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«Das wären immer noch sehr wenige«, sagte Davos.

«Da hat Ser Davos recht, Euer Gnaden«, stimmte Maester Pylos zu.»Es wäre besser, die Briefe laut vorzutragen.«

«Besser, aber auch gefährlicher«, wandte Stannis ein.»Diese Worte werden kaum auf wohlwollende Ohren treffen.«

«Gebt mir Ritter, die sie vorlesen«, schlug Davos vor.»Das würde der Botschaft mehr Gewicht verleihen als alles, was ich sage.«

Dieser Gedanke schien Stannis zu gefallen.»Ja, solche Männer sollt Ihr bekommen. Ich habe hundert Ritter, die sich besser aufs Wort denn aufs Schwert verstehen. Zeigt Euch in aller Offenheit, wo immer Ihr könnt, und haltet Euch verborgen, falls es notwendig ist. Benutzt Eure alten Schliche, setzt schwarze Segel und lauft versteckte Buchten an. Falls Euch die Briefe ausgehen, nehmt einige Septone gefangen und laßt sie weitere Abschriften anfertigen. Euren zweiten Sohn werde ich ebenfalls entsenden. Er wird mit der Lady Marya über die Meerenge nach Braavos und den anderen Freien Städten fahren und weitere Briefe an die dortigen Herrscher überbringen. Die Welt soll von meinem Anspruch und Cerseis Niedertracht erfahren.«

Ihr mögt es ihnen mitteilen, dachte Davos, aber werden Sie Euch Glauben schenken? Bedeutungsvoll starrte er Maester Pylos an. Dem König entging sein Blick nicht.»Maester, vielleicht solltet Ihr Euch nun wieder an die Schreibarbeit begeben. Wir werden viele Briefe benötigen, und das schon bald.«

«Wie Ihr wünscht«, Pylos verneigte sich und ging hinaus.

Der König wartete, bis er den Raum verlassen hatte.»Was wolltet Ihr in Gegenwart meines Maesters nicht sagen, Davos?«

«Mein Lehnsherr, gewiß ist Pylos ein angenehmer Zeitgenosse, doch wann immer ich seine Kette sehe, befällt mich die Trauer um Maester Cressen.«

«War der Tod des alten Mannes seine Schuld?«Stannis schaute ins Feuer.»Ich wollte auf Cressens Anwesenheit bei diesem Fest verzichten. Er hat mich verärgert ja, er hat mir schlechten Rat gegeben, aber seinen Tod wollte ich bestimmt nicht. Ich hoffte vielmehr, ihm wären noch einige sorgenfreie Jahre vergönnt. Die zumindest hatte er sich redlich verdient, aber«- er biß die Zähne zusammen — ,»aber er ist gestorben. Und Pylos dient mir gut.«

«Mit Pylos hat es nur sehr wenig zu tun. Der Brief… Was halten Eure Lords davon, frage ich mich.«

Stannis schnaubte.»Celtigar bekundete seine Bewunderung. Aber er würde sich gleichermaßen begeistert zeigen, wenn ich ihm meine Hinterlassenschaften im Abtritt zeigte. Die anderen haben nur wie eine Schar Gänse genickt, bis auf Velaryon, der sagte, daß in dieser Frage der Stahl entscheiden werde und nicht irgendwelche Worte auf Pergament. Als wüßte ich das nicht selbst. Mögen die Anderen meine Lords holen, ich will Eure Sicht der Dinge hören.«

«Ihr sprecht sehr offen.«

«Und ich spreche die Wahrheit.«

«Die Wahrheit, ja. Dennoch habt Ihr, genau wie vor einem Jahr, keinen Beweis für diese Inzucht.«

«In Storm's End gibt es einen solchen Beweis. Roberts Bastard. Der Sohn, den er in meiner Hochzeitsnacht gezeugt hat, in jenem Bett, welches man für mich und meine Braut bereitet hatte. Delena war eine Florent und zudem noch Jungfrau, deswegen hat Robert den Säugling anerkannt. Edric

Storm nannten sie ihn. Es heißt, er gleiche meinem Bruder wie ein Ei dem anderen. Wer ihn sieht und dann einen Blick auf Joffrey und Tommen wirft, wird nicht umhin können, sich sehr zu wundern, möchte ich meinen.«

«Nur, wie sollen die Menschen ihn zu Gesicht bekommen, wenn er sich auf Storm's End aufhält?«

Stannis trommelte mit den Fingern auf die Bemalte Tafel.»Das ist eine Schwierigkeit. Eine von vielen. «Er sah auf.»Ihr wollt doch noch etwas zu dem Brief anmerken. Nun, fahrt fort. Ich habe Euch nicht zum Ritter geschlagen, damit Ihr mir leere Floskeln vorbetet. Dafür habe ich meine Lords. Nur heraus mit dem, was Euch auf der Seele liegt.«

Davos neigte den Kopf.»Dieser Satz am Ende, wie lautete er noch? Erlassen im Lichte des Herrn… «

«Ja. «Die Kiefermuskeln des Königs spannten sich.

«Eurem Volke werden diese Worte nicht gefallen.«

«Und Euch behagen sie ebenfalls nicht?«fragte Stannis scharf.

«Wenn Ihr statt dessen schreiben würdet: Erlassen im Angesicht der Götter und Menschen, oder Von der Gnade der alten und neuen Götter..

«Seid Ihr plötzlich fromm geworden, Schmuggler?«

«Diese Frage wollte ich Euch gerade stellen, mein Lehnsherr.«

«Tatsächlich? So, wie Ihr Euch anhört, mögt Ihr meinen neuen Gott ebensowenig wie meinen neuen Maester.«

«Ich kenne diesen Herrn des Lichts nicht«, gestand Davos ein,»aber ich kannte die Götter, die wir heute morgen verbrannt haben. Der Schmied hat stets über meine Schiffe gewacht, und die Mutter schenkte mir sieben kräftige Söhne.«

«Die sieben kräftigen Söhne bekamt Ihr von Eurer Gemahlin. Betet Ihr sie an? Heute morgen haben wir Holz

verbrannt.«

«Vielleicht stimmt das«, sagte Davos,»aber in meiner Kindheit habe ich oft in Flea Bottom gebettelt, und manchmal habe ich von den Septonen eine warme Mahlzeit bekommen.«

«Jetzt speist Ihr an meiner Tafel.«

«Ihr habt mir einen Ehrenplatz daran zugewiesen. Und als Gegenleistung dafür bekommt Ihr von mir die Wahrheit zu hören. Euer Volk wird Euch nicht lieben, wenn Ihr ihm die Götter nehmt, die es seit Ewigkeiten verehrt, und sie durch einen fremdartigen Namen ersetzt, den seine Zungen kaum aussprechen können.«

Jäh erhob sich Stannis.»R'hllor. Was ist daran so schwierig? Mein Volk wird mich nicht lieben, sagt Ihr? Wann hat es mich je geliebt? Wie kann ich etwas verlieren, das ich niemals besessen habe?«Er trat ans Südfenster und blickte hinaus auf das mondbeschienene Meer.»An jenem Tag, an dem die Windstolz in der Bucht sank, habe ich meinen Glauben an die Götter verloren. Götter, die so grausam sein können, daß sie meine Mutter und meinen Vater ertrinken lassen, würde ich niemals anbeten, schwor ich mir. In King's Landing hat mir der Hohe Septon einen Vortrag über die Gerechtigkeit und die Güte der Sieben gehalten, aber alles Gute und Gerechtigkeit, die ich in meinem Leben gesehen habe, kam von den Menschen.«

«Wenn Ihr nicht an die Götter glaubt — «

«- warum sollte ich mich dann um diesen neuen scheren?«unterbrach ihn Stannis.»Ich habe mich das schon selbst gefragt. Ich weiß wenig über Götter und hege kein Interesse für sie, doch die rote Priesterin verfügt über Macht.«

Ja, aber was für eine Macht?» Cressen verfügte über große Weisheit.«

«Ich habe seiner Weisheit und Eurer List vertraut, und was haben sie mir eingebracht, Schmuggler? Die Sturmlords haben

Euch hinausgeworfen. Einem Bettler gleich bin ich zu ihnen gekommen, und sie haben mich ausgelacht. Es wird kein Betteln und kein Gelächter mehr geben. Der Eiserne Thron gehört von Rechts wegen mir, doch wie soll ich ihn besteigen? Im Reich zählt man vier Könige, und drei von ihnen haben nicht mehr Männer und Gold zur Verfügung als ich. Ich habe Schiffe… und ich habe sie. Die rote Frau. Die Hälfte meiner Ritter wagt es nicht einmal, ihren Namen auszusprechen, wußtet Ihr das? Auch wenn sie zu nichts sonst in der Lage ist, eine Zauberin, die solches Entsetzen in den Herzen erwachsener Männer säen kann, darf man nicht verschmähen. Ein ängstlicher Mann ist ein besiegter Mann. Und vielleicht hat sie noch andere Fähigkeiten. Ich habe die Absicht, das herauszufinden.