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Arya blieb abrupt stehen.»Ich bin kein Mädchen!«

«Doch, das bist du. Glaubst du, ich wäre genauso dumm wie die anderen?«

«Nein, du bist noch dümmer. Die Nachtwache nimmt keine Mädchen, das weiß doch jeder.«

«Stimmt. Mir ist zwar auch schleierhaft, weshalb Yoren dich mitgenommen hat, aber er hat sicherlich einen Grund gehabt. Trotzdem bist du ein Mädchen.«

«Bin ich nicht!«

«Dann hol deinen Pimmel raus und piß. Na los!«»Ich muß gerade nicht pissen. Wenn ich wollte, könnte ich aber.«»Lügner. Du kannst deinen Pimmel nicht rausholen, weil du keinen hast. Als wir noch dreißig Mann waren, ist es mir nicht aufgefallen, jetzt aber schon. Du gehst immer in den Wald, wenn du pinkelst. Heiße Pastete oder ich tun das nicht. Wenn du kein Mädchen bist, dann bist du ein Eunuch.«»Du bist selbst ein Eunuch.«»Du weißt ganz genau, daß das nicht stimmt. «Gendry lächelte.

«Oder soll ich meinen Pimmel rausholen und es dir beweisen? Ich habe nichts zu verstecken.«

«Doch«, platzte Arya heraus, weil sie verzweifelt das Thema wechseln wollte.»Diese Goldröcke bei dem Gasthaus, die waren hinter dir her, und du hast uns nicht verraten, warum.«

«Ich wünschte, ich hätte selbst eine Ahnung. Yoren wußte es, aber er hat es mir nicht erzählt. Warum, glaubst du, haben sie mich gejagt?«

Arya biß sich auf die Lippen. Sie erinnerte sich daran, was Yoren zu ihr gesagt hatte, an dem Tag, an dem er ihr Haar geschoren hatte. Die Hälfte dieses Haufens würde dich so rasch an die Königin verraten, wie Spucke im Feuer verdampft, für eine Begnadigung und vielleicht ein paar Silberstücke. Und die andere Hälfte würde das gleiche tun, sich allerdings vorher an dir vergehen. Nur Gendry war anders, denn auch ihn wollte die Königin haben.»Ich verrate dir mein Geheimnis, wenn du mir deins anvertraust«, schlug sie vorsichtig vor.

«Ich wollte, ich wüßte es, Arry… heißt du wirklich so, oder hast du einen richtigen Mädchennamen?«

Arya starrte die knorrige Wurzel neben ihren Füßen an. Mit ihrer Verstellung hatte es jetzt ein Ende. Gendry wußte Bescheid, und in ihrer Hose würde sie nichts finden, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Nun konnte sie entweder Needle ziehen und ihn töten oder ihm vertrauen. Sie war nicht überzeugt, ob sie ihn wirklich besiegen könnte; er hatte ebenfalls ein Schwert, und er war viel stärker. Blieb also nur die Wahrheit.»Lommy und Heiße Pastete dürfen es nicht erfahren.«

«Werden sie nicht«, schwor er,»nicht von mir.«

«Arya. «Sie hob den Blick und sah ihn an.»Ich heiße Arya. Aus dem Hause Stark.«

«Aus dem Hause…«Es dauerte einen Moment lang, bis er hinzufügte:»Des Königs Rechte Hand hieß Stark. Den sie als Hochverräter hingerichtet haben.«

«Er war kein Hochverräter. Er war mein Vater.«

Gendry riß die Augen auf.»Deshalb hast du also gedacht…«Sie nickte.»Yoren wollte mich nach Winterfell bringen.«»Wenn… du hochgeboren bist… äh… dann seid Ihr ja eine Lady.«

Arya sah an ihrer zerlumpten Kleidung hinunter bis zu den nackten Füßen. Sie betrachtete den Dreck unter ihren Fingernägeln, die verschorften Ellbogen, die zerkratzten Hände. Sepia Mordane würde mich nicht einmal erkennen, möchte ich wetten. Sansa vielleicht, aber sie würde tun, als ob sie mich nicht kennt.»Meine Mutter ist eine Lady, und meine Schwester auch, aber ich war niemals eine.«

«Doch, wart Ihr. Ihr wart die Tochter eines Lords, und Ihr habt in einer Burg gelebt, nicht wahr? Und Ihr… bei den guten Göttern, ich habe nie…«Plötzlich wurde Gendry unsicher, beinahe ängstlich.»Das mit dem Pimmel, das hätte ich nicht sagen sollen und gepißt habe ich auch vor Euch, und all so was. Ich… ich bitte um Verzeihung, M'lady.«

«Hör auf damit!«zischte Arya. Wollte er sie verspotten?» Ich weiß mich höflich zu benehmen, M'lady«, antwortete Gendry, stur wie immer.»Immer wenn hochgeborene Mädchen mit ihren Vätern in den Laden kamen, hat mir mein Meister befohlen, ich solle mich verneigen und nur sprechen, wenn sie mit mir sprachen, und sie M'lady nennen.«

«Wenn du mich weiter M'lady nennst, wird es selbst Heiße Pastete merken. Und mit dem Pissen kannst du es ruhig weiterhin so halten wie bisher.«»Wie M'lady befiehlt.«

Arya stieß ihm mit beiden Händen vor die Brust. Er stolperte über einen Stein und setzte sich mit einem Plumps auf den Allerwertesten.»Was für eines Lords Tochter seid Ihr denn?«fragte er und lachte.

«So eine. «Sie trat ihm in die Seite, aber daraufhin lachte er nur noch lauter.»Lach du nur. Ich werde jedenfalls in den Ort gehen und nachschauen, wer dort ist.«

Die Sonne war bereits tief gesunken; bald würde es zu dämmern beginnen. Und endlich einmal mußte Gendry ihr hinterherlaufe«.»Riechst du das?«

Er schnupperte.»Verfaulter Fisch?«

«Das glaubst du doch selbst nicht.«

«Wir sollten lieber vorsichtig sein. Ich schlage einen Bogen nach Westen und schaue nach, ob es da eine Straße gibt. Muß es schließlich, wenn du einen Wagen gesehen hast. Du nimmst den Weg am Ufer entlang. Falls du Hilfe brauchst, bellst du wie ein Hund.«

«Das ist doch albern. Wenn ich Hilfe brauche, schrei ich Hilfe. «Sie rannte los, ihre nackten Füße verursachten kein Geräusch im Gras. Dann warf sie einen Blick über die Schulter, und er stand immer noch dort und hatte wieder diesen schmerzlichen Ausdruck im Gesicht, der bedeutete, daß er nachdachte. Vermutlich überlegt er sich gerade, daß es nicht fein ist, M'lady Essen stehlen zu lassen. Irgendwie ahnte sie es. Er würde etwas Dummes anstellen.

Der Geruch wurde stärker, je näher sie der Ortschaft kam. Nein, das roch nicht nach verfaultem Fisch. Dieser Gestank war stechender, schlimmer. Sie rümpfte die Nase.

Wo der Wald sich lichtete, nutzte sie das Unterholz als Deckung und schlich von Busch zu Busch, leise wie ein Schatten. Alle paar Meter hielt sie an und lauschte. Beim dritten Mal hörte sie Pferde und die Stimme eines Mannes. Und der Gestank wurde noch schlimmer. So riechen tote Menschen. Während sie mit Yoren und den anderen zusammen durchs Land gezogen war, hatte sie mit diesem Geruch Bekanntschaft gemacht.

Südlich der Ortschaft wuchs ein dichtes Brombeergebüsch. Als sie dort ankam, verloren die langen Schatten, welche die untergehende Sonne warf, ihre Konturen, und die ersten Leuchtkäfer wagten sich hervor. Sie konnte die Strohdächer hinter der Hecke erkennen. Also schlich sie daran entlang, fand eine Lücke, und kroch auf dem Bauch durch die Sträucher, bis sie entdeckte, was den Gestank verursachte.

Neben dem sanft wogenden Wasser des God's Eye war aus rohem, frischem Holz ein langer Galgen errichtet worden, und daran baumelten Wesen, die einst Menschen gewesen waren; die Füße in Ketten, während die Krähen an ihrem Fleisch pickten und von Leiche zu Leiche flatterten. Für jede Krähe waren hundert Fliegen am Werk. Als sich der Wind vom See erhob, schwankte die vorderste Leiche an ihrer Kette. Die Vögel hatten den größten Teil des Gesichts gefressen, und auch ein größeres Tier hatte sich hier gütlich getan. Kehle und Brust waren aufgerissen, und glänzende Gedärme und Sehnen hingen aus dem offenen Bauch. Ein Arm war von der rechten Schulter abgetrennt; die abgenagten, vom Fleisch gesäuberten und aufgebrochenen Knochen erblickte Arya ein paar Meter entfernt.

Sie zwang sich, den nächsten Mann anzuschauen, dann den dahinter und den danach, und sie redete sich ein, sie sei hart wie Stein. Angesichts der zerfetzten und verfaulten Leichen dauerte es einen Augenblick, bis ihr auffiel, daß man sie vor dem Hängen ausgezogen hatte. Sie sahen nicht aus wie nackte Menschen; ja, sie erinnerten kaum mehr an Menschen. Die Krähen hatten ihnen die Augen ausgepickt und das Gesichtsfleisch gefressen. Vom sechsten der langen Reihe war nur ein einziges Bein geblieben, das immer noch in der Kette hing und von jedem Windhauch hin und her bewegt wurde.