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Zur Überraschung der umstehenden Männer öffnete sie langsam und vorsichtig die Mönchskutte, bis die Haut des Zwergs sichtbar wurde. Schweigend sahen sie zu, wie sie den Toten untersuchte. Schließlich hüllte sie den kleinen Körper wieder ein und stand auf.

»Gibt es hier in Cnoc Loinge einen Arzt?« fragte sie Fiachrae.

Der Fürst schüttelte den Kopf.

»Wir haben einen Kräuterheilkundigen hier und einen Mann, der die Leichen zum Begräbnis vorbereitet. Der nächste Arzt lebt in der Abtei von Imleach.«

»Dann soll der Apotheker die Leiche an einen Ort bringen, wo er sie genauer untersuchen kann. In einer Stunde will ich seinen Bericht hören.«

»Worauf soll er achten?«

»Er soll mir sagen, ob dieser Mann an irgendwelchen Krankheiten litt.«

Fiachrae wandte sich an den Gefolgsmann, der sie hierhergeführt hatte, und gab ihm die entsprechenden Befehle.

Fidelma stand wieder bei den Kriegern.

»Wie ist die Leiche entdeckt worden?« fragte sie sie.

Gorman scharrte verlegen mit den Füßen auf dem Boden.

»Ich habe sie entdeckt, Lady.«

»Wie war das genau?« fragte Fidelma. »Diese Stelle hier ist ziemlich weit weg vom Jahrmarkt, wo ihr eigentlich suchen solltet.«

»Nun, als du von uns fort bist, da meinte Capa, wir sollten uns trennen, damit wir mit der Suche schneller vorankämen. Ich überprüfte eine Weile den Jahrmarkt, als Capa zu mir kam und sagte, eine Frau hätte ihm gerade von einem Zwerg im Mönchsgewand berichtet, der sich im Wald in jener Richtung aufhalten sollte. Also hat er mich hierhergeschickt.«

Capa wollte etwas hinzufügen, doch Fidelma hob die Hand, damit er schwieg.

»Rede weiter, Gorman.«

»Also lief ich los und sah mich hier um. Die Leiche war nicht gut versteckt, so habe ich sie schnell gefunden.«

»Hat sie so dagelegen, als du sie entdecktest?«

»Genau so wie jetzt, Lady. Ich habe nichts angerührt. Da ich sicher war, daß der Zwerg tot war und ich gewiß keinen Leprakranken anfassen wollte, rannte ich zurück und traf bald auf Capa, der immer noch mit Caol den Jahrmarkt absuchte. Dann kehrten wir sofort hierher zurück. Capa lief gleich noch einmal zum Jahrmarkt, um jemanden zu beauftragen, dich zu holen.«

Nun trat Caol vor. »Capa und Gorman blieben bei der Leiche, während ich am Waldrand auf dich gewartet habe.«

»Gorman, hast du jemanden in der Nähe der Leiche bemerkt?«

»Nein, Lady. Sobald ich sah, auf welche Weise der kleine Mann umgebracht worden war, blickte ich mich um, so gut es in dem undurchdringlichen Dik-kicht ging, doch ich habe niemanden bemerkt, auch keine weiteren Hinweise entdeckt.«

Fidelma nickte langsam und schaute nun wieder zu Capa.

»Ich muß mir über die Abfolge der Ereignisse ein genaues Bild machen. Woher wußte die Frau, daß du nach einem Zwerg in Mönchskutte mit einer Lepraglocke suchst? Wenn dir die Frau von einem Zwerg am Waldrand berichtete, warum bist du dann nicht selbst dorthin gegangen, um nachzusehen?«

Capas Lächeln war entwaffnend.

»Ich habe ein paar Leute gefragt, ob sie einen solchen Zwerg gesehen hätten. Ich dachte, das würde unsere Suche beschleunigen. Niemand hatte eine derartige Person bemerkt, außer dieser Frau, einer Bauerntochter, wie ich meine. Sie sagte mir, daß sie einen eigenartigen Burschen gesehen habe, als sie am Bach Wasser für ihre Tiere holte. Fast im gleichen Moment erblickte ich Gorman« - er zeigte auf den jungen Krieger mit dem rabenschwarzen Haar - »und wies ihn an, dieser Spur nachzugehen. Ich habe weiter die Leute befragt. Kurz darauf kehrte Gorman zurück. Der Rest trug sich so zu, wie er es geschildert hat, Lady.«

Fidelma seufzte tief.

»Wir wollen wieder ins Zelt gehen, Fiachrae. Wartet hier«, sagte sie zu Capa und seinen Männern, »bis der Apotheker eintrifft. Macht ihm klar, daß ich eine gründliche Untersuchung der Leiche verlange. Er soll unbedingt feststellen, ob der Mann irgendwelche Krankheiten hatte. Danach soll einer von euch in Fi-achraes Zelt kommen und mir Bericht erstatten.«

Capa hob die Hand zum Zeichen, daß er verstanden hatte. Fidelma, Fiachrae und Eadulf kehrten ins Zelt des Fürsten zurück.

»Ich verstehe das nicht, Cousine«, sagte Fiachrae. »Ich begreife gar nichts mehr.«

»Das mußt du ja auch nicht«, entgegnete Fidelma kurz angebunden.

Eadulf räusperte sich bedeutungsvoll. Schließlich war das hier Fiachraes Dorf, sein Zuständigkeitsbereich. Fidelma ließ sich zu einer Erklärung herab.

»Ich glaube, daß es sich um den Zwerg handelt, nach dem wir suchen. Doch ich glaube nicht, daß der Zwerg leprakrank war.«

Eadulf riß die Augen auf. »Immerhin trug er eine Lepraglocke bei sich.«

»Daher habe ich darum gebeten, daß die Leiche von jemandem untersucht wird, der meinen Verdacht bestätigen kann.«

Fiachrae ging auf den Krug mit Honigmet zu und goß sich reichlich ein. Dann besann er sich auf seine Rolle als Gastgeber und kam mit dem Krug zu Fidelma und Eadulf.

»Trinkt ihr auch etwas?«

Diesmal schüttelte Eadulf den Kopf, und Fidelma nickte.

»Nur einen winzigen Schluck«, meinte sie, als sie sah, daß ihr Cousin ihr großzügig einschenkte.

»Durch den Mord liegt nun ein dunkler Schatten auf unserem Jahrmarktsfest, Cousine«, murmelte Fiachrae. »Wer ist dieser kleine Mönch, und wer hat ihn getötet? Der Mord fand auf meinem Gebiet statt, und ich bin verantwortlich dafür, daß man den Täter findet.«

»Auch wenn ich nur Gast in deinem Reich bin, so werde ich als ddlaigh diesen Fall übernehmen, Cousin«, versicherte ihm Fidelma.

»Aber wer ist der Tote?« fragte Fiachrae. Plötzlich schien ihm eine Idee zu kommen. »Ich sollte besser die kleinen Spielleute von dem Vorfall informieren, es könnte sein, daß sie den Zwerg kennen.«

»Sehr gut!« rief Fidelma. »Das hätte ich beinahe vergessen. Bitte sie dorthin, wo der Heilkundige die Leiche untersucht. Doch sie dürfen erst zu ihm, nachdem ich mit dem Mann gesprochen habe.«

Als Fiachrae fort war, sagte Eadulf zu Fidelma: »Ich habe da eine Theorie. Dieser junge Krieger, Gorman -er hatte durchaus Gelegenheit, den Zwerg umzubringen.«

»Wie kommst du darauf, Eadulf?«

»Er war so erpicht darauf, uns zu begleiten. Er hat gestanden, in Sarait verliebt zu sein, da wollte er sich rächen. Das sind doch gute Gründe.« Plötzlich riß er die Augen auf. »Wenn Aona recht hat, dann könnte Gorman sogar Saraits Mann Callada getötet haben und ...«

Fidelma fiel ihm ins Wort. »Ich glaube, wir sind da zu voreilig, wir haben keine Beweise. Spekulationen können faszinierend sein, doch wie ich schon oft gesagt habe, Eadulf, sie führen zu nichts. Warum sollte Gorman den Zwerg umbringen? Wir wissen auch nicht, ob der Zwerg Sarait getötet hat, wir wissen nur, daß eine kleine Person, die Caol für ein Kind hielt, eine Nachricht an Sarait überbrachte und sie deshalb die Burg verließ. Alles andere sind Mutmaßungen.«

»Ich hatte vergessen, daß Caol an jenem Abend das Kind gesehen hat. Vielleicht hat er den Zwerg erkannt und ...«, sagte Eadulf niedergeschlagen.

Fidelma schüttelte den Kopf. »Wir wollen nicht weiter spekulieren, wir müssen erst mehr in der Hand haben«, sagte sie.

Schon bald ließ Caol sie zur Behausung des Apothekers rufen. Es war eine Holzhütte voll mit getrockneten Kräutern. An einer Seite flackerte ein Feuer im Herd und verstärkte das würzige Aroma, das in der Luft lag, so sehr, daß Eadulf zu husten anfing und Fidelma nach Luft rang. Durch die kleinen Fenster drang so wenig Tageslicht, daß das Innere der Hütte mit Laternen beleuchtet werden mußte.

Der Apotheker war alt und wirkte verdrossen.

»Nun, der Zwerg ist tot«, empfing er Fidelma und ihre Begleiter unwirsch, als sie eintraten. Er blickte sie mit kurzsichtigen Augen an. »Tot«, wiederholte er. »Was habe ich also damit zu tun?«