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»Nein.«

»So? Das ist ja gut.«

»Was meinen Sie damit?«, fragte David argwöhnisch.

»Es macht alles viel einfacher, mein Lieber, nichts weiter. Entschuldigen Sie, dass ich Sie ersucht habe, hierher zu kommen, aber ich hielt es für besser« – er schaltete eine kleine Pause ein –, »Rosaleen aus dem Spiel zu lassen. Wozu ihr unnötig Sorgen bereiten?«

»Dürfte ich Sie bitten, zur Sache zu kommen?«

»Selbstverständlich. Haben Sie jemals die Möglichkeit erwogen, es könne mit Robert Underhays Tod eventuell nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein?«

»Was zum Teufel wollen Sie damit sagen?«

»Nun, Underhay war ein sonderbarer Mensch. Er hatte so seine eigenen Vorstellungen. Möglich, dass es Ritterlichkeit war, möglich aber auch, dass ihn andere Motive bewogen haben, doch können wir das beiseite lassen und einfach annehmen, Underhay wäre es damals, vor einigen Jahren, aus bestimmten Gründen sehr recht gewesen, als tot zu gelten. Er verstand ausgezeichnet, mit den Eingeborenen umzugehen. Sie zu veranlassen, eine Geschichte von angeblichen Ereignissen in Umlauf zu setzen, bereitete ihm sicher keine nennenswerte Schwierigkeit. Mehr brauchte es nicht. Eine Geschichte, mit genügend glaubwürdigen Einzelheiten ausgeschmückt. Alles, was für ihn zu tun blieb, war, tausend Meilen vom Schauplatz entfernt unter anderem Namen wieder aufzutauchen.«

»Das erscheint mir eine etwas gewagte Annahme«, wehrte David ab. »Zu phantastisch.«

Arden grinste. Er lehnte sich vor und tätschelte Davids Knie. »Aber angenommen, es ist die Wahrheit. Was dann?«

»Ich würde unwiderlegbare Beweise verlangen.«

»Ja? Möglich, dass Underhay selbst eines Tages in Warmsley Vale auftaucht. Würde Ihnen dieser Wahrheitsbeweis gefallen?«

»Jedenfalls wäre er eindeutig«, bemerkte David trocken.

»Eindeutig allerdings, aber gleichzeitig doch auch ein bisschen peinlich. Für Mrs Gordon Cloade, meine ich. Sogar ziemlich peinlich. Das müssen Sie doch wohl zugeben.«

»Meine Schwester ging ihre zweite Ehe im ehrlichen Glauben ein, verwitwet zu sein.«

»Selbstverständlich. Das bedarf gar keiner Erwähnung. Jeder Richter würde das anerkennen. Nicht der geringste Vorwurf kann sie treffen.«

»Wieso Richter?«, erkundigte sich David stirnrunzelnd.

Enoch Arden sagte in entschuldigendem Ton:

»Ich dachte an die juristische Seite: Bigamie.«

»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte David ungeduldig.

»Regen Sie sich doch nicht auf, mein Lieber! Lassen Sie uns in Ruhe gemeinsam überlegen, was am besten zu tun ist. Am besten für Ihre Schwester, meine ich. Wem liegt schon daran, Staub aufzuwirbeln und den Leuten Gesprächsstoff zu liefern? Underhay war immer ein Kavalier.« Arden machte eine Pause. »Er ist es noch…«

»Er ist es noch?«, wiederholte David.

»Das sagte ich eben.«

»Sie behaupten, Robert Underhay lebt? Wo befindet er sich augenblicklich?«

Arden lehnte sich vor, und sein Ton wurde vertraulich.

»Wollen Sie das wirklich wissen, Hunter? Wäre es nicht besser, Sie wären nicht im Bild? Oder sagen wir der Genauigkeit halber: Wäre es nicht besser, Sie und Rosaleen könnten erklären, soweit Sie informiert seien, starb Underhay in Afrika? Na, sehen Sie! Und falls Underhay lebt, weiß er nichts davon, dass seine Frau sich wieder verheiratet hat, denn hätte er eine Ahnung, würde er sich selbstverständlich melden… Rosaleen hat von ihrem zweiten Mann ein großes Vermögen geerbt. Nun, wie die Dinge stehen, wäre Rosaleen doch eigentlich nicht erbberechtigt. Underhay ist ein Mann von ausgeprägtem Ehrgefühl. Es wäre ihm entsetzlich zu wissen, dass sie diese Erbschaft unter Vorgabe falscher Tatsachen zugesprochen bekommen hat.« Wieder entstand eine Pause. »Aber Underhay braucht ja, wie gesagt, von dieser zweiten Heirat nichts zu erfahren. Es geht ihm nicht gut, dem armen Kerl. Gar nicht gut.«

»Inwiefern geht es ihm nicht gut?«

»Er ist krank, sehr krank, und braucht dringend ärztliche Hilfe und Pflege. Er müsste sich einer Kur unterziehen, alles sehr kostspielige Dinge…«

David hakte ein.

»Kostspielig?«

»Ja, leider kostet doch alles Geld. Und Robert Underhay besitzt praktisch nichts außer dem, was er am Leibe trägt.«

Davids Blick wanderte durch den Raum und blieb auf dem über einem Stuhlrücken hängenden Rucksack haften. Von einem Koffer war nichts zu sehen.

»Ich hege gewisse Zweifel daran, dass Robert Underhay wirklich so ein vollendeter Kavalier ist, wie Sie es mich glauben machen wollen«, meinte er nach einer Pause.

»Er war es früher«, versicherte der andere. »Aber die Not hat ihn naturgemäß ein wenig härter und zum Zyniker gemacht. Gordon Cloade war ein von Gütern außergewöhnlich gesegneter Mann. Der Anblick zu großen Reichtums erweckt im Armen manchmal die niedrigeren Instinkte.«

»Meine Antwort steht fest.« David Hunter erhob sich. »Scheren Sie sich zum Teufel!«

Ohne seine lässige Haltung zu verändern, erwiderte Arden: »Ich habe diese Antwort von Ihnen erwartet.«

»Sie sind ein regelrechter Erpresser und nichts weiter«, erklärte David. »Und ich hätte die größte Lust, die Polizei auf Sie zu hetzen.«

»Mich der Öffentlichkeit preisgeben, ja?« Arden grinste. »Doch Ihnen wäre es weniger angenehm, würde ich mich an die Öffentlichkeit wenden. Aber beruhigen Sie sich, ich verzichte darauf. Wenn Sie nicht kaufen wollen, weiß ich noch andere Interessenten für meine Ware.«

»Was soll das heißen?«

»Na, die Cloades! Angenommen, ich gehe zu ihnen mit meiner Geschichte? ›Entschuldigen Sie, bitte, wenn ich Sie störe, aber es interessiert Sie vielleicht, dass Robert Underhay noch lebt!‹ Mein Lieber, stellen Sie sich den Empfang vor, den man mir bereiten würde. Mit offenen Armen käme die gesamte Familie mir entgegen.«

»Es würde Ihnen wenig nützen. Von denen kriegen Sie keinen roten Heller. Die sind samt und sonders arm wie die Kirchenmäuse«, entgegnete David grimmig.

»Es gibt doch so etwas wie – die Juristen nennen es so – ein Erfolgshonorar. Man einigt sich darauf, dass soundsoviel in bar zu zahlen ist an dem Tag, an dem klipp und klar bewiesen wird, dass Robert Underhay noch lebt, Mrs Gordon Cloade also dem Gesetz nach Mrs Underhay ist und Gordon Cloades vor der Heirat abgefasstes Testament seine volle Gültigkeit behalten hat.«

Einige Minuten saß David da, ohne ein Wort zu erwidern. Dann fragte er ohne alle Umschweife:

»Wie viel?«

Die Antwort wurde ihm ebenso unverblümt zuteiclass="underline"

»Zwanzigtausend.«

»Kommt nicht in Frage. Meine Schwester darf das Kapital nicht antasten. Sie hat nur die Nutznießung.«

»Also zehntausend. Sie kann sich das Geld leicht irgendwo verschaffen. Und sie wird doch auch Schmuck haben.«

Wieder verfiel David in minutenlanges Schweigen, bevor er erwiderte:

»Gut. Einverstanden.«

Der andere sah ihn fassungslos an und ein wenig unsicher, als sei ihm der unerwartet in den Schoß gefallene Sieg nicht ganz geheuer.

»Keine Schecks«, erklärte er. »Nur bares Geld.«

»Aber Sie müssen uns Zeit geben, damit wir das Geld irgendwo auftreiben können.«

»Ich gebe Ihnen achtundvierzig Stunden.«

»Sagen wir nächsten Dienstag.«

»Einverstanden. Bringen Sie mir das Geld hierher.« Und bevor David noch etwas entgegnen konnte, fügte er hinzu: »Sie an einer einsamen Wegbiegung oder einer abgelegenen Stelle am Fluss zu treffen, fällt mir nicht ein. Sie müssen mir das Geld hierher in den ›Hirschen‹ bringen, und zwar am nächsten Dienstag abends um neun.«

»Großes Vertrauen bringen Sie mir nicht entgegen«, sagte David höhnisch.

»Ich habe schon allerhand erlebt, und ich kenne Ihren Typ.«

»Also abgemacht. Nächsten Dienstag.«

David verließ das Zimmer, das Gesicht von Wut verzerrt.