«Euer Gnaden!«Ser Colen von Greenpools schwang sich aus dem Sattel und trat an die Tribüne.»Wenn Ihr erlaubt. «Er beugte das Knie.»Ich bringe Euch Lady Catelyn Stark, die Gesandte ihres Sohnes Robb, Lord von Winterfell.«
«Lord von Winterfell und König des Nordens, Ser«, berichtigte Catelyn ihn. Sie stieg ab und trat neben Ser Colen.
König Renly schien überrascht.»Lady Catelyn? Wir sind höchst erfreut. «Er wandte sich an seine junge Königin.»Margaery, meine Holde, dies ist Lady Catelyn Stark von Winterfell.«
«Ich heiße Euch aufs Herzlichste willkommen, Lady Stark«, sagte das Mädchen sanft und höflich.»Mein Beileid für Euren Verlust.«
«Ihr seid sehr freundlich«, erwiderte Catelyn.»Mylady, ich schwöre Euch, daß sich die Lannisters für den Mord an Eurem Gemahl verantworten werden. Dafür werde ich Sorge tragen«, verkündete der König.»Sobald ich King's Landing eingenommen habe, schicke ich Euch Cerseis Kopf.«
Und bringt mir das meinen Ned zurück? dachte sie.»Es soll reichen, wenn der Gerechtigkeit Genüge getan wird, Mylord.«
«Euer Gnaden!«berichtigte Brienne die Blaue sie scharf.»Und Ihr solltet nieder knien, wenn Ihr vor den König tretet.«
«Der Unterschied zwischen Mylord und Euer Gnaden ist gering, Mylady«, erwiderte Catelyn.»Lord Renly trägt eine Krone, wie auch mein Sohn. Wenn Ihr wünscht, können wir hier im Schlamm stehen und darüber debattieren, welche Titel wem rechtmäßig zustehen, aber ich glaube, es gibt wichtigere Angelegenheiten zu besprechen.«
Einige von Renlys Lords murrten über ihre Worte, doch der König selbst lachte nur.»Wohl gesprochen, Mylady. Für Ehrenbezeugungen bleibt noch genug Zeit, wenn diese Kriege ein Ende gefunden haben. Sagt mir, wann will Euer Sohn gegen Harrenhal ziehen?«
Solange sie nicht wußte, ob dieser König Freund oder Feind war, würde Catelyn ihm nichts über Robbs Pläne verraten.»Ich sitze nicht im Kriegsrat meines Sohnes, Mylord.«
«Solange er mir ein paar Lannisters übrig läßt, werde ich mich nicht beschweren. Was hat er mit dem Königsmörder gemacht?«
«Jaime Lannister ist Gefangener auf Riverrun.«
«Er lebt noch?«Lord Mathis Rowan war bestürzt.
Nachdenklich sagte Renly:»Der Schattenwolf ist wohl gnädiger als der Löwe.«
«Gnädiger als die Lannisters«, murmelte Lady Oakheart und lächelte verbittert,»bedeutet doch nur trockener als das Meer.«
«Ich würde es Schwäche nennen. «Lord Randyll Tarly hatte einen kurzen, borstigen grauen Bart und den Ruf, mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg zu halten.»Bei allem Respekt, Lady Stark, aber wäre es nicht angebrachter gewesen, wenn Lord Robb dem König persönlich gehuldigt hätte, anstatt sich hinter den Röcken seiner Mutter zu verstecken?«
«König Robb führt Krieg, Mylord«, entgegnete Catelyn eisig.»Er hat keine Zeit für Turnierspiele.«
Renly grinste.»Immer sachte, Lord Randyll, ich fürchte, Ihr habt Euch die falsche Gegnerin ausgesucht. «Er rief einen Pagen in der Livree von Storm's End heran.»Such ein Quartier für die Begleiter der Lady und sorg dafür, daß es ihnen an nichts mangelt. Lady Catelyn soll meinen eigenen Pavillon bewohnen. Da mir Lord Caswell freundlicherweise seine Burg zur Verfügung gestellt hat, brauche ich das Zelt nicht. Mylady, nachdem Ihr geruht habt, würden wir uns geehrt fühlen, wenn Ihr heute abend bei Lord Caswells Fest Fleisch und Met mit uns teilen würdet. Ein Abschiedsfest. Ich fürchte, seine Lordschaft kann es kaum erwarten, meine hungrige Horde endlich abziehen zu sehen.«
«Ganz gewiß nicht, Euer Gnaden«, protestierte ein schmächtiger junger Mann, bei dem es sich offenbar um Caswell handelte.»Was mein ist, gehört auch Euch.«
«Wann immer jemand das zu meinem Bruder Robert sagte, hat er ihn beim Wort genommen«, sagte Renly.»Habt Ihr Töchter?«»Ja, Euer Gnaden. Zwei.«
«Dann dankt den Göttern, daß ich nicht Robert bin. Meine holde Königin ist die einzige Frau, die ich begehre. «Er reichte Margaery die Hand, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein.»Wir werden unser Gespräch fortsetzen, wenn Ihr Euch erfrischt habt, Lady Catelyn.«
Renly führte seine Braut auf die Burg zu, während der Page Catelyn zum grünen Seidenpavillon des Königs geleitete.
«Falls Ihr etwas benötigt, braucht Ihr nur danach zu verlangen, Mylady.«
Catelyn konnte sich nichts vorstellen, was sie noch brauchen könnte. Der Pavillon war größer als der Schankraum vieler Gasthäuser und luxuriös ausgestattet: Federmatratzen und Felldecken, eine Holzbadewanne, die groß genug für zwei Personen war, Kohlebecken, die die nächtliche Kälte vertrieben, zusammenklappbare Lederstühle, ein Schreibtisch mit Feder und Tinte, Schalen mit Pfirsichen, Pflaumen und Birnen, eine Karaffe mit Wein und ein passendes Silbergeschirr, Zedernholztruhen mit Renlys Kleidern, Bücher, Karten, Spielbretter, eine Harfe, ein großer Bogen und ein Köcher mit Pfeilen, zwei rotschwänzige Jagdfalken und dazu eine ansehnliche Sammlung feinster Waffen. Geizig ist er nicht, dieser Renly, dachte sie, nachdem sie sich umgeschaut hatte. Kein Wunder, daß sein Heer so langsam vorwärtskommt.
Neben dem Eingang stand die Rüstung des Königs Wache; ein waldgrüner Harnisch, dessen Gelenke vergoldet waren. Den Helm krönte ein großes, goldenes Geweih. Der Stahl war auf Hochglanz poliert, und sie konnte in dem Brustpanzer ihr Spiegelbild sehen, das sie wie aus einem tiefen grünen Teich anstarrte. Das Gesicht einer ertrunkenen Frau. Kann man im Kummer ertrinken? Abrupt wandte sie sich ab und ärgerte sich über ihre Schwäche. Sie mußte sich den Staub aus dem Haar waschen und sich ein passendes Kleid für das Festmahl eines Königs anziehen.
Ser Wendel Manderly, Lucas Blackwood, Ser Perwyn Frey und der Rest ihrer hochgeborenen Eskorte begleiteten sie zur Burg. Die Große Halle von Lord Caswells Bergfried konnte man allenfalls der Höflichkeit wegen als solche bezeichnen, dennoch fand sich auf den dicht gefüllten Bänken Platz für Catelyns Männer zwischen Renlys Rittern. Catelyn wurde auf dem Podest zwischen den rotgesichtigen Lord Mathis Rowan und den liebenswürdigen Ser Jon Fossoway von den
Grünapfel-Fossoways plaziert. Ser Jon unterhielt sie mit Scherzen, derweil Lord Mathis sich freundlich nach der Gesundheit ihres Vaters, ihres Bruders und ihrer Kinder erkundigte.
Brienne von Tarth saß am anderen Ende des hohen Tisches. Sie hatte sich nicht wie eine Dame gekleidet, sondern das Festgewand eines Ritter gewählt, ein Samtwams in rosa und azurblau, dazu Hose und Stiefel und einen edlen Schwertgürtel. Ihr neuer Regenbogenmantel hing über ihren Schultern. Keine Kleidung konnte hingegen ihre Unansehnlichkeit verhüllen; die riesigen sommersprossigen Hände, das breite, flache Gesicht, die vorstehenden Zähne. Ohne Rüstung wirkte ihr Körper ungelenk, mit breiten Hüften, dicken Schenkeln und muskulösen Schultern, doch ohne nennenswerten Busen. Und aus jeder ihrer Handlungen wurde deutlich, daß sie darum wußte und darunter litt. Sie sprach nur, wenn man sie etwas fragte, und hob selten den Blick von ihrem Teller.
Zu speisen gab es reichlich. Dem sagenhaften Reichtum Highgardens hatte der Krieg noch nichts anhaben können. Während Sänger ihre Lieder vortrugen und Akrobaten ihre Kunststücke zeigten, brachte man zuerst Birnen in Wein, worauf winzige, sehr schmackhafte, in Salz eingelegte Fischröllchen folgten, danach mit Zwiebeln und Pilzen gefüllte Kapaune. Große Laibe Brot wurden serviert, Berge von Steckrüben und süßem Mais und Erbsen, riesige Schinken und gebratene Gänse und Platten voller Wildbret. Als Süßspeisen trugen Lord Caswells Diener Küchlein aus der Burgküche auf, Schwäne aus Sahne und Einhörner aus Zuckerwerk, Zitronentörtchen in Form von Rosen, Honigplätzchen und Brombeertorten, Backäpfel und Butterkäse.