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Crond saß am Bettrand und sah sie mit einem düsteren Lächeln an.

»Wie spät ist es?« brachte Fidelma hervor, nachdem sie sich geräuspert hatte.

Crond lachte belustigt.

»Noch nicht sehr spät, Lady. Es ist noch vor Mitternacht. Ich dachte, daß du vielleicht etwas essen willst. Wir wollen nicht, daß du hungrig und schwach bist. Vor uns liegt ein langer Ritt ins Land der Ui Fid-gente.«

»Wann brecht ihr auf?« fragte Fidelma.

Crond zuckte mit den Achseln. »Wenn Cuirgi meint, daß es für uns sicher ist. Vielleicht morgen, vielleicht auch später.«

Fidelma sah auf die Schale mit Suppe und auf den Becher, die auf dem kleinen Tisch standen.

»Wenn ich gefesselt bleibe, mußt du mir beim Essen und Trinken helfen. Oder binde mir die Hände los, damit ich selbst zugreifen kann.«

Wieder lachte Crond.

»Oh, ich werde dich füttern, Lady. Ich habe sonst nichts zu tun, und wir wollen doch nicht, daß du auf dumme Gedanken kommst, nicht wahr?«

»Der Strick schneidet mir ins Fleisch«, beschwerte sie sich.

»Das bezweifle ich nicht«, versicherte ihr Crond. »Cuan hat ein bemerkenswertes Talent, Leute zu fesseln.« Er griff nach dem Becher und setzte ihn an ihre Lippen. »Wahrscheinlich willst du zuerst einen Schluck trinken.«

Sie schluckte den Met hinunter. Er war ein wenig sauer, aber ihre Kehle war nach den vielen Stunden mit dem Leinenknebel im Mund so trocken und gereizt, daß sie gierig davon trank.

Als er den Becher abstellte, leckte sie sich die Lippen und betrachtete den Ui Fidgente prüfend. Sie fragte sich, wie sie ihn dazu bringen könnte, ihr zu helfen.

»Ich glaube, daß du klüger als deine Gefährten bist, Crond«, fing sie an.

Überrascht zog der Krieger die Augenbrauen hoch.

»Das glaube ich auch, Lady. Wie kommst du darauf?«

»Ich habe gehört, wie du vorhin mit Cuirgi gesprochen hast. Wirklich, mein Bruder hat kein Komplott ausgeheckt, um euch aus Cashel fortzulocken und dann umzubringen. Die Amme meines Sohnes ist getötet worden, dabei wurde mein Kind entführt. Wir haben ein Erpresserschreiben erhalten, das eure Freilassung verlangt und im Gegenzug dafür die Rückgabe meines Sohnes verspricht, sobald ihr über der Grenze seid.«

Cronds Gesicht blieb ohne Regung. »Warum sollte ich dir das glauben?«

»Weil ich annehme, du weißt, daß ich die Wahrheit sage. Wer immer mein Kind festhält, wird es ermorden, wenn ihr nicht sofort heimkehrt. Sie werden denken, mein Bruder hält euch nach wie vor fest. Ich will nicht, daß mein Sohn stirbt.«

Crond zog die Schultern hoch. Er neigte sich zur Seite und nahm die Schale und einen Löffel. Er hielt ihr einen Löffel Suppe hin.

»Cuirgi hatte schon recht, Lady, wenn das alles stimmen würde, hätte man uns informiert. Ich gestehe, daß uns oft Nachrichten ins Gefängnis geschmuggelt wurden. Das war ganz einfach. Der alte Wärter ist bestechlich.«

»Dafür wird er Rede und Antwort stehen müssen«, stellte Fidelma verärgert fest. Für einen Moment hatte sie vergessen, daß sie nur eine Geisel war.

Crond lächelte bewundernd.

»Du hast Charakter, Lady, das kann ich dir bescheinigen.«

»Das Leben meines Sohnes steht auf dem Spiel.«

»Unser Leben steht auch auf dem Spiel«, entgegnete er kurz. »Wir werden es nicht einfach so vergeuden.«

Jemand näherte sich der Tür. Es war Cuirgi. Er lehnte sich gegen den Türpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Du scheinst dich ja mit der Gefangenen gut zu verstehen, Crond«, bemerkte er kühl.

Crond schaute grinsend auf.

»Ist es denn verboten zu sprechen, während ich unsere Gefangene füttere?«

»Es kommt ganz darauf an, worüber ihr euch unterhaltet«, erwiderte Cuirgi. »Es ist nur allzugut bekannt, daß diese Frau eine Zunge aus Gold hat. Sie ist eine ddlaigh, und wir wissen doch, daß eine gute Richterin aus schwarz weiß machen kann und umgekehrt. Halte bloß deine Zunge im Zaum, Crond.«

Crond lächelte zynisch. »Nach zwei Jahren im Gefängnis der Eoghanacht können mich die Worte dieser Frau nicht hinters Licht führen. Doch je schneller wir in unsere Heimat zurückkehren, desto besser, meine ich.«

Cuirgi nickte nachdenklich und nahm dabei Fidelma ins Visier.

»Fütter sie zu Ende und komm dann runter. Wir müssen unsere Route besprechen. Cuan kennt die Gegend nördlich von hier gut und hat eine Idee.«

»Wann brechen wir also auf? Morgen?«

Cuirgi schüttelte den Kopf. »Wenn wir noch einen Tag warten, werden sie glauben, wir seien schon zu Hause .« Da erstarb seine Stimme mit Blick auf Fidelma. »Wir werden uns unten darüber unterhalten.«

Er blieb noch einen Augenblick stehen und verschwand dann. Fidelma hörte, wie er die Treppe hinunterlief. Crond gab ihr wieder von der Suppe. Er zwinkerte ihr zu und flüsterte leise: »So, Lady, es sieht aus, als ob du noch ein wenig so ausharren mußt.«

»Meine Hände und Füße sind ganz taub, Crond«, sagte sie. »Kannst du die Fesseln nicht ein wenig lok-kern? Unter den gegebenen Umständen werde ich weder laufen noch reiten können, wenn es darauf ankommt. Du mußt doch einsehen, daß ich so ohnehin nicht fliehen kann, oder?«

Crond zögerte, dann wurde ihm klar, daß sie recht hatte. Er stellte die Schale ab und beugte sich über ihre Knöchel, um den Strick ein wenig zu lockern. So schnitt er nicht ins Fleisch ein und war dennoch fest. Sie spürte, wie ihr Blut unter kleinen schmerzhaften Nadelstichen wieder in die Glieder schoß. Crond drehte sich um und tat das gleiche an den Handgelenken. Sie seufzte, als ihre eingeschnürten Arme zu kribbeln anfingen. Er setzte sie wieder gegen die Kopfstütze und gab ihr den Rest Suppe. Dann durfte sie noch einmal trinken. Schließlich stand er auf.

Einen Moment lang sah er auf den gelösten Knebel, sie bemerkte seinen Blick.

»Wen sollte ich hier schon um Hilfe anrufen?« fragte sie sarkastisch.

Er zögerte und lächelte dann aber.

»Die Nacht wird lang, Lady. Schlaf gut.«

Schließlich war er fort. Sie lag eine ganze Zeit einfach so da und lauschte auf das Stimmengewirr in den unteren Räumen. Dann begann sie, an den Fesseln zu zerren. Obwohl Crond sie etwas gelockert hatte, saßen sie immer noch fest. Sosehr sie sich auch bemühte, sie würde ihre Hände nicht freibekommen. Es dauerte eine Weile, bis sie aufgab und wieder einschlief. Als nächstes bemerkte sie den grauen Lichtschein der Morgendämmerung.

Kapitel 14

Eadulf hatte die Nacht in der Abtei verbracht und war früh zu Uamans Turm aufgebrochen. Mühelos hatte er den Weg gefunden und beschlossen, sein Pferd unter den Bäumen zurückzulassen und sich dem Turm zu Fuß zu nähern. Er hatte es ganz locker angebunden, so wie er es von Fidelma gelernt hatte. Würde das Pferd nach langem Warten unruhig werden, könnte es sich selbst befreien und davonlaufen. Er wußte jedoch, daß sein Pferd sehr geduldig war und sich erst losmachen würde, wenn es hungrig war oder Gefahr drohte.

Eadulf verbarg sich hinter den Bäumen am Ufer der Bucht und blickte über das Wasser zu der kleinen Insel hinüber. Nur das kalte wilde Meer trennte ihn noch von dem Turm. Er wollte nicht glauben, daß sich das graue Wasser jemals so zurückzog, daß es einen Weg zur Insel freigab. Mit seinen runden Mauern ragte der graue Turm dort dunkel und bedrohlich auf. Ein hoher Steinwall umgab ihn. Eadulf versuchte, die Ausmaße der Anlage zu schätzen, und meinte, daß sie einen Durchmesser von ungefähr dreißig Metern hatte. Das Ganze wirkte angsteinflößend und unheildrohend.

Eadulf versuchte sich einzureden, daß er sich das nur einbildete. Der Kräutersammler und seine Frau und auch der Verwalter der Abtei von Colman hatten ein bestimmtes Bild vor ihm entstehen lassen. Hätte ihn der Verwalter nicht so eindringlich gewarnt, was hätte er dann getan? Er wäre bestimmt direkt zu Uamans Sitz geritten und hätte ihm sein Anliegen vorgetragen. Daß er auf unrechte Weise zu dem Baby gekommen war und der Kräutersammler es nicht als sein Eigentum hätte verkaufen dürfen. Je mehr Eadulf darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, daß der direkte Weg zu Uaman der einzig richtige war. Er sollte sich nicht länger von den Hirngespinsten anderer beeindrucken lassen. Nachdem er aus der Abtei fortgeritten war, hatte er sich sogar eingebildet, jemand würde ihn verfolgen. Dieses Gefühl wurde er nicht los, immerzu sah er sich um, ob er nicht in Gefahr war.