischen hindurch zu ihm hinüber. Ehe er zum Ritter geschlagen worden war, hatte er häufig Fracht von Salladhor Saan gekauft. Der Lyseni war ebenfalls Schmuggler, außerdem Kaufmann, Bankier, Pirat und der selbsternannte Prinz der Meerenge. Wenn ein Pirat reich genug ist, machen sie ihn zum Prinzen. Davos war persönlich nach Lys gefahren und hatte den alten Schurken für Lord Stannis' Sache gewonnen.

«Habt Ihr nicht zugeschaut, als die Götter verbrannt wurden,

Mylord?«fragte er.

«In Lys haben die roten Priester einen großen Tempel. Sie verbrennen ständig dies und das und rufen ihren R'hllor an. Mit ihren Feuerchen langweilen sie mich. Und König Stannis wird ihrer auch bald überdrüssig sein, darf man hoffen. «Es schien ihn nicht zu kümmern, daß vielleicht jemand seine Worte mithörte, während er seine Trauben aß und die Kerne mit der Zunge auf die Unterlippe schob und dann mit dem Finger wegschnippte.»Gestern ist mein Vogel der Tausend Farben eingelaufen, guter Ser. Sie ist kein Kriegsschiff, nein, ein Handelsschiff, und sie hat King's Landing einen Besuch abgestattet. Möchtet Ihr wirklich keine Traube? In der Stadt hungern die Kinder, heißt es. «Er hielt Davos die Weintrauben vor die Nase und lächelte.

«Ich will ein Bier, und vor allem will ich die Neuigkeiten erfahren.«

«In Westeros sind die Menschen immer so ungeduldig«, beschwerte sich Salladhor Saan.»Wozu soll das gut sein, frage ich Euch? Wer durchs Leben hastet, eilt nur dem Grab entgegen. «Er rülpste.»Der Lord von Casterly Rock hat seinen Zwerg geschickt, um sich um King's Landing zu kümmern. Möglicherweise hofft er, das häßliche Gesicht seines Sohnes würde die Angreifer verscheuchen, he? Oder daß wir uns totlachen, wenn der Gnom auf den Mauern herumtollt, wer weiß das schon? Der Zwerg hat den Flegel, der den Befehl über die Goldröcke hatte, hinausgeworfen und einen Ritter mit einer Eisenhand an seine Stelle gesetzt. «Er pflückte eine Traube ab und zerdrückte sie zwischen Daumen und Zeigefinger, bis die Haut platzte. Der Saft rann ihm über die Hand.