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Heros Herzschlag beschleunigte sich.

Unsere Majestät Johannes, durch die Gnade Gottes und die Allmacht unseres Herren Jesus, grüßt seinen brüderlichen Herrscher, den Kaiser der Römer, und er wünscht ihm Gesundheit, Wohlstand und allezeit den Genuss göttlichen Wohlwollens.

Unserer Exzellenz wurde darüber berichtet, dass Euch die Kunde von Unserer Größe erreicht hat. Wenn Ihr das Ausmaß Unserer Macht erkennen wollt, dann glaubt, dass Unsere Majestät an Einfluss und Reichtümern alle Könige auf dieser Welt übertrifft. Nur wenn Ihr die Sterne am Himmel zählen könnt oder die Sandkörner in der Wüste, werdet Ihr imstande sein, die gewaltige Ausdehnung Unseres Reiches zu ermessen. Unsere Hoheit gebietet über die Drei Indien, und unsere Länder reichen von Groß-Indien, wo die irdische Hülle unseres geliebten Heiligen Apostels Thomas ruht – der die Heilsbotschaft von Jesus zu uns getragen hat – bis nach Fern-Indien über dem Meer.

Hero wandte die Seiten um und übersprang dabei Dutzende von Abschnitten, in denen mit unglaublicher Akribie all die Wunder und die staunenswerten Erscheinungen in den Ländereien dieses Herrschers beschrieben wurden.

Als gottesfürchtiger Christ, fuhr der Schreiber fort, betrübt es Uns zu erfahren, dass ein großes Schisma die Kirche in Rom und die Kirche in Konstantinopel spaltet. Gewiss ist es ein Werk Satans, dass Streit und Zwietracht zu einer Zeit in der Christenheit ausgebrochen sind, in der sie so bedroht ist wie noch nie zuvor. Edler Bruder, Wir beschwören Euch, mit dem Vater in Rom Frieden zu schließen und Eure Streitigkeiten beizulegen, sodass Ihr vereint gegen Unseren gemeinsamen Feind, die Araber und Türken, kämpfen könnt. Seid versichert, Ihr werdet Ihnen nicht allein entgegentreten. Wisset, dass Wir geschworen haben, das Heilige Grab unseres Herren Jesus mit einer großen Armee aufzusuchen, da es der Herrlichkeit Unserer Majestät ansteht, die Feinde Christi zu unterwerfen und zu vernichten und Seinen gesegneten Namen zu verherrlichen.

Als Zeichen Unserer Freundschaft in Christi senden Wir Euch weder Gold noch Juwelen – obgleich es unter dem Himmel keine Schätze gibt, die sich mit Unseren vergleichen lassen. Stattdessen senden Wir Euch Reichtümer für die Seele: den wahren Bericht vom Leben Jesu und seiner Lehren, geschrieben von ihm, der ihn am besten kannte, von ihm, der allein an der verborgenen Weisheit teilhat, die ihm unser Herr und Retter überbrachte, als …

Ein Schatten glitt durch die Tür. Als Hero aufsah, stand Richard im Raum. Hero hatte keine Zeit mehr, den Brief zu verstecken. Er bedeckte ihn mit einer unbeschriebenen Pergamentseite und begann hastig das Erstbeste aufzuschreiben, was ihm in den Sinn kam.

Von einem weiteren Wunder hat mir Meister Cosmas berichtet. In dem Jahr meiner Geburt erschien ein großes Feuer am südlichen Himmel, das so hell war, dass man ohne Schwierigkeiten um Mitternacht im Freien lesen konnte. Zehn Jahre lang brannte dieses Licht, es wurde nur langsam schwächer, und als es verschwunden war, sah man an dem Teil des Himmels, an dem es gelodert hatte, viele Sterne, die zuvor nicht geschienen hatten.

Richard war zu ihm an den Tisch getreten und beugte sich so dicht über ihn, dass es Hero lästig fiel. «Was schreibst du da?», fragte der Normanne hinter seiner Hand hervor, mit der er sein Gesicht verdeckte.

«Einen Bericht über unsere Reise. Wenn du erlaubst, ich brauche Ruhe, um meine Erinnerungen niederzuschreiben.»

«Wenn du mit deiner Erzählung in dieser Gegend angekommen bist, solltest du eine Beschreibung des Walls aufnehmen, den Hadrian gebaut hat. Nicht weit von hier stehen Heiligenschreine und Festungsanlagen, die nicht verändert wurden, seit die römischen Legionen sie besetzt haben.»

«Das könnte einen Besuch wert sein», räumte Hero ein. «Vielleicht gehe ich morgen hin.»

«Aber nicht allein. Das ist zu gefährlich.»

Hero lächelte herablassend. «Du sprichst mit einem Mann, der die Alpen überquert hat.»

«Einen Monat vor eurer Ankunft sind drei Späher nordwärts geritten und nicht zurückgekehrt. Wahrscheinlich wurden sie von den Schotten aufgefressen.»

Hero beugte sich wieder über sein Pergament, doch nun hatte er den Faden verloren.

«Ich sorge für eine Eskorte, wenn du mich in den Geheimnissen der Schreibkunst unterrichtest.»

«Dazu sind jahrelange Studien notwendig.»

«Ich wäre ein eifriger Schüler. Ich möchte wenigstens eine Fähigkeit entwickeln.»

Hero legte die Schreibfeder nieder. «Zeig mir dein Gesicht. Komm, schäm dich nicht.»

Richard senkte die Hand, sodass sein pflaumenfarbenes Geburtsmal sichtbar wurde, das sich über eine Wange vom Mund bis zum Ohr zog. Er wirkte scheu und angespannt, aber sein Blick, fand Hero, drückte Intelligenz aus.

«Ich habe schon schlimmere Entstellungen gesehen.»

«Haben wir uns geeinigt?»

Hero seufzte schicksalsergeben. «Wir fangen mit dem Alphabet an, den Buchstaben, die wie Ziegel die Bausteine der Sprache bilden. Der erste ist Alpha, er ist von der hebräischen Hieroglyphe für einen Ochsenschädel abgeleitet, und er bedeutet ‹Führer›.»

Ein Schatten fiel über sie. Jemand stand in der Tür. Richard sprang auf und stieß dabei das Tintenfass um.

«Sieh nur, was du angerichtet hast. Dein Körper ist genauso schwerfällig wie dein Verstand», schimpfte Hero.

«Geh», befahl Olbec und versetzte dem vorbeihastenden Richard eine Kopfnuss. «Gott, wie kann es sein, dass ich einen solchen Tropf gezeugt habe? Er kann weder mit dem Schwert noch mit der Lanze umgehen. Kann sich nicht einmal auf einem Pferd halten. Am besten hätte man ihn gleich nach der Geburt ersäuft.» Olbecs Blick richtete sich auf Hero, der angestrengt versuchte, mit einem Tuch die Tinte von der Pergamentseite aufzusaugen. «Da ist nichts mehr zu machen», knurrte Olbec.

«Er hat mein einziges Blatt unbrauchbar gemacht.»

«Da kann ich vermutlich Abhilfe schaffen», sagte Olbec. Er setzte sich rittlings auf die Bank und beäugte Hero wie ein Bauer, der eine Kuh taxiert. «Ein Arzt also, was?»

«Ich bin noch nicht zugelassen. Zuerst muss ich meine praktischen Studien zu Ende bringen, und danach will ich noch ein Jahr lang Anatomiekurse besuchen.»

«Wie alt bist du?»

«Im Sommer werde ich neunzehn.»

«Lieber Gott, was würde ich darum geben, noch einmal neunzehn zu sein. Alles hat man noch vor sich – Schlachten zu schlagen, Land zu erobern, Frauen in sein Bett zu holen.»

«Ich glaube nicht, dass mich meine Berufung auf solch heldenhafte Pfade führt. Wenn Ihr möchtet, erzählt mir doch, was Euch fehlt. Wie ich höre, bereiten Euch die Verwundungen Schwierigkeiten.»

Olbec warf einen Blick zur Tür.