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»Und dann?«

»Dann… offen gestanden: Ich ging heim. Ich merkte, dass ich mich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte, und machte mir schon Vorwürfe, es nicht Onkel Jeremy überlassen zu haben, mit dem Kerl zu reden. So ein Rechtsanwalt ist’s eher gewohnt, mit solchen Typen zu verhandeln.«

»Um wie viel Uhr verließen Sie den ›Hirschen‹?«

»Keine Ahnung. Oder doch… warten Sie, es muss gerade neun Uhr gewesen sein, denn wie ich draußen am Fenster vorbeiging, hörte ich gerade das Zeichen zum Nachrichtenbeginn im Radio.«

»Machte Arden eine Andeutung über den ›Klienten‹, den er erwartete?«

»Ich nahm stillschweigend an, es könnte nur David Hunter sein. Wer sollte sonst in Frage kommen?«

»Er machte nicht den Eindruck, als beunruhige ihn dieser bevorstehende Besuch?«

»Im Gegenteil. Er machte einen absolut selbstsicheren Eindruck und tat, als halte er alle Trümpfe in der Hand.«

Spence deutete mit einer leichten Bewegung auf die Feuerzange auf dem Tisch.

»Haben Sie diese Feuerzange beim Kamin hängen oder liegen gesehen, Mr Cloade?«

»Nicht, dass ich mich erinnere. Es war kein Feuer im Kamin.« Rowley versuchte, sich das Hotelzimmer ins Gedächtnis zu rufen, wie er es an jenem Abend wahrgenommen hatte. »Ich erinnere mich vage, etwas Eisernes liegen gesehen zu haben, aber ob es diese Feuerzange war oder nicht, das könnte ich nicht sagen. Ist er mit diesem Ding –?«

»Die Untersuchung hat ergeben, dass er von hinten erschlagen wurde und dass die tödlichen Schläge mit dem Knauf dieser Feuerzange, und zwar von oben nach unten, ausgeführt wurden«, erklärte der Inspektor sachlich.

»Er war seiner Sache sehr sicher, aber trotzdem…« Rowley brütete einen Moment vor sich hin. »Wer wird einem Menschen den Rücken zuwenden, den man zu erpressen im Begriff steht? Er scheint nicht sehr vorsichtig gewesen zu sein, dieser Arden.«

»Wäre er vorsichtiger gewesen, lebte er wahrscheinlich noch«, stimmte der Inspektor trocken zu.

»Hätte ich mich bloß nicht aufs hohe Roß gesetzt, sondern wäre dort geblieben. Wer weiß, vielleicht hätte ich etwas erfahren, was uns jetzt nützen könnte. Ich hätte natürlich so tun sollen, als wären wir sehr interessiert daran, ihm für den angebotenen Beweis jede Summe zu zahlen. Aber das ist alles so dumm. Wie können wir schon mit Rosaleen und David Hunter konkurrieren? Sie haben Geld, und wir haben höchstens Schulden.«

Der Inspektor nahm das Feuerzeug auf.

»Wissen Sie, wem das gehört?«

»Es kommt mir bekannt vor.« Eine steile Falte grub sich zwischen Rowleys nachdenkliche Augen. »Aber ich komme nicht darauf, wo ich es gesehen habe.«

Spence gab Rowley das Feuerzeug nicht in die Hand. Er legte es nieder und nahm den Lippenstift auf.

»Und das?«

Rowley schmunzelte.

»Da bin ich nicht zuständig, Inspektor.«

Spence schraubte die Hülle ab und malte sich einen kleinen roten Strich auf den Handrücken.

»Würde zu einer Brünetten passen«, murmelte er.

»Was für komische Sachen ihr Leute von der Polizei wissen müsst«, bemerkte Rowley. Er erhob sich. »Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wer der Ermordete gewesen sein könnte?«

»Haben Sie denn irgendeine Idee?«, fragte der Inspektor.

»Nicht die geringste. Der Mann war unsere einzige Möglichkeit, an Robert Underhay ranzukommen«, erwiderte Rowley langsam. »Nach Underhay suchen, ohne jeden Anhaltspunkt, das wäre das Gleiche, wie in einem Heuhaufen nach einer Stecknadel fahnden.«

»Die Nachricht von diesem Mord wird an die Öffentlichkeit gelangen. Die Umstände werden in der Zeitung geschildert werden, und es besteht die Möglichkeit, dass Underhay, falls er wirklich noch lebt, davon hört oder liest und sich meldet.«

»Möglich«, gab Rowley zu. »Unwahrscheinlich, aber möglich.«

Nachdem Rowley sich verabschiedet hatte, betrachtete der Inspektor sinnend das Feuerzeug. Es trug die Initialen D.H.

»Kein billiges Stück«, sagte er zu Sergeant Graves gewandt. »Haben Sie sich’s angesehen?« Der Sergeant bejahte die Frage.

Inspektor Spence wandte seine Aufmerksamkeit der Armbanduhr zu. Das Glas war zerbrochen, und die Zeiger waren auf zehn Minuten nach neun stehen geblieben.

»Was halten Sie davon?«, fragte er, zu Graves aufblickend.

»Sieht so aus, als ob die Uhr uns den Zeitpunkt der Tat angibt«, meinte der Sergeant.

Spence sah zweifelnd drein.

»Wenn Sie erst einmal so viele Jahre Dienst hinter sich haben wie ich, Graves, werden Sie misstrauisch beim Anblick eines so auffallend überzeugenden Beweisstücks wie einer stehen gebliebenen Uhr. Sie kann wirklich beim Fall des Opfers zerbrochen sein und dadurch die genaue Zeit des Mordes angeben, aber die Gefahr, dass man uns damit in die Irre führen will, lässt sich nicht von der Hand weisen. Es ist ein oft erprobter alter Trick. Stellen Sie die Zeiger einer Uhr auf den Zeitpunkt, der Ihnen gerade ins Programm passt, schmeißen Sie das Ding auf den Boden, der Mechanismus steht still und Sie haben das schönste Alibi, das Sie sich wünschen können. Aber so leicht kriecht ein alter Fuchs wie ich nicht auf den Leim. Laut ärztlicher Aussage erfolgte die Tat zwischen acht und elf Uhr abends. Daran halte ich mich.«

Sergeant Graves räusperte sich.

»Edwards, der zweite Gärtner in Furrowbank, behauptete, er habe David Hunter so gegen halb acht aus einer Seitentür kommen sehen. Die Angestellten waren der Meinung, Hunter sei nach London zu Mrs Gordon gefahren. Aber wenn Edwards ihn gesehen hat, muss er sich doch hier in der Nachbarschaft herumgetrieben haben.«

»Warten wir einmal ab, was uns Mr Hunter über seinen Verbleib während der betreffenden Zeit zu sagen hat«, erwiderte Spence.

»Das sieht doch alles nach einem klaren Fall aus«, meinte Graves zuversichtlich.

Spence wiegte nachdenklich den Kopf.

»Für dieses Ding hier fehlt vorläufig noch jede Erklärung.« Er nahm den Lippenstift zur Hand. »Er war unter eine Kommode gerollt. Womöglich lag er da schon seit Tagen oder Wochen.«

»Man hat nichts von einer Frau in Verbindung mit diesem Arden gehört«, bemerkte Graves.

»Darum eben nenne ich diesen Lippenstift die unbekannte Größe in der Rechnung«, erwiderte Spence. 

18

 Inspektor Spence sah erst prüfend an dem imposanten Gebäude, das sich »Shepherd’s Court«, nannte, hinauf, bevor er durch das Marmorportal schritt.

Drinnen sanken des Inspektors Füße tief in die dicken weichen Teppiche ein, mit denen die Halle ausgelegt war. Ein Blumenarrangement und ausladende Polstermöbel fielen ihm ins Auge, doch steuerte er pflichtbewusst sogleich auf eine Tür zu, die als »Büro«, gekennzeichnet war. Hinter der Tür befand sich ein mittelgroßer Raum, der durch eine massiv hölzerne Barriere abgeteilt war. Jenseits der Barriere standen ein Tisch mit einer Schreibmaschine und zwei Stühle, doch war niemand zugegen.

Der Inspektor erspähte eine Glocke und bediente sich ihrer. Als sich daraufhin nichts ereignete, versuchte er sein Glück abermals, diesmal etwas anhaltender. Ungefähr eine Minute darauf, vielleicht sogar noch etwas später, öffnete sich eine Seitentür, und eine uniformierte Erscheinung mit der Würde eines Generals, wenn nicht gar eines Feldmarschalls, näherte sich der Barriere. Doch als die Erscheinung zu sprechen begann, wurde offenbar, dass die Uniform täuschte und sich darunter ein waschechtes Produkt der weniger vornehmen Vorstadtgegenden Londons befand.

»Sie wünschen?«

»Ich möchte zu Mrs Gordon Cloade.«