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«Nein», sagte Wayland. «Sie können nicht am oberen Rand der Klippen entlang, weil die Abbruchkante zu stark zerklüftet ist. Sie können uns nur auf der Spur bleiben, wenn sie uns von einzelnen Klippenvorsprüngen aus beobachten. Sie wissen nicht, dass wir sie entdeckt haben, also sind sie vermutlich nicht besonders vorsichtig. Aber ich habe die ganze Zeit Ausschau gehalten und keinen einzigen Reiter gesehen.»

Vallon nickte. «Wenn es nur vier waren, müssen mindestens zwei nach Süden geritten sein, um eine Kampftruppe zu holen. Die beiden, die zurückgeblieben sind, hätten den anderen wahrscheinlich Nachricht von unserer Abfahrt geben müssen.»

Wulfstan wippte auf die Zehenspitzen und musterte den Verlauf des Flusses vor ihnen. «Wir kommen zur nächsten Stromschnelle.»

Alle wandten die Köpfe.

«Da ist sie», sagte Wulfstan.

Vallon machte in der Dunkelheit einen unregelmäßigen Streifen aus. Der Fluss saugte und gluckste. Schnell glitt das Boot durch riffeliges Wasser. Das ferne Tosen vertiefte sich zu einem tiefen Grollen, das von den Wänden der Schlucht zurückgeworfen wurde.

«Die Gellende», sagte Hero.

«Rückwärts rudern», befahl Wayland. «Wir warten, bis die beiden Galeeren durch sind.»

Die erste Galeere fuhr in die Stromschnelle. Ihr Heck hob sich wie der Bürzel einer tauchenden Ente, bevor sie gierend in die Gischt hinabfuhr. Sie kam sicher durch. Die zweite folgte, ebenfalls problemlos.

Wulfstan schniefte und spuckte aus. «Verflucht noch mal.»

Richard stieß ein hysterisches Lachen aus.

Dann fuhren auch sie in das schäumende Wasser, und eine brodelnde Flut erfasste sie. Kippelnd wurden sie durch weiß brechende Schaumkronen getrieben. Eine Welle klatschte Vallon ins Gesicht.

«Fels voraus!», brüllte Wulfstan.

«Wohin sollen wir steuern?»

«Links! Nein! Rechts!»

Ihre Anstrengungen waren lächerlich im Vergleich zur Gewalt der Strömung. Vallon sah die Wellen um den Felsblock strudeln. Sie würden auflaufen. Er wappnete sich für den Aufprall. Die Erschütterung warf ihn von der Ruderbank, aber das Boot hatte den Felsen nur gestreift. Dann lagen die Ausläufer der Stromschnelle hinter ihnen, und das Wasser wurde wieder ruhig.

Der Fluss verlangsamte sich, bis er nahezu stillstand. Der Mond hing über der Schlucht. Sie ruderten zwischen einer Inselkette hindurch auf ein Donnergrollen zu, und als sie die letzte Insel hinter sich hatten, sahen sie vor sich Gischt wie Nebel über dem Fluss hängen.

«Das ist die große», sagte Hero. «Die Unersättliche. Sie ist eine halbe Meile lang.»

«Wir verlieren den Anschluss, wenn wir warten, bis die Galeeren durch sind», rief Wulfstan. «Wir lassen der zweiten ein Stück Vorsprung, und dann fahren wir selbst los.»

Die Stromschnelle war so lang und steil, dass die erste Galeere schon abwärts außer Sicht war, als sie auf den Trichter zuglitten. Vallon sah, wie Syth ihre Hand unter Waylands Finger schob. Und Hero nahm eine Hand vom Ruder und legte sie auf Richards. Vallon hatte solche Gesten schon oft vor dem Beginn einer Schlacht gesehen, und er stieß seinen Kriegsruf aus.

«Seid stark! Was immer geschieht, wir werden zusammen sein. Und wenn nicht hier, dann in der anderen Welt.»

«Hier oder in der anderen Welt!», riefen alle. Dann ruderten sie in den Katarakt.

Das Boot kippte in starker Schräglage nach vorn. Weiße Gischtzähne schnappten nach ihnen. Sie wurden mit solch heftigen Stößen über die Kataraktstufen getrieben, dass es ihnen die Luft aus den Lungen presste. Ein Schlag nach dem anderen traf sie. Unglaublicherweise schaffte es Wulfstan, im Bug stehen zu bleiben, von wo aus er Anweisungen brüllte, die sie kaum hören konnten. Spritzwasser hüllte sie ein. Sie rauschten in eine Wassermulde zwischen zwei Felsstufen und wurde von einem Strudel erfasst, der das Boot auf der Stelle um sich selbst kreisen ließ. Das Ersatzboot, das sie im Schlepptau hatten, glitt an ihnen vorbei und begann, sie heckwärts nach vorn zu ziehen.

Wayland packte Vallon an der Schulter. «Das Ersatzboot wird uns rammen!»

Vallon sah es auf sie zuschlingern. Es war nicht genügend Platz, dass es vorbeikommen konnte. Wulfstan reagierte blitzschnell, zog ein Messer und durchtrennte das Schlepptau. Das Ersatzboot tanzte über die Wellenkämme und trug in seinem Laderaum eines der Pferde und das Kanu mit sich fort. Das Pferd in ihrem eigenen Boot schlug panisch gegen die Seitenplanken aus. Sie fuhren rückwärts. Mühsam kämpften sie sich mit dem Bug wieder herum, und während sie noch dabei waren, drehte sich das Ersatzboot aus der Hauptfahrrinne und raste zwischen Felsen abwärts. Mit einem scharfen Knacken prallte es gegen einen Felsen. Eine hoch aufschießende Welle traf es von der Seite, und als die Gischt verflog, war das Boot verschwunden. Sie konnten jetzt den Scheitelpunkt der Stromschnelle sehen. Ihr Boot war halb überflutet, das zweite Boot nur einige Schritt weit hinter ihnen. Weitere Stöße und noch mehr Desorientierung, ein Kreischen, als sie einen Felsen streiften, und dann schossen sie mit einem letzten Schlag aus der Stromschnelle wie einen Korken aus der Flasche.

XLIII

Sie entdeckten das Wrack des Ersatzbootes nicht weit flussabwärts. Das Pferd war immer noch angebunden, aber bei der wilden Fahrt ertrunken. Noch ein Stück weiter fanden sie das Kanu. Es hatte sich aus der Vertäuung gerissen, und sein Auftrieb hatte es unbeschädigt über die Wellen gleiten lassen wie ein Blatt. Sie banden es ans Heck ihres Bootes und fuhren weiter. Hinter den Klippen des Westufers verschwand der Mond. Nach dem tosenden Dröhnen der Stromschnellen nagte die stille Fahrt flussab an Vallons Nerven. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie beobachtet wurden.

«Wie spät ist es?»

«Ungefähr Mitternacht», sagte Wayland.

«So früh noch?»

Der Mond sank hinter die Steilklippen, und ihnen blieb nur das Sternenlicht. Die Boote folgten dicht hintereinander den Galeeren, um keinesfalls den Anschluss zu verlieren. Weitere Inseln tauchten auf und verschwanden, und der Mond kam wieder in Sicht, stand in der Schlucht wie ein Katzenauge.

«Der Fluss hat eine Kurve nach Westen gemacht», sagte Hero. «Das hier ist der lange, ruhige Abschnitt.»

«Wie viele Stromschnellen kommen noch?»

«Vier.»

«Richard, haben wir noch Honigwein?»

«Ein halbes Fass.»

«Mach es auf. Einen Krug für jeden.»

Leicht betrunken bewältigten sie die nächsten drei Stromschnellen. Der Mond verschwand wieder, sodass sie die dritte Stromschnelle beinahe blind hinunterfuhren. Nun lag nur noch Die Schlange vor ihnen. In pechschwarzer Finsternis fädelten sie sich durch eine Fahrrinne zwischen mehreren Inseln. Da hörten sie von vorne ein Krachen und erschrockene Rufe.

«Was habt ihr getroffen?», schrie Hero.

«Eine Felsbank», kam Kolzacs Antwort.

Langsam schoben sie sich neben die Galeere. «Habt ihr ein Leck?»

«Nein, Gott sei’s gedankt. Aber wir sitzen fest. Ihr müsst uns herausziehen.»

Die Sklaven wurden auf die andere Galeere gebracht, und sie zogen das festsitzende Schiff mit dem Heck zuerst herum. Dann fuhren die Lotsen unendlich vorsichtig weiter und tasteten mit Stäben nach gefährlichen Felsen unter der Wasseroberfläche. Das Dröhnen der Schlange drang währenddessen an ihre Ohren, und als sie das Ende der Insel erreicht hatten, sahen sie die weiß schäumend geschürzten Lippen der Stromschnelle vor sich in der Dunkelheit.

Kolzac drehte sich um und rief etwas.

«Er wird es bei Nacht nicht riskieren», sagte Hero.

«Wir müssen aber im Dunkeln durch», beharrte Vallon. «Wenn es hell genug ist, um die Stromschnelle zu sehen, ist es auch hell genug für die Kumanen, uns zu sehen.»

«Es dauert noch lange bis zur Morgendämmerung», entgegnete Hero. «Zeit genug, ein Boot vorauszuschicken und eine Möglichkeit auszukundschaften, durchzukommen.»