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Mehrere Reiter sprengten ihnen entgegen. Eadulf erkannte sogleich, daß sich Caol an der Spitze des Trupps befand. Der Krieger hob die Hand zum Gruß. Er wirkte sehr ernst.

»Ist es wahr?« fragte er und blickte neugierig von Eadulf zu Gorman und dann zu Basil Nestorios und dem Ehepaar im Wagen. Da entdeckte er in Muirgens Armen das Baby. Eadulf nickte und zeigte lächelnd auf das Kind.

»Alchu ist gesund und wohlbehalten. Wir bringen ihn heim. Weiß Fidelma das schon?«

»Sie ist soeben von einem Boten davon unterrichtet worden. Es ist viel geschehen, seit du fort bist, Bruder Eadulf.«

Eadulf wunderte sich sehr, daß Caols Miene so hart und ernst blieb.

»Das sollte für alle ein Augenblick der Freude sein, Caol. Doch dich scheint es nicht zu freuen.«

»Alle haben sich gefragt, warum du so überstürzt Cashel verlassen hast.«

»Ist nicht inzwischen ein Kräutersammler mit seiner Frau in Cashel eingetroffen?«

Caol sah ihn begriffsstutzig an. Dann zuckte er die Achseln.

»Man hat mir mitgeteilt, daß wegen dem morgigen Jahrmarktsfest draußen vor der Stadt fahrende Schauspieler und ein Kräutersammler lagern.«

»Und sie haben noch mit niemandem gesprochen?«

Caol schüttelte den Kopf.

»Nun, das erkläre ich dir, wenn wir in der Burg sind«, sagte Eadulf. »Doch jetzt wollen wir uns über Alchus wohlbehaltene Rückkehr freuen.«

»Vorher mußt du noch auf einige Fragen gefaßt sein.« Caol wandte sich an Gorman. »Und ich schätze, daß du eine gute Entschuldigung dafür hast, dich einfach so aus Cashel entfernt zu haben!«

Gorman errötete. »Ich hatte das Gefühl, daß es meine Pflicht war, Bruder Eadulf beizustehen.« In seiner Stimme schwang ein wenig Reue mit.

»Ohne Gorman«, erklärte Eadulf, »wären ich und mein guter Freund Basil Nestorios jetzt nicht hier«. Dabei nickte er zu seinem Gefährten hinüber, der ganz verwirrt war.

»Und wer sind die anderen?« fragte Caol.

»Das sind ein Schäfer und seine Frau, die auf unserer Rückreise Alchu bestens versorgt haben. Was ist los? Warum diese eigenartige bedrückte Begrüßung?« fragte er plötzlich verärgert.

Caol sah ihn verlegen an.

»Eadulf von Seaxmund’s Ham. Ich handle auf Befehl von Brehon Dathal, dem obersten Brehon dieses Königreiches. Mir bleibt nichts anderes übrig, als dich gefangenzunehmen. Du bist des Mordes angeklagt.«

Eadulf rang nach Luft.

»Des Mordes? An wem?« fragte er.

»An Bischof Petran.«

Eadulf saß nun in einem Kerker in dem Teil der Burg, der für Gefangene und Geiseln bestimmt war. Das Ende seiner Reise nach Cashel hatte eine eigenartige Wendung genommen. Fidelma war bald bei den Rückkehrern eingetroffen. Nachdem sie ausgelassen ihren Sohn begrüßt hatte, erfuhr sie zu ihrem Entsetzen von Caol, daß Eadulf des Mordes angeklagt sei. Sie hatte ihm daraufhin Mut zugesprochen, er solle sich keine Sorgen machen, und war wie der Wind zurück zur Burg geritten.

Caol hatte sich korrekt verhalten, und während er Eadulf zur Burg begleitete, hatte er ihm berichtet, was sich in seiner Abwesenheit zugetragen hatte. Als sie endlich in Cashel angelangt waren, hatte man Eadulf in den Kerker gebracht und ihm gesagt, daß er auf Brehon Dathals Verhör warten solle. Caol versprach, Muirgen und Nessan umgehend zu Fidelma zu führen und sich auch um Basil Nestorios zu kümmern. Gorman würde für sein Verschwinden vom Befehlshaber der Wache sicher eine Rüge erhalten. So befand sich Eadulf nun ganz allein in dem kleinen steinernen Verließ. Er war völlig verzweifelt. Er hatte so viel durchgemacht, und nun beschuldigte man ihn des Mordes an dem alten Bischof ... Da schweiften seine Gedanken nach Fearna zurück, wo man ihn ebenso irrtümlich gefangengehalten hatte. Damals hatte ihn Fidelma gerettet, aber nun war er Gefangener in der Burg von Fidelmas Bruder und von dessen oberstem Richter des Mordes angeklagt. Er war zwischen Wut und Verzweiflung hin und her gerissen.

Erst nach mehreren Stunden ging die Tür wieder auf und Fidelma erschien.

Er stürzte auf sie zu und umarmte sie fest.

»Wie geht es dem Jungen?« fragte er.

Fidelma lächelte. Sie hatte Tränen in den Augen.

»Es geht ihm gut. Muirgen und ihr Mann kümmern sich um ihn. Sie haben sich in Saraits Kammer neben unseren Räumen eingerichtet und mir erzählt, welche Rolle sie bei den traurigen Ereignissen gespielt haben. Ich habe mich auch mit Basil Nestorios unterhalten, aber ich möchte so gern alles von dir hören. Doch vorher müssen wir dich hier rausholen. An alldem ist nur Brehon Dathal schuld.«

»Ich hätte dem alten Bischof Petran nie etwas zuleide getan.«

»Das weiß ich. Schlimm ist nur, daß Dathal oberster Brehon ist, ausgestattet mit der ganzen Amtsgewalt, in gewissem Maße auch über meinen Bruder. Ich werde aber bald mit Colgu reden können. Er weiß noch nicht, was geschehen ist, er befindet sich in Verhandlungen mit Conri, dem Kriegsfürsten der Ui Fid-gente.«

»Ich habe schon gehört, daß Conri hier ist. Darüber mußt du mir alles erzählen.«

»Das ist eine lange Geschichte. Doch zuerst will ich von dir wissen, was dich zur Abtei von Colman getrieben hat. Warum bist du so überstürzt aus Cashel fortgeritten? Brehon Dathal behauptet, du seist geflohen, weil du den alten Mann umgebracht hast.«

»Das ist völliger Unsinn. Ich habe Conchoille gesucht, den Holzfäller .«

»Der meint, er hätte dich gar nicht gesprochen.«

Eadulf nickte. »Das stimmt auch. Ich bin zu dem Wirtshaus geritten, in dem Conchoille an jenem Abend gegessen hatte, als Sarait umgebracht wurde.«

»Ferlogas Wirtshaus bei Rath na Drinne?«

»So ist es. Ferloga hat mir dann erzählt, daß im Wald umherziehende Fremde lagerten. Aber sie hätten ein Baby bei sich .«

Fidelmas Augen leuchteten aufgeregt auf.

»Als wir zum Brunnen von Ara kamen, da hatten diese Fremden doch zwei Babys bei sich, oder?« sagte sie.

»Genau! Ich wußte, daß sie zur Abtei von Colman unterwegs waren, also schrieb ich dir eine Nachricht und jagte ihnen hinterher. Wie sich herausstellte, hatte ich recht. Sie hatten aber unser Baby weitergegeben. Jetzt haben sie ihr Lager bei den Komödianten vor Cashel aufgeschlagen und können selbst alles erklären. Sie heißen Corb und Corbnait.«

»Ich werde mit ihnen sprechen.«

»Da ist noch etwas. Gorman kann dir alles genau erzählen, aber Fiachrae von Cnoc Loinge ist ein Verräter und deinem Bruder gegenüber nicht loyal.«

Fidelma war entsetzt und sagte rasch: »Ich möchte das alles im Detail hören. Doch zuerst müssen wir sehen, daß du wieder freikommst.«

»Auf welche Weise soll ich denn Bischof Petran ermordet haben?«

»Mit Gift. Brehon Dathal wird dich verhören. Keine Sorge. Du wirst bald wieder auf freiem Fuß sein.«

Eadulf stieß einen tiefen Seufzer aus. »In der kurzen Zeit, die ich hier in dieser Zelle bin, habe ich viel nachgedacht, Fidelma. Auf unserem Ritt hat mir Caol berichtet, was dir und Conri widerfahren ist. Stimmt das?«

»Daß Conri mich gerettet hat? Das ist wahr.«

»Wenn Sarait nicht bei Alchus Entführung ermordet wurde, sondern ihn einfach so allein im Wald zurückgelassen hat, wie die Fremden behaupten, warum ist sie dann überhaupt aus der Burg fortgelockt und getötet worden? Wer hat sie ermordet?« Eadulf beugte sich vor und legte eine Hand auf ihren Arm. »Denk darüber nach, Fidelma. Wir haben Sarait als Amme für Alchu in unsere Dienste genommen, nicht wahr?«

Fidelma machte eine ungeduldige Geste. »Das weißt du doch selbst.«

»Aber wann genau war das?«

»Genau bei seiner Geburt. Vor sechs Monaten. Was soll das?«

Eadulf betrachtete sie aufmerksam.

»Ich hatte es vergessen, bis man mich darauf aufmerksam machte, daß ich auf dem Rückweg nach Cashel für das Baby eine Amme benötige«, sagte er ruhig. »Als wir Sarait einstellten, war ihr Kind gerade erst gestorben. Es war eine Totgeburt, wie sie sagte. Alchu ist vor sechs Monaten zur Welt gekommen, da konnte sie ihn stillen.«