«Wenn er beschlossen hat, Sir Walter weiter gefangen zu halten, habe ich nichts mehr zu sagen. Meine Aufgabe ist beendet, und mein Interesse an dieser Verhandlung ist erschöpft.»
«Die Verhandlung ist beendet, wenn es der Emir beschließt.»
Vallon zuckte mit den Schultern.
Faruq trat mit gekünstelter Freundlichkeit einen Schritt auf ihn zu. «Seine Exzellenz hat mit großem Interesse gehört, dass Ihr bei den Mauren in Gefangenschaft wart. Vermutlich habt Ihr Euch mit einem Lösegeld freigekauft. So war es doch?»
«Nein. Ein Lösegeld war zugesagt, wurde jedoch nie überbracht. Nach achtzehn Monaten in entwürdigender Haft habe ich meinen Wächter getötet und bin entkommen.» Vallon sah den Emir an. «Dass ich selbst einmal in Gefangenschaft war, hat mir ein gewisses Mitgefühl für Sir Walter eingegeben.»
Suleiman achtete nicht auf Walters Versuch, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Bedächtig strich er sich über den Schnurrbart, betrachtete Vallon und winkte dann Faruq zu sich, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Als sich der Sprecher an Vallon wandte, war sein Ton sanft wie Balsam.
«Es gibt eine Möglichkeit, das Problem zu jedermanns Zufriedenheit zu lösen.»
Vallon sah, wie Walter grinsend einen seiner Begleiter anstieß. Ganz gleich, welches Katz-und-Maus-Spiel der Emir im Sinn hatte, Walter wusste Bescheid. Möglicherweise hatte er es selbst angezettelt.
Faruq ging ein paar Schritte zur Seite. «Ihr habt zwei Gegenstände mitgebracht, die sogar die Schönheit des Falken in den Schatten stellen. Ich spreche von den Frauen.»
Vallon stieg das Blut in die Wangen. «Die Frauen sind keine Gegenstände.»
Faruq gab vor, ihn nicht gehört zu haben. «Der Hauptmann, der Euch hierher eskortiert hat, wünscht das Mädchen mit der Sonne in den Haaren und dem Mond in den Augen zur Frau zu nehmen.»
«Syth ist Waylands Braut und trägt sein Kind.»
Wayland erstarrte. «Ihr habt Syth erwähnt.»
Vallon schüttelte den Kopf. «Später.»
Der Emir wedelte mit der Hand, als er von Syths Zustand erfuhr. «Sehr gut», sagte Faruq. «Seine Exzellenz trennt nicht Mann und Frau. Er wird nichts mehr dazu sagen.»
«Alles in Ordnung», sagte Vallon zu Wayland.
«Was ist in Ordnung? Worum geht es?»
Vallon bat ihn zu schweigen, denn Faruq hatte erneut das Wort an ihn gerichtet.
«Soweit Seine Exzellenz weiß, wird kein solcher Anspruch auf die Waräger-Frau namens Caitlin erhoben. Der griechische Jüngling, der so gut arabisch spricht, hat uns erzählt, dass ihre Familie tot und sie allein auf der Welt ist. Seine Exzellenz hat Mitleid mit ihr und gelobt, sie unter seinen persönlichen Schutz zu stellen. Erklärt Euch damit einverstanden, und der Emir verzichtet auf alle anderen Forderungen. Er wird Walter freilassen, wenn er gehen möchte, und Ihr seid frei weiterzuziehen.»
Da wurde Vallon klar, dass der Emir Caitlin von Anfang an gewollt hatte und die gesamte Verhandlung nur auf dieses Ziel hinführen sollte.
Drogo nahm ihn am Ellbogen. «Was sagt er über Caitlin?»
Vallon trat einen Schritt vor. Die Zuhörer reckten die Hälse.
«Hero ist über mein Verhältnis mit der isländischen Frau falsch informiert. Die Wahrheit ist, dass ich mit Caitlin in Nowgorod einen Bund besiegelt habe.»
«Ihr seid verlobt?»
«Wir sind ein Liebespaar.»
Hero schnappte nach Luft. Die Zuhörern keuchten erschrocken auf. Ihr Emir war in aller Öffentlichkeit gedemütigt worden. Suleiman verzog wütend das Gesicht. Er sagte etwas zu Walter, das den Normannen zusammenzucken ließ.
«Und wieder haben wir es mit zwei unterschiedlichen Versionen zu tun», sagte Faruq. «Wo liegt die Wahrheit? Seid gewarnt. Seine Exzellenz wird es herausfinden.»
Suleiman hielt hinter vorgehaltener Hand flüsternd eine Besprechung mit seinen Beratern ab. Vallons Begleiter redeten durcheinander. Drogo wollte wissen, warum Suleiman Caitlin erwähnt hatte, und Hero entschuldigte sich dafür, dieses schreckliche Missverständnis herbeigeführt zu haben. Wayland machte sich über das Stimmengewirr hinweg verständlich.
«Fragt ihn, warum er zwei Gerfalken braucht.»
«Einfach, weil er sie verlangt hat. Vergiss es. Es geht nicht mehr um die Falken.»
«Nein, ich meine, welchen praktischen Sinn erfüllen vier Falken? Fragt ihn. Bitte.»
Erschöpft stellte Vallon die Frage und gab Faruqs kurzangebundene Antwort weiter. «Er sagt, ein einzelner Falke kann keinen Kranich jagen.»
«Keiner von seinen Sakerfalken vielleicht. Aber der Gerfalke kann beinahe alles töten, was Flügel hat.»
«Das weißt du doch gar nicht.»
«Ihr habt den Falken nur im Käfig gesehen. Ich dagegen habe ihn bei der Jagd beobachtet, und er ist absolut tödlich. An unserem ersten Abend hier hat Hero gesagt, dass der Emir einen Wettstreit der besten Falken mit einem Nachbarn gewinnen wollte. Mein Gerfalke kann jedes Sakerpaar schlagen. Sagt ihm das.»
«Er ist nicht dein Falke. Wenn du so von seinen Qualitäten überzeugt bist, beschreibe sie dem Emir, und dann soll er ihn selbst auf die Probe stellen.»
«Er bringt seine Höchstleistung nur für mich.»
Hero mischte sich ein. «Nehmt Waylands Vorschlag an. Der Emir steht kurz davor, eine Entscheidung bekannt zu geben, und Ihr könnt sicher sein, dass sie nicht zu unseren Gunsten ausfällt. Wenn sich Suleiman auf den Wettkampf mit den Falken einlässt, haben wir Zeit, die Lügen und Widersprüche aufzuklären.»
Vallon sah ein, dass Heros Argumente etwas für sich hatten. «Dann erklär du es ihm. Und schmücke alles so aus, dass der Emir einfach nicht ablehnen kann. Versuch, die Zuhörer auf unsere Seite zu ziehen.»
Hero begann in demselben Moment zu sprechen, in dem sich Faruq vom Emir wegdrehte. Er beschrieb erneut die Gefahren ihrer Reise in die Regionen aus Feuer und Eis. Er schilderte Waylands Begegnung mit dem weißen Bären, den Kampf mit den Wikingern, die vier Monate dauernde Fahrt in den Süden. Er sang ein Loblied auf die Vorzüge des Gerfalken und wies darauf hin, dass er als einziger Falke all die Strapazen überlebt hatte. Sicher erkenne auch der Emir darin einen göttlichen Willen.
Suleiman kaute auf seinem Schnurrbart, während das Publikum auf seine Entscheidung wartete. Er befahl seinen Falkenmeister zu sich. Die beiden Männer sprachen ausgiebig miteinander und unterbrachen sich nur, um auf Wayland zu zeigen oder ihn anzustarren. Faruq wartete in leicht vorgebeugter Erwartungshaltung, bis der Emir seinen Stab hob, dann richtete er sich auf.
«Dieser Wettstreit ist keine unbedeutende Angelegenheit. Ist der englische Falkner sicher, dass der Gerfalke einen Kranich allein töten kann?»
Vallon sagte mit einem Seitenblick auf Wayland: «Ich habe ihn noch nie leere Versprechungen machen hören.»
«Der Falke darf Seine Exzellenz unter keinen Umständen Schande bringen. Er muss den Wettbewerb gewinnen.»
«Auch wenn er es nicht tut», sagte Wayland, «Schande macht er dem Emir bestimmt nicht.»
«Du hast ihn nicht richtig verstanden», sagte Vallon. «Dein Falke muss auf jeden Fall gewinnen.»
«Das wird er.»
«Du weißt doch nicht einmal, nach welchen Regeln dieser Wettbewerb durchgeführt wird.»
«Ich habe noch genügend Zeit, sie kennenzulernen.»
Vallon schob seine Bedenken zur Seite. Er sah den Emir an und nickte förmlich. «Der Falke wird Euch nicht enttäuschen.»
Faruq sah zu Suleiman hinüber. «Seine Exzellenz ist einverstanden.»
Aufgeregtes Gewisper lief durchs Publikum. Faruq hob die Stimme, um die näheren Umstände des Wettkampfs zu beschreiben.
Vallon drehte sich zu Wayland um. «Wie lange brauchst du, um den Falken vorzubereiten?»
«Drei Wochen.»
«Du hast zwölf Tage. Wenn das nicht reicht, sag es jetzt.»
«Er ist ein ausgewachsener Vogel. Er hat über ein Jahr lang täglich seine Beute gejagt. Alles, was ich tun muss, ist, seine Muskulatur zu stärken.»