Выбрать главу

»Aber wissen denn Seine Durchlaucht, daß ... ich meine ... wie delikat die Angelegenheit ist?«

»Wieso delikat? Die Angelegenheit ist so klar, daß noch jeder Polizist sie begreift!« beschied Wedischtschew ihm barsch. »Ihr hattet mit dem Polizeipräsidenten vereinbart, einen Verdächtigen zu ergreifen, einen Hochstapler, der sich als Kaufmann Klonow aus Rjasan ausgibt. Dabei ist der echte Klonow dem Vernehmen nach eine respektable Person, gute zwei Zentner schwer. Karatschenzew, das Schaf, hat die Zeiten durcheinandergebracht, und darum mußtet Ihr Euer Leben alleine riskieren. Schade übrigens, daß es nicht geklappt hat, den Übeltäter lebend zu fangen. Jetzt werden wir nie erfahren, was er im Schilde führte. Aber die Hauptsache ist ja, Verehrtester, daß Ihr gesund und munter seid. Seine Durchlaucht hat schon alles fein ordentlich nach Petersburg gemeldet, an Seine Majestät persönlich. Und was nun kommt, ist klar wie Kloßbrühe: Der Polizeipräsident wird wegen Dämlichkeit achtkantig aus dem Nest geschmissen, ein neuer wird ernannt, und Euer Hochwohlgeboren kriegen einen Orden angehängt. Was soll daran heikel sein?«

»Was d-d-... daran heikel sein soll?« fragte Fandorin zurück und sah dem Alten forschend in die wäßrigen Auglein.

»Ja, nun? War denn noch was?«

»Nein, nein ... Eigentlich nicht«, gab Fandorin nach kurzem Überlegen kund.

»Na, seht Ihr. Joi, was habt Ihr da für ein hübsches Portefeuillechen! Exquisites Stück. Vermutlich ausländisches Fabrikat?«

Der Kollegienassessor (von wegen, Ex-Kollegienassessor: er war es, und er blieb es!) zuckte zurück.

»Das Portefeuille gehört mir nicht. Ich bin dabei, es der städtischen Duma zu überstellen. Die Großspende eines anonymen Stifters zur Fertigstellung der Kathedrale.«

»Eine ... beträchtliche Großspende?« fragte der Kammerdiener und sah den jungen Mann gespannt an. »Fast eine Million Rubel.« Wedischtschew nickte erfreut.

»Na, das wird den Fürsten aber freuen. Dann kriegen wir die verflixte Kathedrale ja fertiggebaut. Ohne daß sie noch mehr Geld aus dem Stadtsäckel zieht! Ach, wenn Rußland nicht seine Wohltäter hätte, Gott schenke ihnen ein langes Leben, und so sie sterben, Friede ihren Seelen ... «

Wedischtschew bekreuzigte sich inbrünstig. Doch er war noch nicht damit zu Ende, als er sich an den Kopf faßte.

»Wir müssen, mein Lieber, wir müssen!« rief er und fuchtelte mit den Armen. »Seine Durchlaucht haben verkündet, ohne Euch nicht frühstücken zu wollen. Und das geht bei uns streng nach Plan: Punkt halb neun wird das Breichen gegessen. Auf dem Bahnhofsvorplatz wartet die Gouverneurskutsche, mit der sind wir eins-zwei-drei an Ort und Stelle. Um Euren Asiaten sorgt Euch nicht, den nehme ich mit zu mir, schließlich hat unsereins ja auch noch nicht gefrühstückt! Von gestern ist noch ein ganzes Kesselchen Kohlsuppe mit Kaidaunen übrig, köstlich nur einmal! Die Kringel da, die schmeißen wir weg - wozu den Wanst mit Teig vollstopfen, das erzeugt nur üble Darmwinde.« Teilnahmsvoll blickte Fandorin zu Masa hinüber, der selbstvergessen und mit geblähten Nasenflügeln den Duft aus seiner Tüte in sich einsog. Auf den Ärmsten wartete eine schwere Prüfung.