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»Ich schätze, es war Cathcherns und Calladas eigener Wunsch, Krieger zu sein, nicht wahr?« fragte Eadulf. »Dann wußten sie, daß der Tod ihr ständiger Begleiter ist. Und am Gelbfieber sind sehr viele Menschen gestorben. Warum also war jene Familie besonders unglücklich?«

»Es gab häßliche Geschichten.«

»Häßliche Geschichten?«

Aona machte eine unbeholfene Geste, als wolle er abtun, was er da erwähnt hatte. »Vielleicht ist es unangebracht, sie jetzt wieder aufzuwärmen.«

Eadulf schnaubte verächtlich. »Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Jetzt mußt du uns alles erzählen.«

Aona zögerte. Dann zuckte er mit den Schultern und beugte sich zu ihnen vor. Flüsternd begann er: »Ich hörte von ein paar Kriegern, die an der Schlacht von Cnoc Äine teilgenommen hatten, daß Callada nicht durch Feindeshand den Tod fand, sondern durch einen seiner eigenen Leute.«

Eadulf war darüber nicht verwundert. Er hatte Ähnliches schon von anderen Schlachten gehört.

»Willst du damit sagen, daß ihn auf dem Schlachtfeld auf einmal der Kampfesmut verlassen hat? Solche Geschichten habe ich zur Genüge gehört und weiß, daß so manch einer getötet wurde, weil er sich als Feigling erwies und das Leben seiner Gefährten aufs Spiel setzte.«

»Das weiß ich auch. Aber Callada war kein Feigling. Er war ein guter Krieger und stammte aus einer Familie großer Krieger. Dennoch haben sich diese Geschichten gehalten. Ganz gleich wie er den Tod fand, er kam bei Cnoc Äine ums Leben. Und Sarait starb auch eines gewaltsamen Todes. Eine Familie, in der der Tod auf gewaltsame Weise kommt und niemand mehr übrigbleibt, um die großen Taten der Vorfahren zu besingen, ist eine unglückliche Familie.«

Fidelma schwieg einen Moment. Dann lächelte sie.

»Nun, Aona, wir haben genügend Gewalt miterlebt. Wie angenehm wäre es nun, sich in ein abgelegenes Tal hoch oben in den Bergen zurückzuziehen und mit uns und unserer Umwelt in Frieden zu leben.«

Aona machte ein trauriges Gesicht.

»Vor der Gewalt der Menschheit ist kein Ort sicher. Ich fürchte, daß es immer Gewalt geben wird, Lady.«

Fidelma erhob sich und blickte durchs Fenster. Der Himmel hellte auf.

»Adag hat recht behalten. Der Himmel ist heller. Das Gewitter zieht weiter. Wir müssen weiter nach Imleach.«

Der alte Gastwirt stand auf.

»Ich wünsche dir bei deiner Suche viel Glück, Lady Fidelma. Du mögest dein Kind finden und den Mörder von Sarait einer gerechten Strafe zuführen.«

Capa und seine Männer hatten sich ebenfalls erhoben.

»Reiten wir jetzt weiter nach Imleach, Lady Fidelma?« fragte Capa. Als Fidelma nickte, erklärte Capa: »Wir werden selbst die Pferde fertigmachen. Der junge Bursche muß nicht bemüht werden, Wirt.« Adag war inzwischen nebenan in der Brauerei, wo er im Auftrag von Aona ein paar Arbeiten verrichtete.

Die Krieger waren kaum aus der Gaststube, als die Tür wieder aufging und ein stämmiger Mann in mittleren Jahren eintrat. Er schien ein fröhlicher Geselle zu sein.

»Sei gegrüßt, Aona. Deine Gäste sind wohl gerade im Aufbruch. Krieger, wie es scheint ...«

Auf einmal entdeckte er Fidelma und Eadulf und verstummte erstaunt. Aona lächelte Fidelma an.

»Da wir uns gerade darüber unterhalten haben -das ist Cathalan. Er hat auch bei Cnoc Äine gekämpft. Cathalan, das ist .«

Der Neuankömmling hatte den Raum durchquert und neigte voller Respekt seinen Kopf.

»Lady, ich hatte die Ehre, deinem Bruder bei Cnoc Äine zu dienen. Ich erkenne dich wieder, ich habe von deinem Unglück gehört. Es tut mir sehr leid.«

Fidelma senkte dankend den Kopf.

»Cathalan, wir haben soeben erst von Saraits Ehemann gesprochen und wie er zu Tode kam.«

»Hast du gesehen, wie er starb?« fragte Eadulf.

Cathalan schüttelte sofort den Kopf.

»Ich war nicht Zeuge. Aber ich habe so allerlei gehört. Nach einer Schlacht, Bruder Eadulf, da kriegt man immer irgendwelche Geschichten erzählt. Fragt man nach, so heißt es, daß diese Geschichte von einem anderen stammt, der sie wiederum von jemand anderem hörte, der angeblich etwas gesehen haben soll. Fragt man dann denjenigen, so kennt er das Ganze auch nur aus dem Munde eines anderen, der dabeigewesen sein soll. Aber das Gerücht, daß Callada von einem unserer eigenen Krieger umgebracht worden sei, stammt aus zwei unterschiedlichen Quellen. Einmal von einem Ui Fidgente und dann von einem unserer Leute. Ich habe keinen Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Wir konnten jedoch keine weiteren Nachforschungen anstellen, denn es gab niemanden, der das ganze wirklich bezeugen konnte.«

»Hat man den Vorfall einem Brehon vorgetragen?« wollte Fidelma wissen.

»Ja. Brehon Dathal sagte, daß er in dem Fall ermittelt hätte und die Ermittlungen wegen fehlender Ergebnisse hätte einstellen müssen.«

»Ich verstehe. Du bist also einer der Krieger, die nur wiederholt haben, was andere dir erzählten.«

Cathalan zögerte einen Augenblick.

»Gibt es noch etwas Wichtiges?« fragte Fidelma vorsichtig.

»Ich war Calladas cenn-feadhna.« Eadulf dachte an die gut durchorganisierten Strukturen der Truppen

von Éireann. Er wußte, daß ein cenn-feadhna der Anführer einer buden oder einer Kompanie war, zu der hundert Krieger gehörten. »In der Hitze des Gefechts bei Cnoc Äine haben wir uns aus den Augen verloren. Einige meiner Männer, es waren vierzehn Krieger, ließen an diesem Tag ihr Leben, weil wir zu den ersten gehörten, die ins Zentrum der Ui Fidgente vorstoßen sollten.« Er schwieg kurz. »Am Abend vor der Schlacht, als wir alle am Feuer saßen, fiel mir auf, daß Callada Sorgen hatte. Ich fragte ihn, was ihn so bedrückte, und zuerst wollte er mir nichts davon erzählen. Doch da ihn die Sache sehr bewegte und ich weiter in ihn drang, verriet er mir, daß er guten Grund zu der Annahme hätte, daß Sarait ihm nicht treu sei.«

»Daß sie eine Affäre mit einem anderen Mann hatte?« fragte Eadulf.

»Daß sie womöglich eine Affäre mit einem anderen hatte. Callada war sich nicht sicher.«

»Wer hat noch davon gewußt?« fragte Fidelma.

»Er sprach nur zögernd von dem Ganzen. Ich glaube nicht, daß er noch jemand anderen ins Vertrauen gezogen hatte.« Auf einmal legte sich Cathalans Stirn in Falten. »Meinst du, daß es da eine Verbindung zu Saraits Tod gibt?« Doch schon schüttelte er daraufhin den Kopf. »Aber das ist nicht möglich, sie war die Amme deines Kindes, und man hat dein Baby entführt. Da besteht gewiß kein Zusammenhang, oder?«

»Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen«, sagte Fidelma ruhig. »Sarait ist tot. Sie wurde aus der Burg direkt in den Tod gelockt. Weil man hoffte, so mein Kind entführen zu können? Falls dem so ist, dann .«

Plötzlich verstummte sie, sie hatte bemerkt, daß sie laut nachgedacht hatte. Sie richtete ihre blaugrünen Augen auf Cathalan.

»Hat Callada verraten, wen er verdächtigte, eine Affäre mit seiner Frau zu haben?«

»Leider nicht.«

»Und als du die Gerüchte über sein Ende hörtest, was hast du da vermutet?«

Cathalan zuckte mit den Schultern. »Lady Fidelma, ich bin nicht zum cenn-feadhna ernannt worden, weil ich so gut Vermutungen anstelle. Ich habe Brehon Dathal die Fakten mitgeteilt. Überlegungen muß er selbst anstellen. Das ist alles, was ich zu sagen habe.«

Gorman steckte den Kopf in die Gaststube, den neuen Gast bemerkte er nicht.

»Die Pferde sind bereit, Lady.«

Fidelma schwieg kurz, dann lächelte sie Cathalan an.

»Ich bin dir für diese Informationen sehr dankbar. Wirklich. Sie können wichtig sein oder auch nicht. Wahrscheinlich sind sie es nicht. Aber alles mag irgendwie hilfreich sein.« Sie wandte sich wieder an Aona. »Für deine Gastfreundschaft stehen wir wieder einmal in deiner Schuld, Aona.« Sie drückte ihm ein paar Münzen in die Hand, die er nur widerstrebend annahm.