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«Nicht doch, Prinzen verspäten sich nie«, erwiderte der Lord von White Harbor freundlich.»Jene, die vor ihm eintreffen, sind vielmehr zu früh gekommen, das ist alles. «Er lachte schallend. Niemanden mochte es verwundern, daß er nicht im Sattel sitzen konnte; vermutlich war er schwerer als die meisten Pferde. Ebenso langatmig wie fett, bat er sofort darum, Winterfell möge die neuen Zolloffiziere bestätigen, die er in White Harbor ernannt hatte. Die alten hatten das Silber für King's Landing einbehalten und es nicht an den neuen König des Nordens abgeliefert.»König Robb braucht zudem eigene Münzen«, verkündete er,»und White Harbor wäre der geeignete Ort, sie zu prägen. «Er bot an, sich selbst um diese Angelegenheit zu kümmern, wenn es dem König gefalle, und fuhr fort zu schildern, wie er die Verteidigungsanlagen des Hafens verstärkt hatte, wobei er die Kosten jedes einzelnen Ausbaus genau auflistete.

Zusätzlich zu einer Prägestätte schlug er vor, Robb solle eine Kriegsflotte bauen.»Seit Hunderten von Jahren besitzen wir keine Seestreitmacht mehr, seit Branden der Brandschatzer die Schiffe seines Vaters dem Feuer übergeben hat. Gewährt mir das nötige Gold, und innerhalb eines Jahres werden genug Galeeren in See stechen, um Dragonstone und King's Landing einzunehmen.«

Das Thema Kriegsschiffe interessierte Bran. Niemand fragte ihn nach seiner Meinung, doch hielt er Lord Wymans Vorschlag für vorzüglich. Vor seinem inneren Auge nahm die Flotte bereits Gestalt an. Er fragte sich, ob wohl je ein Krüppel ein Kriegsschiff befehligt hatte. Ser Rodrik versprach, den Vorschlag Robb zu unterbreiten, während Maester Luwin ihn

schriftlich festhielt.

Es wurde Mittag. Maester Luwin schickte Poxy Tym in die Küche, und sie aßen Käse, Hähnchen und braunes Haferbrot im Solar. Während er mit fettigen Fingern einen Kapaun zerlegte, erkundigte sich Lord Wyman höflich nach seiner Kusine Lady Hornwood.»Sie ist eine geborene Manderly, wißt Ihr. Vielleicht würde sie, wenn die Zeit der Trauer vorüber ist, gern wieder den Namen Manderly tragen?«Er knabberte an einem Flügel und grinste breit.»Wie es der Zufall will, bin auch ich seit acht Jahren Witwer. Ich hätte mir längst eine neue Gemahlin suchen sollen, meint Ihr nicht auch, Mylords? Ein Mann vereinsamt doch sehr rasch. «Nachdem er die Knochen beiseite gelegt hatte, griff er nach einer Keule.»Falls die Lady einen jüngeren Burschen vorzieht, so wäre mein Sohn Wendel ebenfalls ledig. Er ist im Süden unterwegs und eskortiert Lady Catelyn, aber ohne Zweifel wird er sich nach seiner Rückkehr verheiraten wollen. Ein tapferer Junge und lustig dazu. Genau der Mann, der sie das Lachen wieder lehren könnte, oder?«Er wischte sich mit dem Ärmel das Fett vom Kinn.

Durch das Fenster hörte Bran den fernen Waffenlärm vom Hof. Heiraten interessierte ihn nicht. Wenn ich doch nur dort unten sein könnte.

Seine Lordschaft wartete, bis der Tisch abgeräumt war, ehe er auf den Brief zu sprechen kam, den er von Lord Tywin Lannister erhalten hatte, welcher seinen ältesten Sohn Ser Wylis am Grünen Arm gefangenhielt.»Er bietet mir an, ihn ohne Lösegeld freizulassen, wenn ich meine Mannen nicht länger Seiner Gnaden zur Verfügung stelle und schwöre, den Kampf einzustellen.«

«Gewiß werdet Ihr dem nicht zustimmen«, antwortete Ser Rodrik.

«Deswegen braucht Ihr Euch keine Gedanken zu machen«, versicherte ihm der Lord.»König Robb hat keinen getreueren

Diener als Wyman Manderly. Dennoch möchte ich die Gefangenschaft meines Sohnes in Harrenhal so kurz wie nur möglich währen lassen. Das ist ein übler Ort. Verflucht, heißt es. Zwar gehöre ich nicht zu denen, die an Ammenmärchen glauben, immerhin, man weiß ja nie. Seht nur, was diesem Janos Slynt widerfahren ist. Von der Königin zum Lord von Harrenhal ernannt und von ihrem Bruder verbannt. Nun wird er zur Mauer verfrachtet, heißt es. Ich hoffe nur, daß schon bald ein annehmbarer Austausch der Gefangenen vereinbart werden kann. Bestimmt will Wylis nicht den Rest des Krieges herumsitzen. Mein Sohn ist ein tapferer Ritter und stark wie ein Mastiff.«

Als sich die Audienz ihrem Ende näherte, waren Brans Schultern vom Sitzen im Stuhl längst steif geworden. Und später, beim Abendessen, verkündete ein Horn die Ankunft eines weiteren Gastes. Lady Donella Hornwood zog keinen Rattenschwanz von Rittern und Vasallen hinter sich her, lediglich sechs erschöpfte Männer mit dem Elchkopf auf ihren staubigen orangefarbenen Livreen.»Die Schicksalsschläge, die Ihr habt erleiden müssen, haben uns zutiefst erschüttert, Mylady«, sagte Bran, als sie ihm zur Begrüßung gegenübertrat. Lord Hornwood war in der Schlacht am Grünen Arm gefallen, ihr einziger Sohn war im Flüsterwald getötet worden.»Winterfell wird ihrer gedenken.«

«Das ist sehr tröstlich. «Bleich und ausgemergelt stand sie vor ihm, jede Falte ihres Gesichts von Trauer gezeichnet.»Leider bin ich sehr müde, Mylord. Wenn ich mich zurückziehen dürfte… «

«Aber gewiß doch«, antwortete Ser Rodrik.»Morgen bleibt uns noch genug Zeit, um uns zu unterhalten.«

Am nächsten Tag drehte sich das Gespräch überwiegend um Getreide, Gemüse und Pökelfleisch. Nachdem der Maester in der Citadel den Beginn des Herbstes verkündet hatte, begannen weise Männer, von jeder Ernte einen Teil zurückzulegen…

allerdings bedurfte der Umfang dieser Vorräte offensichtlich weitschweifigen Geredes. Lady Hornwood wollte ein Fünftel ihrer Erträge einlagern. Auf Maester Luwins Vorschlag willigte sie ein, diesen Anteil auf ein Viertel zu erhöhen.

«Boltons Bastard zieht seine Männer bei Dreadfort zusammen«, warnte sie.»Ich hoffe, er will sie nach Süden führen, um dort zu seinem Vater bei den Twins zu stoßen, aber als ich ihn nach seinen Absichten fragen ließ, erklärte er mir, daß sich kein Bolton von einer Frau ausfragen ließe. Als sei er ein ehelicher Sohn und habe das Recht, diesen Namen zu tragen.«

«So weit ich weiß, hat Lord Bolton ihn niemals anerkannt«, sagte Ser Rodrik.»Doch muß ich gestehen, ich kenne ihn gar nicht.«

«Nur wenige kennen ihn«, erwiderte sie.»Er hat bis vor zwei Jahren bei seiner Mutter gelebt, dann starb der junge Domeric und ließ Bolton ohne Erben zurück. Damals hat Lord Bolton seinen Bastard nach Dreadfort gebracht. Man muß dem Jungen Verstand zubilligen, und er hat einen Diener, der beinahe so grausam ist wie er selbst. Stinker nennen sie den Mann. Es heißt, er würde niemals baden. Sie jagen zusammen, der Bastard und dieser Stinker, und nicht nur Wild. Die Geschichten, die ich über sie gehört habe, vermag ich kaum zu glauben. Und da nun mein Hoher Gemahl und mein lieber Sohn zu den Göttern heimgekehrt sind, wirft dieser Bastard gierige Blicke auf mein Land.«

Bran hätte der Lady gern hundert Mann zur Verteidigung ihrer Rechte zugestanden, Ser Rodrik sagte indes nur:»Mag er hungrige Blicke werfen; sollte er jedoch darüber hinaus etwas wagen, wird er härteste Vergeltung spüren, das verspreche ich Euch. Um Eure Sicherheit braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, Mylady… und in einiger Zeit, wenn Eure Trauer vorüber ist, werdet Ihr Euch vielleicht mit dem Gedanken an eine neue Heirat befassen.«

«Kinder werde ich in meinem Alter keinem Mann mehr gebären, und meine Schönheit ist auch lange dahin«, erwiderte sie mit müdem Lächeln,»und dennoch schleichen mir die Männer nach wie sie es nie taten, als ich noch eine junge Maid war.«