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«Ich werde niemandes Sklave. Ich werde mich keinem Mann auf der Welt beugen. Warum habt Ihr mir das nicht früher gesagt?»

«Ich wollte nicht, dass du dich mit dieser Drohung quälst, während du den Falken trainierst. Ich sage es dir jetzt, weil ich den Emir dazu bringen kann, dir deine Freiheit zu lassen, auch wenn der Falke den Wettbewerb nicht gewinnt.»

«Und falls Euer Plan nicht aufgeht? Was wird dann aus Syth?»

«Ihr werdet nicht getrennt werden. Vertrau mir. Tu dein Bestes, zerbrich dir nicht den Kopf über eine Niederlage. Befolge die Anweisungen des Emirs ganz genau, und versuch nicht, etwas Unmögliches zu erreichen.»

«Das werde ich nicht.»

Wayland war von der Neuigkeit immer noch wie betäubt, als Hero sich zu ihm gesellte. «Keine Sorge. Ganz gleich, wie es ausgeht, Vallon wird dich Walter niemals übergeben.»

«Wie kannst du da so sicher sein?»

«Vorgestern Abend hatten wir noch ein Treffen mit Suleiman. Es ist gut gelaufen. Er hat ehrgeizigere Pläne, als bloß seinen Rivalen in einem Falkenduell zu schlagen. Er will ein Sultanat in Anatolien gründen. Wenn du verlierst, wird ihm Vallon für diese Sache seine Dienste anbieten.»

«Aber was ist mit seinem Plan, in die Warägergarde einzutreten?»

«Er fühlt sich an erster Stelle den Menschen verpflichtet, für die er verantwortlich ist. Und jetzt vergiss das alles und konzentriere dich auf den Wettkampf.» Hero deutete auf eine uniformierte Reitergruppe, die unter einem Adlerwappen ritt. «Siehst du den Mann mit dem goldenen Mantel? Das ist dein Gegner. Er heißt Temur. Das bedeutet ‹Eisen›.»

Wayland musterte die plumpe Gestalt inmitten der Gruppe. Das Gesicht des Mannes war rund wie ein Teller und zu einem Lächeln verzogen. «Er sieht aus wie ein Pfannkuchen.»

«Der Anschein trügt. Denk dran, dass er einen Aufschub erbeten hat, weil er eine Streitigkeit zu schlichten hatte. Es ging um Kameldiebstahl. Er hat den Schuldigen dazu verurteilt, in eine nasse Rinderhaut eingenäht in die Sonne gelegt zu werden, sodass das Leder ihn erstickt hat, während es zusammengeschrumpft ist.»

Wayland sah sich in der Arena um und entdeckte Walter, der ein Kettenhemd trug und eine Gruppe seldschukischer Freunde um sich geschart hatte.

«Warum trägt hier eigentlich jeder Rüstung?»

«Es ist ebenso eine Militärübung wie ein Sportereignis.»

«Ist Syth da?»

Hero schüttelte den Kopf. «Frauen sind nicht zugelassen.»

Die Menge teilte sich vor ihnen. Suleiman ritt an der Spitze seiner Gefolgschaft heran, er trug ein Leopardencape über einem Schuppenpanzer-Mantel. Zunächst befragte er den Falkenmeister, richtete dann seinen Katzenblick auf Wayland und sagte etwas zu Faruq.

«Er will wissen, wie der Falke abschneiden wird», sagte Hero.

«Sag dem Emir, dass der Falke dank der Großzügigkeit Seiner Exzellenz und der Fähigkeiten Seines Falkenmeisters auf dem Gipfel seiner Leistungskraft steht und jeder Herausforderung gewachsen ist, die sich ihm stellt. So Gott will.»

Suleiman tastete unter die Flügel des Falken, um die Muskelspannung zu prüfen. Er sagte etwas zu Ibrahim, und der Falkenmeister verbeugte sich. Ein letzter, forschender Blick auf Wayland, dann ließ der Emir seinen Hengst wenden. Trompeten erklangen, und die Reiter machten die Arena frei.

Hero grinste Wayland an. «Sieh dir an, wie weit du es gebracht hast. Als wir uns kennengelernt haben, konntest du nicht einmal sprechen. Und jetzt tauschst du Höflichkeiten mit einem Seldschuken-Emir.»

Die Armee schwärmte unter einem eisblauen Himmel aus, und die Soldaten begannen jedes Tier zu töten, das ihnen über den Weg lief. Es dauerte einen Moment, bis Wayland klar wurde, dass dieses Gemetzel Methode hatte und eine Übung für den Kriegsfall war. Aufklärer mit Flaggen waren vorgeschickt worden, um Beute zu suchen. Einer von ihnen gab von der Horizontlinie aus ein Signal, und ein Trompetenstoß brachte das Feld zum Halten. Auf den nächsten Trompetenklang lösten sich mit höchster Präzision die Flügel der Armee, und die Reiter trabten vorwärts. Sie verschwanden über dem Horizont, und die Ebene wirkte vollkommen verlassen. Die beiden Emire warteten mit ihrer Entourage an der Mittellinie.

Aus der Ferne klangen Hornsignale herüber. Eine Staubwolke erhob sich am Horizont, und die ersten Reiter des zurückkehrenden Vorauskommandos tauchten in zwei Reihen am Horizont auf. Eine Gazellenherde jagte zwischen ihnen dahin. Hinter den Gazellen erschienen wie aus der Erde gewachsen die übrigen seldschukischen Reiter in Halbmond-Formation und trieben die Herde zwischen den Spitzen des Halbmondes weiter. Suleiman deutete mit seinem Zeremonialstab nach rechts und links, und zwei weitere Schwadronen setzten sich in Bewegung, galoppierten vor, damit die Gazellen nicht zu den Flanken hin ausbrachen. Alle fünfzig Schritt hielt einer der Seldschuken an, sodass die Beute in dem Moment, in dem die ersten Reiter zu den Spitzen der Halbmond-Formation aufgeschlossen hatten, eingekesselt war. Dann begannen die Seldschuken, das Netz enger zu ziehen, schwenkten die Flaggen und trieben die Gazellen wie durch einen Trichter zwischen die beiden Emire.

Dreißig Gazellen galoppierten in diesen Korridor und waren ein so einfaches Ziel für die wartenden Bogenschützen, dass kein einziges Tier das Ende des tödlichen Spaliers erreichte.

Walter ritt zu Vallon hinüber. «Jetzt wisst Ihr, womit wir es in Manzikert zu tun hatten.»

Sie machten weiter, und Waylands Erinnerungen später waren ein Wirbel von Einzelbildern: Die Seldschuken stürzten sich in spontane Pferderennen und Bogenschützenwettbewerbe. Sie scheuchten einen Schakal in ein ausgetrocknetes Flussbett, und dreißig Reiter peitschten bei seiner Verfolgung auf ihre Pferde ein. Suleimans Leute auf dem einen, Temurs auf dem anderen Ufer. Einer von Suleimans Männern überholte das Beutetier, drehte sich im Sattel um, schoss einen Pfeil nach hinten ab, und traf den Schakal mitten in die Brust. Suleiman überhäufte den Meisterschützen mit Silber.

Die zwei Emire wählten Sakerfalken aus und ließen sie auf Hasen und Trappen fliegen, die von dem Vorauskommando ausgesetzt wurden. Eine armselige Vergnügung, fand Wayland. Die Falken jagten die Hasen und stießen so oft auf sie herunter, bis sie zu verwirrt waren, um noch zu wissen, wohin sie flüchten sollten. Die Flüge auf die Trappen waren Verfolgungsjagden, die sich selten oberhalb von fünfzig Fuß abspielten. Wenn es dem Beutetier gelang, sich in eine Deckung auf dem Boden zu verkriechen, wurde es von den Seldschuken wieder aufgescheucht und flog auf. Dieser Ablauf wurde so lange wiederholt, bis die Trappe von dem Falken geschlagen wurde oder entkam.

«Das ist eine abstoßende Jagd», sagte Wayland zu Vallon. «So lasse ich meinen Falken nicht fliegen.»

«Halt dich zurück. Erstens ist es nicht dein Falke. Und zweitens kann der Emir jagen, wie es ihm gefällt.»

Ein Trompeter verkündete das Ende der vormittäglichen Vergnügungen. Diener errichteten einen Zelt-Kiosk, und die beiden Emire stärkten sich an Lammspießen und Reis, Feigen, Melonen und Granatäpfeln, Walnüssen in Sirup und Sorbets, die mit Eis von den Zwillingsgipfeln gekühlt wurden.

Wayland nahm sich etwas zu essen und zog sich aus dem Gedränge zurück, weil er den Falken nicht nervös machen wollte. Da schob sich eine Gestalt neben ihn.

«Sieh mich nicht an. Ich dürfte gar nicht hier sein.»

«Syth!»

«Ich wäre schon früher gekommen, wenn der Welpe nicht auf meine Beinhosen gepinkelt hätte. Da musste ich mich noch mal umziehen und dann auf eine Gelegenheit warten, mich hinauszuschleichen.»

Ihre Hände glitten ineinander.

Die Brise aus Nordwesten hatte aufgefrischt, und die Diener, die das Zelt abbauten, kämpften mit den heftig schlagenden Tuchbahnen. Der ganze Tross setzte sich wieder in Bewegung und schlug einen Bogen um das Südufer des Salzsees. Die Sonne hatte ihren Zenit weit überschritten, und langsam wurde es ernst.