Выбрать главу

«Seine Exzellenz wird überdenken, was Ihr gesagt habt, und Ihre Entscheidung morgen bekannt geben.»

XLVIII

Die Erlaubnis, Sir Walter zu besuchen, erreichte sie am nächsten Nachmittag. Vallon machte sich zusammen mit Hero und Wayland auf den Weg. Er hatte darauf bestanden, dass Drogo separat untergebracht wurde, und er hatte nicht vor, ihm in diesem Stadium eine Begegnung mit seinem Bruder zu gestatten.

Zwei Seldschuken eskortierten sie. «Wann werdet Ihr Walter von Drogo erzählen?», fragte Hero.

«Ich warte einen günstigen Moment ab.»

«Er wird vermutlich denken, Ihr treibt ein doppeltes Spiel.»

«Ich weiß. Ich hätte Drogo an dem Abend töten sollen, an dem wir an Land gegangen sind, aber ohne ihn und Fulk wären wir heute nicht hier. Es ist schwer, kaltblütig jemanden niederzustechen, mit dem man Seite an Seite gekämpft und der einen engen Freund verloren hat.»

Die Eskorte ging voraus zu einem kleinen Pavillon auf der anderen Seite des Lagers. Einer der Männer rief auf Türkisch etwas durch die Zeltklappe. Eine Stimme antwortete in derselben Sprache. Die Seldschuken riefen erneut, der Eingang wurde geöffnet, und ein feingliedriger Jüngling mit geschminkten Augenlidern hastete heraus und bedeckte sein Gesicht. «Tch!», sagte einer der Soldaten von der Eskorte. Der andere schlug dem Jüngling ins Gesicht und schimpfte ihm nach, als er davonlief. Vallon starrte mit zusammengepressten Lippen vor sich hin.

Die Eskorten schoben die Besucher in das Zelt. Vallon betrat das mit Teppichen ausgelegte Geviert zuerst, dann kam Hero und als Letzter ein zaudernder Wayland. Walter räkelte sich auf einem Diwan, gekleidet in ein loses persisches Gewand, einen Krug Wein und zwei leere Becher neben sich auf einem Messingtablett. Seine erstaunte Miene verriet, dass er keine Ahnung hatte, wer sie waren. Er erhob sich und ließ seinen Blick vom einen zum anderen wandern. Sein Aussehen kam Vallons Vorstellung von ihm sehr nahe – schlank und breitschultrig, blonde Locken, ein tief eingekerbtes, eckiges Kinn. Und, vielleicht als Hinweis auf spätere Hängebacken, leichte Tränensäcke unter den Augen. Sein Lächeln enthüllte perfekte weiße Zähne.

«Ihr seid im Vorteil. Seid Ihr Diplomaten? Seid Ihr eine Gesandtschaft aus Konstantinopel?»

«Ich bin Vallon, ein fränkischer Glücksritter. Das hier ist Hero, ein griechischer Wissenschaftler. Und diesen Mann kennt Ihr …»

Doch Walter hatte die Gestalt, die am Eingang stehen geblieben war, inzwischen erkannt. «Wayland? Bei Gott, ich glaub es nicht.» Er schritt auf Wayland zu und legte ihm die Hände auf die Schultern. «Du bist es wirklich. Wie erwachsen du geworden bist. Wie ernst du mich ansiehst.» Er drehte sich zu Vallon um. «Ich fasse es nicht. Hat das etwas mit der Auslöseforderung zu tun?»

«Ja. Es würde einen Tag dauern, wenn wir die ganze Geschichte erzählen wollten.»

«Meister Cosmas?»

«Ist tot. Er hat versucht, Euer Lösegeld in Konstantinopel zu beschaffen. Als ihm das nicht gelang, hat er sich mit Hero auf den Weg nach England gemacht. Ich bin ihnen in den Alpen begegnet, wo Cosmas im Sterben lag, und ich habe mich bereit erklärt, die Reise an seiner statt fortzusetzen. Wir haben Eure Heimat im Februar erreicht. Eure Mutter hat ihre Ländereien in der Normandie beliehen, um die Mittel zu Eurer Freilassung aufzubringen. Seitdem sind wir auf dem Weg hierher.»

Walter öffnete den Mund, doch ihm gingen zu viele widersprüchliche Gedanken durch den Kopf, sodass er nur sagte: «Ich vernachlässige Eure Bequemlichkeit. Bitte, setzt Euch. Ich werde Euch etwas Wein bestellen.» Er ging zum Eingang und rief einem Diener seinen Wunsch zu. Als er sich wieder umdrehte, fuhr er Wayland mit der Hand über den Rücken und lächelte. «Mein guter Wayland. All das aus Liebe für deinen Herrn.»

Vallon und Hero hatten sich auf den Diwan gesetzt. «Bevor Ihr fragt», sagte Vallon, «ich bin in der Absicht hierhergekommen, die Belohnung einzufordern, die Ihr Cosmas versprochen habt.»

«Das Thomasevangelium und den Brief des Priesterkönigs Johannes», sagte Hero.

Walter warf einen Blick zum Eingang. «Wo bleibt denn der Diener?»

Vallon nahm einen Becher von dem Tablett. «Wir haben Euch in einem delikaten Augenblick unterbrochen. Er will Euch vermutlich nicht stören, während Ihr Besuch habt.»

Walters Lächeln erstarrte. «Ich bediene Euch selbst.»

Er holte frische Becher. Seine Hand zitterte beim Einschenken.

«Das Evangelium und den Brief», wiederholte Hero. «Habt Ihr sie noch?»

«Sie sind in Sicherheit», sagte Walter und gab ihnen den Wein. «Nicht hier.» Er hob einen Becher. «Also hat meine Mutter die Lösegeldsumme aufgebracht?»

«Einen Teil.»

Walter leerte seinen Becher in einem Zug. «Ich hätte nicht gedacht, dass die Ländereien auch nur ein Viertel der Summe einbringen, die Suleiman gefordert hat.»

«Wir lösen Euch auch nicht mit Gold aus. Der Emir hat eine Alternative genannt. Zwei weiße Gerfalkenpärchen. Wir haben beinahe ein Jahr damit verbracht, sie zu suchen.»

«Und Ihr habt sie gefunden?»

«Wir haben einen – einen Falken, meine ich.»

«Nur einen?»

«Die übrigen sind eingegangen.»

«Was sagt Suleiman dazu?»

«Er wird seine Entscheidung heute Abend bekannt geben.»

Walter stellte seinen Becher ab und zog eine Grimasse. «Das ist seltsam. Wenn er vier Falken zur Bedingung gemacht hat, wird er sich nicht mit weniger zufriedengeben.»

«Das tut mir leid. Wayland hat die Falken mit allergrößter Sorgfalt gepflegt.»

Walter rang sich ein Lächeln ab. «Wisst Ihr, Vallon, vielleicht wäre es besser gewesen, Ihr wärt gar nicht erst gekommen.»

Vallon durchbohrte ihn beinahe mit seinem düsteren Blick.

Walter sah weg. «Ein Söldner, sagt Ihr. Wärt Ihr vielleicht so freundlich, mir genauer zu erklären, was Euch dazu gebracht hat, diese Reise auf Euch zu nehmen?»

«Das Evangelium und der Brief. Wir können ein anderes Mal ausführlicher über meine Beweggründe sprechen. Im Augenblick ist es wichtiger, dass Ihr uns sagt, was für ein Mann Suleiman ist.»

Walter nahm den Krug und hielt ihn hoch. Vallon legte die Hand über seinen Becher. Also füllte Walter nur seinen eigenen auf und ließ sich auf die Kissen sinken. «Sein Vater war Kutalmiş, ein Cousin Alp Arslans, und ein früherer Anwärter auf das Sultanat des Seldschukenreiches. Als Kutalmiş starb, wurden Suleiman und seine drei Brüder des Verrats beschuldigt und mussten ins Taurusgebirge flüchten, um ihr Leben zu retten. Alp Arslan hat ihnen Suchtrupps hinterhergeschickt, und bis auf Suleiman haben sie alle Brüder getötet. Als er aus den Bergen zurückkam, war er zum Anführer sämtlicher Turkmenen in Südanatolien aufgestiegen.» Walter trank einen Schluck. «Das sagt Euch alles, was Ihr über Suleimans Charakter wissen müsst.»

«Warum hat ihm der Sultan den Titel eines Emirs verliehen?»

«Er hatte kaum eine andere Wahl. Suleimans Armee ist zu mächtig, Alp Arslan kann sie nicht besiegen. Davon abgesehen passt es dem Sultan ganz gut, einen starken Seldschukenverband in Westanatolien zu haben. Suleimans Gebiet wirkt wie ein Puffer gegen die Byzantiner, und der Sultan weiß, dass der Emir ihn nicht in Persien angreifen wird, weil er dann sein eigenes Land ungeschützt lassen müsste.»

«Also schielt Suleiman auf den Thron der Seldschuken.»

«Er ist mehr daran interessiert, seine Position in Anatolien zu stärken. Seit Manzikert nutzt er den Machtkampf in Konstantinopel für sich, indem er sich einmal mit dieser und einmal mit jener Fraktion verbündet. Lasst Euch nicht von seinem ungeschliffenen Benehmen täuschen. Suleiman ist so raffiniert, wie man es sich nur denken kann.»

«Eure eigene Situation scheint Euch keine großen Sorgen zu bereiten.»