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Hother und Mors ein Trinkspiel und stießen die Trinkhörner so hart gegeneinander wie Ritter beim Tjost ihre Lanzen.

Es ist zu heiß hier und zu laut, und alle betrinken sich. Bran juckte es unter der grauen und weißen Wolle, und am liebsten wäre er woanders gewesen. Im Götterhain ist es jetzt kühl. Aus den heißen Tümpeln steigt Dampf auf, und das rote Laub des Wehrbaums raschelt im Wind. Die Gerüche sind angenehmer als die Luft hier, bald geht der Mond auf, und mein Bruder wird ihn ansingen.

«Bran?«fragte Ser Rodrik.»Ihr eßt ja gar nicht?«

Der Tagtraum war so wirklich gewesen, und für einen Moment hatte Bran nicht mehr gewußt, wo er war.»Später werde ich mir noch etwas nehmen«, antwortete er,»sonst platze ich gleich.«

Der weiße Schnurrbart des alten Ritters war vom Wein rötlich gefärbt.»Ihr habt Euch wacker gehalten, Bran. Eines Tages werdet Ihr ein sehr guter Lord sein, glaube ich.«

Ich will ein Ritter werden. Bran trank einen Schluck des gewürzten Honigweins aus dem Kelch seines Vaters und war froh, etwas in der Hand zu haben. Der lebensechte Kopf eines knurrenden Schattenwolfs auf dem Trinkgefäß drückte sich in seine Handfläche. Er spürte die silberne Schnauze und erinnerte sich an das letzte Mal, als sein Vater daraus getrunken hatte.

Es war anläßlich des Willkommensfestes gewesen, das man zu Ehren des Besuchs von König Robert ausgerichtet hatte. Damals war noch Sommer gewesen. Seine Eltern hatten gemeinsam auf dem Podest gesessen, zusammen mit Robert und seiner Königin und ihren Brüdern an ihrer Seite. Onkel Benjen in seiner schwarzen Kluft war ebenfalls da gewesen. Bran und seine Geschwister saßen bei den Kindern des Königs, Joffrey und Tommen und Prinzessin Myrcella, die Robb während des ganzen Mahls schmachtende Blicke zugeworfen hatte. Arya zog andauernd Grimassen, wenn niemand hinschaute; Sansa lauschte hingebungsvoll dem Harfenspieler und Sänger des Königs, der Lieder über ritterliche Taten vortrug, und Rickon fragte immer wieder, warum Jon nicht dabei sei.»Weil er ein Bastard ist«, hatte Bran ihm am Ende zugeflüstert.

Und jetzt waren sie alle fort. Als habe ein grausamer Gott die Hand ausgestreckt und sie davongefegt, die Mädchen in Gefangenschaft, Jon an die Mauer, Robb und Mutter in den Krieg, König Robert und Vater ins Grab, und vielleicht Onkel Benjen auch…

Selbst unten auf den Bänken füllten neue Männer die Lücken. Jory war tot, und Fat Tom, Porther, Alyn, Desmond, Hüllen, der frühere Pferdemeister, und Harwin, sein Sohn… sie alle waren mit seinem Vater nach Süden gegangen, sogar Septa Mordane und Vayon Poole. Der Rest war mit Robb in den Krieg gezogen und würde vielleicht auch bald tot sein. Er mochte Hayhead und Poxy Tym und Skittrick und die anderen gern, trotzdem vermißte er seine alten Freunde.

So wanderte sein Blick über die Bänke, über die glücklichen und die traurigen Gesichter, und er fragte sich, wer wohl im nächsten Jahr fehlen würde, und wer im Jahr darauf. Er hätte weinen mögen, aber er konnte nicht. Er war ein Stark in Winterfell, seines Vaters Sohn und seines Bruders Thronfolger, und beinahe schon ein erwachsener Mann.

Auf der anderen Seite der Halle ging die Tür auf, und ein Schwall kalter Luft ließ für einen Moment die Fackeln flackern. Bierbauch führte zwei neue Gäste herein.»Lady Meera aus dem Hause Reed«, verkündete der rundliche Gardist über den Lärm hinweg.»Mit ihrem Bruder Jojen von Greywater Watch.«

Die Männer sahen von ihren Bechern und Tellern auf und beäugten die Neuankömmlinge. Bran hörte den kleinen Walder dem großen zumurmeln:»Froschfresser. «Ser Rodrik erhob sich.»Seid willkommen, Freunde, und teilt diese Ernte mit uns. «Diener eilten herbei, um den Tisch auf dem Podest zu verlängern und brachten Stühle.

«Wer ist das?«fragte Rickon.

«Schlammleute«, antwortete der kleine Walder abfällig.»Sie sind Diebe und Feiglinge, und sie haben grüne Zähne, weil sie Frösche essen.«

Maester Luwin beugte sich zu Bran vor und flüsterte ihm ins Ohr.»Ihr müßt sie besonders herzlich begrüßen. Ich hätte sie nicht erwartet, aber… Wißt Ihr, wer sie sind?«Bran nickte.»Pfahlbauleute vom Neck.«

«Howland Reed war ein enger Freund Eures Vaters«, erklärte Ser Rodrik ihm.»Diese beiden sind seine Kinder, möchte ich meinen.«

Während die neuen Gäste durch die Halle schritten, bemerkte Bran, daß einer davon tatsächlich ein Mädchen war, obwohl er das an der Kleidung nie erkannt hätte. Die junge Frau trug eine Lammfellhose, die vom langen Gebrauch geschmeidig geworden war, und ein ärmelloses Wams, in das Bronzeschuppen eingearbeitet waren. Wenngleich nahezu in Robbs Alter, war sie schlank wie ein Junge, hatte das lange braune Haar hinter dem Kopf zusammengesteckt und zeigte nur eine leichte Andeutung von Brüsten. Ein geflochtenes Netz hing von der einen Seite ihrer schmalen Taille, ein langes Bronzemesser von der anderen; unter den Arm hatte sie einen alten, angerosteten Eisenhelm geklemmt. Einen Froschspeer und einen runden Lederschild hatte sie auf den Rücken geschnallt.

Ihr Bruder war einige Jahre jünger und trug keine Waffen. Er war grün gekleidet bis hin zum Leder seiner Stiefel, und als er näher kam, fiel Bran auf, daß auch seine Augen moosgrün funkelten, wenngleich seine Zähne so weiß waren wie die jedes anderen. Beide Reeds waren schmal gebaut, schlank wie Schwerter und überragten Bran kaum. Sie beugten vor dem Podest das Knie.

«Mein Lord Stark«, sagte das Mädchen.»Jahre sind zu Hunderten und Tausenden ins Land gegangen, seit mein Volk dem König des Nordens zum ersten Mal die Treue schwor. Mein Hoher Vater schickt mich, um diese Worte für unser ganzes Volk zu wiederholen.«

Sie sieht mich an, erkannte Bran. Er mußte antworten.

«Mein Bruder Robb kämpft im Süden«, erwiderte er,»doch könnt Ihr diese Worte auch mir sagen, wenn Ihr wollt.«

«Winterfell vertrauen wir Greywater an«, sprachen beide gemeinsam,»Herd und Herz und Herbsternte bieten wir Euch an, Mylord. Euer sei der Befehl über unsere Schwerter und Speere und Pfeile. Laßt Gnade walten gegen unsere Schwachen, helft den Hilflosen und übt Gerechtigkeit allen gegenüber, und wir werden Euch stets die Treue halten.«

«Ich schwöre es bei Erde und Wasser«, sagte der Junge in Grün.»Ich schwöre es bei Bronze und Eisen«, fügte seine Schwester hinzu.

«Wir schwören es bei Eis und Feuer«, endeten beide gemeinsam. Bran suchte nach Worten. Mußte er jetzt mit einem Schwur antworten? Diesen Eid hatte ihn niemand gelehrt.»Mögen Eure Winter kurz und Eure Sommer ertragreich sein«, sagte er. Für gewöhnlich war eine solche Floskel immer angebracht.»Erhebt Euch. Ich bin Brandon Stark.«

Das Mädchen stand auf und half ihrem Bruder hoch. Der Junge starrte Bran unentwegt an.»Wir überreichen Euch unsere Gaben: Fisch und Frösche und Geflügel.«

«Ich danke Euch. «Bran fragte sich, ob er um der Höflichkeit willen einen Frosch würde essen müssen.»Ich biete Euch das Fleisch und den Met von Winterfell an. «Er versuchte sich daran zu erinnern, was man ihm über die Pfahlbaumenschen beigebracht hatte, die in den Sümpfen am Neck lebten und ihre feuchte Heimat selten verließen. Sie waren ein armes Volk, Fischer und Froschjäger, die in Stroh- und Reethäusern auf schwimmenden Inseln wohnten. Es hieß, sie seien feige, kämpften mit vergifteten Waffen und versteckten sich lieber vor dem Feind, anstatt ihm offen entgegenzutreten. Und dennoch war Howland Reed während des Krieges um König Roberts Krone, der noch vor Brans Geburt stattgefunden hatte, einer der treuesten Gefährten seines Vaters gewesen.