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Finguine hatte wütend den Unterkiefer vorgeschoben.

»Cousine, und wie sollen wir zu dem anonymen Schreiber Kontakt aufnehmen?« fragte er mit sarkastischen Unterton. »Weder Name noch Ort stehen auf dem Stück Birkenrinde. Wohin sollten wir die Antwort schicken?«

»Was du sagst, stimmt schon, Cousin«, erwiderte Fidelma ebenso sarkastisch. »Aber denk doch mal nach. Ich vermute, daß der Verfasser über gute Nachrichtenwege in Cashel und Umgebung verfügt und unsere Antwort bald erhalten wird.«

Colgu verzog nachdenklich den Mund.

»Wir können auf dem Marktplatz bekanntmachen, daß wir einen Beweis dafür verlangen, daß Alchu bei dem Verfasser der Nachricht ist, ehe wir die drei Fürsten freilassen.«

Fidelma nickte.

»Ich würde außerdem vorschlagen, daß man einen Boten mit einer solchen Bekanntmachung zu jedem Gasthaus auf dem Weg bis zur Grenze der Ui Fidgente schickt«, fügte Finguine hinzu. »Und daß man den jetzigen Stammesfürsten der Ui Fidgente von der Sache informiert. Auf diese Weise wird es auch der Erpresser bald erfahren.«

»Doch wie soll er beweisen, daß Alchu bei ihm ist?« Capa runzelte die Stirn. »Was erwartest du?«

»Das ist nicht so schwierig«, antwortete Eadulf sogleich. »Vielleicht schickt er uns ein Stück von seiner Kleidung, etwas, das Alchu trug, als er entführt wurde. Ich bin sicher, daß Fidelma und ich es wiedererkennen würden.«

Er schaute zu Fidelma, die rasch nickte. »Das alles soll sofort geschehen.«

»Wem soll ich befehlen, zum Land der Ui Fidgente zu reiten?« fragte Capa bedrückt.

»Vielleicht erklärst du dich selbst dazu bereit?« sagte Finguine mit zynischem Unterton und lächelte. Fidelma spürte förmlich, daß die beiden Männer einander nicht mochten.

Der gutaussehende Anführer der Leibgarde schien beleidigt zu sein. »Ich bin Befehlshaber der königlichen Leibgarde und kein techtaire - kein Bote. Außerdem befehlige ich die Nasc Niadh, die Elitetruppe der Könige von Cashel.«

Finguine setzte ein breites Lächeln auf. »Ich sehe ein, daß es bei den Ui Fidgente für dich zu gefährlich werden könnte!«

Colgu schüttelte mißbilligend den Kopf.

»Ihr beide wißt, daß ein Bote besonderen Schutz genießt. Auch von den ärgsten Feinden wird ein tech-taire mit äußerstem Respekt behandelt. So lautet nicht nur das Gesetz, sondern es ist eine Frage der Ehre, daß einem Boten freies Geleit durch feindliches Gebiet garantiert ist. Capa, da du Befehlshaber der Leibgarde bist, beauftrage ich dich mit dieser Aufgabe. Ich werde Cerball bitten, mehrere Abschriften unserer Forderung anzufertigen, die du mitnehmen wirst. Sorge dafür, daß sie am Gasthaus hier in der Stadt und an allen Gasthäusern auf dem Weg bis zum Land der Ui Fidgente angebracht werden.« Er sah seine Schwester an, die zustimmend nickte.

Capa war ganz offensichtlich über den Befehl nicht sehr erbaut. Er nahm wohl an, daß die Dienste eines techtaire unter seiner Würde waren. Aber er schwieg und verneigte sich, wenn auch widerwillig, vor seinem König, wie es der Gehorsam verlangte.

»Ich bin mir sicher, daß wir auf diese Weise den Erpresser finden«, sagte Fidelma zufrieden. »Bald werden wir wissen, ob die Botschaft, die wir erhalten haben, echt ist oder nur eine List war, um unsere Feinde freizubekommen.«

»Ich werde Cerball herbitten«, bot Finguine an.

Colgu hieß ihn gehen und sprach an Capa gewandt: »Während wir darauf warten, daß Cerball unsere Bekanntmachung vervielfältigt, solltest du, Capa, meine Standarte holen, die du als techtaire tragen wirst. Sie befindet sich in dem Raum am Ende des Korridors, wo die Gemächer meiner Schwester liegen.«

Fidelma und Eadulf blieben noch einen Moment bei Colgu und informierten ihn über das, was sie auf ihrer Reise nach Imleach und Cnoc Loinge erfahren hatten. Dann machten sie sich auf den Weg zu ihren Räumen. Als sie den Kreuzgang entlangliefen, blieb Eadulf auf einmal an einem Gewölbebogen stehen und blickte in den Innenhof. Fidelma schaute über seine Schulter.

»Man hat uns nicht mitgeteilt, daß er wieder zurück in Cashel ist«, sagte Eadulf leise.

Ihr Blick war auf die große, hagere Gestalt eines Klerikers gerichtet, der sich mit einem älteren Mönch unterhielt.

»Bischof Petran«, sagte Fidelma. »Du kannst ihn nicht besonders leiden, oder?«

Eadulf nickte. »Ich weiß noch, was dein Bruder bezüglich der Feinde im Innern gesagt hat. Glaubst du, daß Petran oder seine Anhänger in der Lage wären, jemanden zu entführen?«

»Er ist auch nur ein Mensch. Ist einer erst einmal vom Fanatismus so durchdrungen wie vom Glauben, dann ist er zu allem fähig, Eadulf«, erklärte sie. »Doch ich bezweifle, daß Petran eine Verschwörung angezettelt hat, um die Fürsten der Ui Fidgente freizubekommen. Dem Königshaus der Eoghanacht stand er immer loyal gegenüber, den Dal gCais nicht. Mein Bruder sagte doch, er hätte sich erst kürzlich auf eine Reise zu den westlichen Inseln begeben. Er kann unmöglich schon wieder von dort zurück sein. Wieso ist er jetzt in Cashel?«

Als hätte er ihre Frage gehört, drehte sich Bischof Petran um und entdeckte die beiden. Er sagte etwas zu seinem Begleiter, dann lief er über den Hof auf sie zu.

»Gott sei mit dir, Fidelma, und mit dir, Bruder Eadulf«, begrüßte er sie in einem Tonfall, in dem man wohl die Sterbesakramente erteilte.

Angewidert kniff Eadulf die Augen zusammen, Fidelma jedoch entgegnete förmlich: »Gott und Maria mögen dich geleiten, Bischof Petran. Was führt dich so schnell wieder nach Cashel zurück? Man sagte mir, daß du erst vor kurzem zu den westlichen Inseln aufgebrochen seist.«

Der Bischof schniefte abschätzig.

»Etwas Unerwartetes ist geschehen, und so brach ich meine Reise in der Abtei von Colman an der Küste ab. Ich bin erst gar nicht an Bord eines Schiffes gegangen.«

»Ich hoffe, es ist nichts Ernstes?«

Der Bischof schüttelte den Kopf. Offenbar hielt er es nicht für notwendig, weitere Erklärungen abzugeben. Er räusperte sich.

»Ich habe soeben von eurer Tragödie erfahren. Mein ... mein Beileid. Ich werde eine Messe für den Seelenfrieden der armen Sarait abhalten, die immer eine sehr folgsame Tochter des Glaubens gewesen ist ...« Wieder zögerte er. »Und ich werde für die Rückkehr deines Kindes beten.«

Eadulfs lachte bitter auf.

»Du wirst für unseren Sohn Alchu beten?« fragte er und betonte das Wort >unseren<. »Meine Frau wird das sehr zu schätzen wissen.«

Bischof Petran wirkte ein wenig verunsichert.

»Als Diener des Glaubens ist das keine bloße Geste, sondern meine Pflicht.«

»Ich dachte, du würdest unseren Sohn ablehnen? Du lehnst ja auch unsere Verbindung ab«, erklärte Eadulf ein wenig spöttisch. Fidelma wollte ihm einen warnenden Blick zuwerfen, doch er schaute sie nicht an.

Bischof Petrans blasse Wangen röteten sich leicht.

»Ich habe so meine Ansichten, Eadulf von Seax-mund’s Ham«, erwiderte er gereizt. »Trotzdem kann ich mir doch Sorgen um das Wohlergehen des Sohnes der Schwester meines jetzigen Königs machen.«

»Oder auch meines Sohnes?« fuhr ihn Eadulf barsch an. »Du überraschst mich. Ich dachte, du verachtest alle eheähnlichen Verbindungen unter Mönchen und Nonnen, da sie vom Bösen genährt werden, insbesondere wenn es Verbindungen von Frauen deines Landes mit Männern meines Landes sind.«

Fidelma trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Eadulfs verbaler Angriff auf den alten Bischof hatte ihr die Sprache verschlagen. Wieder einmal war sie verblüfft, ja beunruhigt über diese neue Seite in Eadulfs Wesen.

»Eadulf, jetzt ist nicht die Zeit für theologische Streitgespräche«, ermahnte sie ihn. »Wir sollten dem Bischof für seinen geistlichen Beistand danken.«