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»Nein, es war Mord. Und Sie haben sie ermordet, Mr Hunter.«

»Ich?«, fuhr David auf. »Wieso sollte ich meine eigene Schwester ermorden?«

»Weil sie nicht Ihre Schwester war. Ihre Schwester kam bei dem gleichen Bombenangriff um wie ihr Mann Gordon Cloade. Es gab nur zwei Überlebende damals. Sie und das Stubenmädchen namens Eileen Corrigan. Ich erhielt heute ihr Bild aus Irland.«

Er hielt dem jungen Mann eine Fotografie hin. David ergriff sie, sprang auf und war zur Tür hinaus, bevor einer der Anwesenden recht begriffen hatte, worum es ging.

»Das kann nicht wahr sein!«, rief Lynn aus.

»Leider ist es wahr. David Hunter drängte das Stubenmädchen, die Rolle seiner Schwester zu spielen, um so das Cloadesche Vermögen für sich zu retten. Kein Zweifel, dass er ihr schon vorher den Kopf verdreht hatte und überzeugt war, sie zu der Komödie überreden zu können. Er verstand es, mit Frauen umzugehen.«

Poirot machte diese Feststellung sachlich und vermied es, Lynn anzusehen.

»Doch als die Geschichte eine unerwartete Wendung nahm und der Brief des Erpressers kam, wurde Eileen-Rosaleen von Angst gepackt. David schickte Eileen-Rosaleen nach London, als der Fremde auftauchte, weil er nicht riskieren konnte, dass der richtige Underhay die falsche Rosaleen zu Gesicht bekam. Und wie die Situation am schwierigsten wird, beginnt auch das Mädchen durch seine Gewissensbisse gefährlich zu werden. Sie zeigt alle Anzeichen eines Nervenzusammenbruchs. Wer weiß, was daraus werden wird. Außerdem stören ihn ihre Liebesbezeugungen, denn er hat sich inzwischen in Miss Marchmont verliebt. So sieht er als Ausweg nur Eileens Tod. Und er schmuggelt Morphium zwischen die Schlafpulver, die sie auf sein Geheiß allabendlich nimmt. Der Verdacht wird nicht auf ihn fallen, da der Tod seiner Schwester ja den Verlust des Cloadeschen Vermögens für ihn bedeutet. Mangel an Motiv, das war sein Trumpf. Ich habe von Anfang an erklärt, dass das Muster dieses Falles nicht stimmt.«

Die Tür wurde geöffnet, und Inspektor Spence trat ein.

»Wir haben ihn«, sagte er gemütlich. »Alles in Ordnung.« 

34

An einem Sonntagmorgen klopfte es an Rowleys Tür. Er öffnete und sah sich Lynn gegenüber.

»Lynn!«

»Darf ich hereinkommen, Rowley?«

Rowley trat etwas zurück, und Lynn ging an ihm vorbei in die Küche. Langsam nahm sie ihren Hut ab und setzte sich.

»Ich bin heimgekommen, Rowley.«

»Was willst du damit sagen?«

»Ich bin heimgekommen. Dies ist mein Heim, hier, wo du bist. Ich war eine Närrin, Rowley. Ich gehöre zu dir.«

»Du weißt nicht, was du sagst, Lynn«, entgegnete Rowley heiser. »Ich habe versucht, dich umzubringen.«

Lynn lächelte.

»Gerade weil du das tatest, kam mir zu Bewusstsein, was für ein dummes Ding ich gewesen war. Ich habe doch immer nur dich haben wollen, Rowley. Aber dann brachte der Krieg uns auseinander, und du erschienst mir so zahm, so langweilig. Ich hatte Angst vor dem eintönigen Leben. Aber als du sagtest, wenn du mich nicht haben könntest, dürfte auch niemand sonst mich haben, da wurde mir klar, dass ich dich und nur dich liebte.«

»Es hat keinen Sinn, Lynn. Du kannst keinen Mann heiraten, der, wenn’s gut geht, ins Gefängnis wandert.«

»Dazu wird es nicht kommen. Die Polizei glaubt, dass Hunter sowohl Arden wie Rosaleen ermordet hat. Aber nach englischem Gesetz kann man nicht zweimal des gleichen Verbrechens angeklagt werden. Sie haben ihn wegen des Mordes an Arden freigelassen. Für ihn ändert sich nichts. Doch solange die Behörden glauben, dass David der Täter ist, suchen sie nach keinem anderen.«

»Aber dieser Hercule Poirot weiß es doch…«

»Er sagte dem Inspektor, es sei ein Unfall und kein Mord gewesen, und der Inspektor lachte nur. Nein, Monsieur Poirot wird niemandem etwas sagen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Er ist ein – «

»Nein«, unterbrach Rowley sie. »Du darfst mich nicht heiraten, es wäre nicht sicher – «

»Möglich…« Lynn lächelte. »Aber ich liebe dich nun einmal, Rowley, und außerdem habe ich mir nie sehr viel aus Sicherheit gemacht.«