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Eadulf rieb sich gedankenvoll das Kinn. »Hast du noch einmal mit Della über den Umhang gesprochen, den du der Beschreibung nach als den ihren erkannt hast?«

»Noch nicht.«

»Meinst du, daß sie ihn absichtlich weggeworfen hat oder daß jemand ihn einfach gestohlen hat?«

»Ich glaube nicht, daß Della gelogen hat. Warum sollte sie Sarait umbringen?«

»Keine Ahnung. Gorman hat uns beiden erklärt, daß er in Sarait verliebt gewesen ist. Du glaubst, daß Della und Gorman mehr als nur gute Bekannte sind. Und wir wissen, daß Saraits Mann nicht der Vater des totgeborenen Babys war. Es scheint logisch, daß Gorman vielleicht der Vater war und daß Della .«

»Das klingt ziemlich weit hergeholt«, murmelte Fidelma. »Della ist trotz ihrer Gefühle nicht so blind, daß sie .« Sie verstummte. Wenn Gefühle im Spiel waren, konnte jeder blind sein.

»Warum waren wir uns eigentlich so sicher, daß das Erpresserschreiben echt ist? Vor meinem Aufbruch waren alle der Ansicht, daß wir von den Entführern einen Beweis verlangen sollten. Warum also hat man die drei Fürsten der Ui Fidgente freigelassen?«

Fidelma streckte sich auf einem Sessel vor dem Feuer aus. »Leg noch etwas nach«, sagte sie zu Eadulf, der sich darüberneigte. Er nahm ein Holzscheit und legte es in die Flammen. Fidelma sprach weiter: »Hat Gor-man dir das nicht erzählt?«

»Gorman? Was hat er denn damit zu tun?«

»Der Wirt vom Gasthof in der Stadt hat ihm die Antwort auf unser Schreiben übergeben. Jemand hatte sie dort an die Tür gehängt.«

Eadulf pfiff durch die Zähne. »Also befand sich der Täter die ganze Zeit in der Nähe der Burg?«

»Ich frage mich, warum Gorman das dir gegenüber nicht erwähnt hat«, überlegte Fidelma laut.

»Bei Uaman auf der Insel haben sich die Ereignisse überschlagen, da hatte er keine Gelegenheit dazu«, sagte Eadulf beschwichtigend. »Doch welchen Beweis haben die Entführer denn erbracht?«

»Sie haben uns einen von Alchus Babyschuhen geschickt ... Von jenen, die mein Bruder ihm geschenkt hatte. Ich bin fast gestorben, als ich ihn sah und somit bestätigt fand, daß er in den Händen der Entführer war.«

Eadulf blickte sie kurz an. »Aber ich habe doch die Babyschuhe, die er trug, wieder mitgebracht. Seine ganzen Sachen sind noch bei Muirgen.«

Fidelma ging zu ihrer Truhe und holte das Schreiben und den Schuh, den man ihnen geschickt hatte, heraus.

»Hat er denn nicht diese Schuhe angehabt?« sagte sie und hielt ihn hoch. Eadulf schüttelte den Kopf.

»Nein. Er hat kleine wollene Babyschuhe getragen. Muirgen kann das bezeugen. Sie sind ein wenig schmutzig geworden, aber es waren die einzigen, die damals in der Truhe gefehlt haben. Erinnerst du dich nicht daran, daß mich dein Bruder gebeten hat, Alchus Sachen durchzusehen, um den Männern, die nach ihm suchten, eine Beschreibung seiner Kleidung zu geben?«

Fidelma sah ihn fragend an. »Ich verstehe nicht.«

Eadulf übte sich in Geduld. »Entsinnst du dich, daß Colgu verlangt hat, die Truhe zu durchsuchen, um festzustellen, was Alchu in jener Nacht getragen hat?«

»Ganz vage.«

»Vage ist sicher richtig, denn du warst viel zu durcheinander, um selbst nachzusehen, und hast mich darum gebeten.«

»Die Truhe?« Fidelma warf einen nachdenklichen Blick darauf und machte eine ungeduldige Handbewegung. »Und? Was willst du damit sagen?«

»Nun, der Schuh, den du jetzt in Händen hältst, befand sich in der Truhe, als ich damals nachgeschaut habe. Ich meine, das Paar Schuhe war dort.«

»Bist du ganz sicher?«

»Ganz sicher«, erwiderte Eadulf aufgebracht. »Ich würde sie überall wiedererkennen. Dein Bruder hatte sie extra für den Kleinen bei einem Schuhmacher anfertigen lassen.« Er zeigte auf den Schuh in Fidelmas Hand. »Sieh dir nur die Sohle aus Rohleder an. Ich dachte damals, daß Alchu für solche Schuhe noch zu klein sei.«

Fidelmas Gesicht nahm plötzlich einen merkwürdigen Ausdruck an.

»Erinnere dich bitte. Nachdem wir übereingekommen waren, von Alchus sogenannten Entführern einen Beweis zu verlangen, kehrten wir in unsere Gemächer zurück. Lungerte da nicht Gorman im Gang vor unseren Räumen herum? Er hätte sicher Gelegenheit gehabt, die Schuhe zu stehlen.«

»Glaubst du, daß Gorman etwas damit zu tun hat?«

Fidelmas Gesicht entspannte sich ein wenig. »Ich glaube, daß mir in diesem seltsamen Fall langsam ein Licht aufgeht, Eadulf«, sagte sie leise. »Ich muß noch einmal mit Della sprechen.«

»Doch nicht jetzt. Es ist schon Mitternacht. Nicht gerade die beste Zeit, um sie aufzusuchen.«

Fidelma zögerte, dann lachte sie und zuckte mit den Achseln.

»Du hast recht. Der Tag war ziemlich anstrengend, die letzten beiden Wochen waren es ebenfalls. Ich werde morgen hingehen. Ich glaube nicht, daß das Wild, das wir jagen, bis dahin geflohen ist.«

Am Vormittag ritt Fidelma zu Della. Mit Eadulfs Einverständnis hatte sie beschlossen, Della allein aufzusuchen. Della blickte Fidelma unsicher an, als sie die Tür öffnete.

»Dein Gesicht verrät, daß du etwas ganz Bestimmtes willst, Lady Fidelma. Du siehst aus wie ein Jäger, der seine Beute wittert und sich bereitmacht, sie zu töten.«

Fidelma dachte an das, was sie am Abend zuvor zu Eadulf gesagt hatte.

»Das ist ein guter Vergleich, Della. Ich wittere die Beute, aber ich habe sie noch nicht in die Enge getrieben.«

»Wie kann ich dir helfen?« Die ehemalige bé-tâide trat zur Seite und winkte Fidelma in das warme kleine Haus hinein. Im Hauptraum, in dem ein Feuer loderte, nahm Fidelma Platz.

»Ich will noch einmal auf unsere Unterhaltung von neulich zurückkommen.«

»Über den fehlenden Umhang?«

»Auch das. Ich nehme an, daß du mit niemandem darüber gesprochen hast, nicht wahr?«

»Natürlich nicht. Du hast mich doch darum gebeten.«

»Ich bitte dich auch, folgendes für dich zu behalten. Der Zwerg, der die falsche Nachricht an Sarait überbracht hat, um sie aus der Burg zu locken, ist wieder in Cashel.«

»Du hast mir doch gesagt, daß er meint, er würde die Frau nicht wiedererkennen.«

»Vielleicht gibt es andere Möglichkeiten, sie zu finden.«

Della preßte die Lippen aufeinander und schwieg.

»Als wir uns das letztemal über Sarait unterhielten, sagtest du, sie hätte dir erzählt, sie sei vergewaltigt worden.«

Della nickte. »Sie hat mir aber nicht verraten, wer diese Untat beging.«

»Ich entsinne mich. Ich glaube allerdings, daß wir ihren Worten entnehmen können, daß es ein Krieger war, der in der Schlacht bei Cnoc Äine dabei war. War es Gorman? Hat er sie vergewaltigt?«

Della errötete. »Nie im Leben!« rief sie. »Er war in sie verliebt.«

»Und das hat er dir erzählt?« fragte Fidelma sogleich.

Della wollte etwas sagen, doch dann wurde ihr bewußt, daß sie schon viel mehr verraten hatte, als ihr lieb war.

»Du kannst mir ruhig alles erzählen«, meinte Fidelma. »Ein Krieger hat sie vergewaltigt. Hat Sarait dir gegenüber jemals Gormans Namen erwähnt?«

Auf einmal traten rote Flecken auf Dellas Wangen. »Gorman kann es nicht gewesen sein.«

»Liebst du Gorman?«

Zu Fidelmas Überraschung fing Della an zu lachen. »Natürlich liebe ich ihn«, sagte sie amüsiert. »Ist das verboten?«

Fidelma war verblüfft. Mit einer so offenen Antwort hatte sie nicht gerechnet. Es herrschte ein langes Schweigen.

»Halten wir erst mal fest, was unbestritten ist«, sagte Fidelma schließlich. »Sarait hatte eine Totgeburt. Das war lange nach der Schlacht bei Cnoc Äine. Es kann nicht das Kind ihres Ehemannes Callada gewesen sein.«