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Er drehte sich zu Ibrahim um. «Er hat sie geschlagen.» Reiter, die wild auf ihre Pferde einpeitschten, hielten auf sie zu. «Such ihn», befahl Ibrahim.

Die ersten Reiter waren nur noch Schritte entfernt, als Wayland seinem Pferd die Sporen gab und Richtung See galoppierte. Ibrahim versuchte, ihm eine Gnadenfrist zu verschaffen. Wenn er den Falken wiederfand, sollte er bis tief in die Nacht warten, bevor er ins Zeltlager zurückkehrte. Ibrahim würde die Zeit nutzen, um sich für ihn einzusetzen. Er würde Suleiman erzählen, dass Wayland die Befehle des Emirs missverstanden habe. Er würde erklären, der Falke sei so erregt gewesen, dass er sich losgerissen hatte.

Der Flug hatte mehr als eine Meile entfernt geendet, und Wayland wusste, dass die Chancen schlecht standen, den Falken zu finden, bevor es ganz dunkel wurde. Die Sonne ließ den Horizont erglühen, und der Falke konnte überall in dem Ödland der Salzpfannen gelandet sein. Und genauso gut konnte er seine Beute bis zum anderen Ufer des Sees hinübergetragen haben.

Hinter Wayland wurden Hufschläge laut, und zwei Reiter holten zu ihm auf. Einer war Syth, der andere Walter. Er schlug Wayland mit dem Handrücken ins Gesicht.

«Du niederträchtiger Hund! Du hast Suleiman zum Gespött gemacht. Jetzt kann dich nichts mehr retten. Ich hätte gute Lust, dir selbst den Kopf abzuschlagen. Ich werde Suleiman darum bitten, mir dieses Vorrecht zu gewähren.»

Wayland ritt betroffen weiter. Er kam zu dem Sumpfgebiet, das sich bis zum See hinzog, und zügelte sein Pferd. Die Sonne war schon halb hinterm Horizont verschwunden, und es wehte ein schneidender Wind. Wayland musterte die Landschaft. Zu seiner Rechten und etwa eine Meile hinter dem Beginn des Marschlandes schwebte ein Adler auf Beutesuche über dem Röhricht und ruderte gelegentlich mit einer schwankenden Bewegung in der Luft zurück. Er musste gesehen haben, wie der Falke mit seiner Beute gelandet war, und suchte nun nach ihm. Wayland trieb sein Pferd zu leichtem Galopp in Richtung des Adlers an. Seine Stute lief über eine Salzpfanne und strauchelte, als sie durch die Kruste brach. Er verlangsamte das Tempo und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die Gegend, über der er den Adler gesehen hatte. Tausende von Inselchen lagen über die Tümpel und Wasserläufe verstreut. Er stieg ab und führte sein Pferd am Zügel weiter, angespannt auf den Klang von Glöckchen über dem Rauschen des Schilfs lauschend. Hundert Schritt weiter, und das Wasser reichte seiner Stute schon bis über die Knie. Vorsichtig setzte sie den nächsten Huf vor, dann weigerte sie sich weiterzugehen.

«In diesem Sumpf findest du ihn nie», sagte Walter.

Wayland gab Syth die Zügel. «Ich gehe allein weiter.» Nach ein paar Schritten blieb er zögernd stehen. Er drehte sich nach Walter um. «Der Falke ist nicht weit weg. Hilf mir beim Suchen.»

Walter wurde wütend. «Was glaubst du, mit wem du hier sprichst? Ich gehe nicht in den Sumpf.»

«Ich komme mit», sagte Syth. «Ich bin leicht, und ich bin im Moor aufgewachsen.»

Wayland hielt seinen Blick immer noch auf Walter gerichtet. «Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen.»

Walter runzelte die Stirn. «Geht es um Drogo und Vallon?»

«Es geht um Mord.»

Walter sah über die Schulter, eine Seite seines Gesichts wurde von den Strahlen der untergehenden Sonne rot gefärbt. Suleiman und eine Eskorte von etwa dreißig Männern galoppierten auf sie zu. Neben ihnen ritten Vallon und Drogo.

«Ich wusste es. Sag mir, wie sie es geplant hatten.»

«Nicht hier. Suleiman wird da sein, bevor ich es erklären kann.»

«Was redest du da von Mord?», fragte Syth. «Was ist los? Du bist so merkwürdig.»

Wayland legte ihr sanft die Finger aufs Handgelenk. «Warte, bis ich zurück bin.»

Die Seldschuken waren nun sehr nahe. Der letzte feurige Sonnenrand war versunken, hatte den Horizont mit einem Flammenband überzogen und ließ die Zwillingsgipfel glühen. Hoch oben in einem Himmel aus Purpur und Safran zogen zarte graue Wolkenfetzen dahin. Wayland machte sich auf den Weg in den Sumpf, watete durch Salzwasser, schob sich durchs Röhricht. Trotz des schweren Kettenhemds, das ihn behinderte, folgte Walter ihm.

«Raus damit jetzt», keuchte er. «Wenn ich das, was ich von dir erfahre, zu meinem Vorteil nutzen kann, lege ich bei Suleiman ein gutes Wort für dich ein.»

«Suchen wir zuerst den Falken.»

Walter packte Wayland am Arm. «Wenn ich dich rette, musst du mir als treuer Sklave dienen.»

Wayland hastete weiter. Das Röhricht war so hoch, dass er nur an dem Licht, das von Westen zwischen den Halmen hindurchdrang, erkennen konnte, in welche Richtung er sich bewegte. Alle paar Schritte blieb er stehen und lauschte angestrengt auf die Falkenglöckchen. Es war aussichtslos. Suleimans gesamte Armee könnte einen Tag lang nach dem Falken suchen und ihn doch nicht finden. Bestimmt hatte er sich mit seiner Taube eine Deckung gesucht, nachdem er den Adler gesehen hatte. Selbst wenn er nur ein paar Schritte neben ihm hockte, würde Wayland vermutlich einfach an ihm vorbeigehen. Falken erstarrten auf ihrer Beute, wenn jemand in die Nähe kam.

Sie erreichten eine Art seichten Tümpel, um den hohes Gras wuchs. Irgendein Gefühl hinderte Wayland daran, das flache Wasser zu durchqueren. Er lief um den Rand herum, nur um gleich den nächsten Tümpel vor sich zu haben. Und dann noch einen. Er ging so viele Schlangenlinien, dass er schließlich nicht mehr wusste, wo er den Adler hatte jagen sehen. Er suchte sich einen Weg zwischen den Sumpflöchern, doch später würde er nur die Sterne haben, um ihm den Rückweg zu zeigen.

Walter machte einen falschen Schritt und sank bis zu den Knien ein. Der Grund um ihn herum erschauerte. Wayland half ihm auf sicheren Boden.

«Das ist weit genug. Mit meinem Kettenhemd ist es hier zu gefährlich.»

«Wir haben immer noch ausreichend Licht, um ihn zu finden.»

«Wir sind schon zu tief im Sumpf. Bring mich zurück.»

«Du kannst umkehren, wenn du willst.»

«Ich kenne aber den Weg nicht.»

«Dann bleib bei mir. Es dauert nicht lange.»

Walter zog sein Schwert. «Erzähl mir, was Drogo vorhat.»

«Wir vergeuden Zeit, die wir besser auf die Suche verwenden würden. Komm schon.»

Walter packte ihn mit der einen Hand, mit der anderen hob er sein Schwert. «Du vergeudest meine Zeit.»

Wayland sah Walter in die Augen.

«Also?»

Waylands Blick irrte ab. «Ich habe sein Glöckchen gehört.»

Walter zerrte ihn am Arm herum. «Lügner. Der Wind hier ist so laut, dass man nicht einmal eine Kirchenglocke hören würde.»

«Nein», sagte Wayland und machte sich von Walter los. Er ging weiter, sah immer wieder nach rechts und links, dann blieb er stehen. Er deutete in eine Richtung. «Es kommt von dort drüben.»

Walter stolperte hinter ihm her. Alle paar Schritte rief Wayland nach dem Falken. Das Glöckchen war nicht mehr zu hören. Wayland verlangsamte seinen Schritt, wollte vermeiden, dass er den Falken versehentlich erschreckte. Er spähte zwischen den Schilfhalmen hindurch, versuchte, die Form des Falken aus der Dämmerung herauszufiltern. «Wo bist du?»