»Werdet Ihr Euer Wort halten?«, fragte er leise. Er war nicht sicher, ob Martius seine Stimme überhaupt hörte, aber er bekam eine Antwort.
»Ich habe ihm mein Wort nicht gegeben, Andrej.«
Andrej fuhr herum. Seine Hand schloss sich um das Schwert. »Ihr wisst, was ich meine, Inquisitor«, sagte er wütend. »Soll dieser alte Mann wirklich umsonst gestorben sein?«
Martius starrte an ihm vorbei. Das gleißende Licht der Flammen spiegelte sich in seinen Augen, und wahrscheinlich war es nur die unerträgliche Helligkeit, die die Tränen verursacht hatte, die jetzt über seine Wangen liefen.
»Also?«, fragte Andrej, als Martius nicht antwortete. »Was werdet Ihr tun?«
Der Inquisitor schwieg noch immer. Sein Blick war starr in die Flammen gerichtet, und seine linke Hand tastete nach der Stelle auf seiner Brust, an der bisher das goldene Kruzifix gehangen hatte. Aber sie stieß ins Leere.
»Geht«, flüsterte er.
Andrej war nicht sicher, was Martius meinte.
»Geht, Andrej Deläny«, wiederholte Martius. »Euer Begleiter ist unversehrt. Nehmt ihn mit und verschwindet. Und sorgt dafür, dass sich unsere Wege nie wieder kreuzen.«
»Ihr lasst uns gehen?«, vergewisserte sich Andrej.
Martius riss seinen Blick von den Flammen los. Sein Gesicht wirkte versteinert. »Wer seid Ihr, Andrej?«, fragte er. »Was seid Ihr?«
»Wollt Ihr das wirklich wissen?«, fragte Andrej.
Martius schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich will es nicht wissen. Ich könnte Euch nicht gehen lassen, wenn ich es wüsste.«
»Aber Ihr lasst uns gehen.«
»Eine Stunde«, sagte Martius. »Ihr und dieser Mohr, Ihr habt eine Stunde Vorsprung. Nicht mehr. Das ist alles, was ich für Euch tun kann.«
Und mehr, als sie brauchten. Andrej drehte sich um, machte zwei Schritte und blieb dann noch einmal stehen. »Und die Menschen hier?«, fragte er.
»Werdet Ihr sie in Frieden lassen?«
»Wofür haltet Ihr mich, Andrej?«, fragte Martius kalt. »Für ein Ungeheuer?«
»Nein«, antwortete Andrej. »Für einen Inquisitor.«
Martius schwieg. Er starrte ihn nur an, und Andrej erwiderte seinen Blick und wartete darauf, Triumph oder wenigstens Zufriedenheit zu verspüren, aber er empfand weder das eine noch das andere. Die fremde Macht in ihm war erloschen. Er war wieder er selbst. Sie lebten, und Abu Dun und er hatten eine Stunde Vorsprung, mehr als genug, um sich in Sicherheit zu bringen, selbst wenn Martius' Männer danach Jagd auf sie machen würden - was Andrej nicht einmal glaubte. Er hatte allen Grund, zufrieden zu sein, aber dieser Sieg schmeckte schal. Es war nicht die Art von Sieg, auf die er Wert legte.
Er drehte sich um und ging mit schnellen Schritten nach draußen, wo Abu Dun auf ihn wartete.
ENDE DES DRITTEN BUCHES
Die Serie wird fortgesetzt mit Teil 4,
Der Untergang