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«Ja, was? Euch ist doch klar, daß ich mich möglicherweise abermals in Lysa Arryns Bett begeben muß, wenn ich ihr Einverständnis zu dieser Heirat erlangen will?«

«Zweifelsohne seid Ihr dieser Aufgabe gewachsen.«

«Ich habe Ned Stark einmal erklärt, daß man, wenn man sich nackt neben einer häßlichen Frau wiederfindet, nur die Augen schließen und den Dingen ihren natürlichen Lauf lassen kann. «Littlefinger verschränkte die Finger und blickte Tyrion in die ungleichen Augen.»Gebt mir zwei Wochen, um meine

Geschäfte hier abzuschließen und mir ein Schiff nach Gulltown zu suchen.«

«Das wäre leicht einzurichten.«

Sein Gast erhob sich.»Dies war ein höchst erfreulicher Morgen, Lannister. Und sehr einträglich… für uns beide, nehme ich an. «Er verneigte sich, und während er zur Tür schritt, bauschte sich der gelbe Umhang hinter ihm auf.

Zweiter Streich, hakte Tyrion ab.

Er ging in sein Schlafzimmer, wo er auf Varys warten wollte, der bald erscheinen würde. Bei Einbruch der Dunkelheit, vermutete er. Spätestens bei Mondaufgang, obgleich er das nicht hoffte. Denn eigentlich wollte er heute nacht Shae besuchen. So war er erfreut, als ihm Galt von den Stone Crows eine Stunde später die Ankunft des gepuderten Mannes verkündete.»Ihr seid ein grausamer Mensch, den Maester in solche Bedrängnis zu bringen«, schalt der Eunuch.»Der Ärmste kann Geheimnisse nicht ertragen.«

«Nennt da die Krähe den Raben schwarz? Oder möchtet Ihr lieber nicht hören, was ich Doran Martell vorgeschlagen habe.«

Varys kicherte.»Vielleicht haben es mir meine kleinen Vögel bereits zugeflüstert.«

«Haben sie?«Das wollte er gern wissen.»Fahrt fort.«

«Die Männer aus Dorne haben sich bisher aus diesem Krieg herausgehalten. Doran Martell hat zwar zu den Fahnen gerufen, mehr aber nicht. Sein Haß auf das Haus Lannister ist weithin bekannt, und überall vertritt man die Meinung, er werde sich Lord Renly anschließen. Ihr wollt ihn überreden, dies nicht zu tun.«

«Dies alles ist offensichtlich«, sagte Tyrion.

«Fragt sich lediglich, was Ihr ihm für dieses Bündnis angeboten habt. Der Prinz ist ein sentimentaler Mann, und er trauert noch immer um seine Schwester Elia und ihren

Säugling.«

«Mein Vater erklärte mir einmal, ein Lord lasse niemals zu, daß seine Gefühle seinem Ehrgeiz im Weg stehen… und zufällig haben wir einen leeren Platz im kleinen Rat, jetzt, da Lord Janos das Schwarz angelegt hat.«

«Einen Sitz im Rat darf man nicht verachten«, gestand Varys ein,»jedoch: wird ein stolzer Mann darüber den Mord an seiner Schwester vergessen?«

«Warum sollte er ihn vergessen?«Tyrion lächelte.»Ich habe ihm versprochen, ihm die Mörder seiner Schwester auszuhändigen, tot oder lebendig, ganz wie er wünscht. Allerdings erst nach dem Krieg.«

Varys sah ihn eindringlich an.»Meine kleinen Vögel haben mir verraten, daß Prinzessin Elia einen — einen bestimmten Namen gerufen hat… als man sie gefunden hat.«

«Bleibt ein Geheimnis ein Geheimnis, wenn ein jeder es kennt?«In Casterly Rock war allgemein bekannt, daß Gregor Clegane Elia und ihr Kind getötet hatte. Es hieß sogar, er habe die Prinzessin vergewaltigt, während noch das Blut und Hirn ihres Sohnes an seinen Händen klebte.

«Dieses Geheimnis ist Eures Hohen Vaters Vasall.«

«Mein Vater wäre der erste, der einen tollwütigen Hund gegen fünfzigtausend Krieger aus Dorne eintauschen würde.«

Varys strich sich über die gepuderte Wange.»Und wenn Prinz Doran nicht nur das Blut des Täters, sondern auch den Kopf des Lords verlangt, der den Befehl gegeben hat… «

«Robert Baratheon hat die Rebellion angeführt. Alle Befehle stammten letztendlich von ihm.«

«Robert hielt sich aber nicht in King's Landing auf.«

«Doran Martell ebenfalls nicht.«

«Also Blut für seinen Stolz, ein Stuhl im Rat für seinen Ehrgeiz. Gold und Land, das braucht man nicht erst hinzuzufügen. Ein wahrhaft süßes Angebot… dennoch können Süßigkeiten vergiftet sein. Wenn ich der Prinz wäre, würde ich einiges verlangen, bis ich nach der Honigwabe greife. Ein Pfand des Vertrauens, eine Absicherung gegen Verrat. «Varys setzte sein gerissenstes Lächeln auf.»Wen werdet Ihr ihm überlassen, frage ich mich?«Tyrion seufzte.»Ihr wißt es bereits, nicht?«»Da Ihr es so formuliert — ja. Tommen. Ihr könnt Myrcella schließlich kaum Doran Martell und Lady Arryn gleichzeitig anbieten.«

«Erinnert mich daran, diese Ratespiele nie wieder mit Euch zu treiben. Ihr spielt nicht ehrlich.«

«Prinz Tommen ist ein guter Junge.«

«Wenn ich ihn Cersei und Joffrey entreiße, solange er noch jung ist, wächst er vielleicht sogar zu einem guten Mann heran.«»Und zu einem guten König?«»Joffrey ist König.«

«Und Tommen sein Nachfolger, sollte Seiner Gnaden ein Unglück zustoßen. Tommen hatte einen so freundlichen Charakter, und er ist vor allem… fügsam.«

«Ihr seid überaus mißtrauisch, Varys.«

«Ich erachte das als Kompliment, Mylord. Auf jeden Fall wird sich Prinz Doran dieser großen Ehre kaum verschließen können. Einen winzigen Makel gibt es allerdings.«

Der Zwerg lachte.»Welcher auf den Namen Cersei hört.«»Was kann die Kunst der Staatsführung gegen die Liebe einer Mutter für die zarte Frucht ihres Leibes ausrichten? Vielleicht vermag man die Königin um des Ruhms ihres Hauses und der Sicherheit des Reiches willen davon zu überzeugen, Tommen oder Myrcella fortzuschicken. Aber beide? Gewißlich nicht.«»Was Cersei nicht weiß, macht mich nicht heiß.«»Und wenn Ihre Gnaden Eure Absichten entdeckt, ehe Ihr diesen Plan in die Tat umsetzen könnt?«

«Nun«, antwortete Tyrion,»dann wüßte ich, daß der Mann, der sie ihr verraten hat, mit Sicherheit mein Feind ist. «Und

während Varys kicherte, dachte er: Dritter Streich.

Sansa

Kommt heute nacht in den Götterhain, wenn Ihr nach Hause zurückkehren möchtet.

Auch beim hundersten Lesen standen noch immer die gleichen Wörter da wie beim ersten, gleich nachdem Sansa das zusammengefaltete Blatt unter ihrem Kopfkissen entdeckt hatte. Auf welche Weise es dorthin gelangt war und wer es ihr geschickt hatte, wußte sie nicht. Der Brief war nicht unterzeichnet, trug kein Siegel, und die Schrift war ihr nicht vertraut. Sie drückte das Pergament an die Brust und flüsterte den Satz vor sich hin.»Kommt heute nacht in den Götterhain, wenn Ihr nach Hause zurückkehren möchtet«, hauchte sie leise.

Was konnte es bedeuten? Sollte sie die Botschaft zur Königin bringen, um damit zu beweisen, wie treu ergeben sie war? Nervös rieb sie sich den Bauch. Der häßliche blaue Fleck, der von Ser Meryns Hieb stammte, hatte sich inzwischen gelblich verfärbt, tat aber immer noch weh. Er hatte einen gepanzerten Handschuh getragen, als er sie geschlagen hatte. Es war ihre eigene Schuld. Sie mußte lernen, ihre Gefühle besser zu verbergen und Joffrey nicht zu verärgern. Nachdem sie erfahren hatte, daß der Gnom Lord Slynt zur Mauer geschickt hatte, hatte sie sich vergessen und gesagt:»Ich hoffe, die Anderen werden ihn holen. «Dem König hatte dieser Ausspruch nicht gefallen.

Kommt heute nacht in den Götterhain, wenn Ihr nach Hause zurückkehren möchtet.

Sansa hatte so sehr darum gebetet. War dies endlich die Antwort, war ihr nun ein wahrer Ritter gesandt worden, der sie retten würde? Vielleicht einer der Redwyne-Zwillinge, oder der verwegene Ser Balon Swann… oder gar Beric Dondarrion, in den ihre Freundin Jeyne Poole bis über beide Ohren verliebt gewesen war, der junge Lord mit dem rotgoldenen Haar und den Sternen auf dem Mantel.