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Der sicherste Schutz, das Kraftfeld, ließ sich in den unterirdischen Gewölben des Planeten überhaupt nicht einsetzen.

Also gab es nur die Wahl zwischen sofortiger Umkehr — das wäre gleichbedeutend gewesen mit dem Todesurteil für die Verschollenen — und Aufnahme der riskanten Suchaktion. Eine echte Chance lag dabei auch nur in den nächsten Tagen, bestenfalls der nächsten Woche. Horpach war sich bewußt, daß die Männer später nicht mehr lebend geborgen werden konnten.

Tags darauf rief der Astrogator in aller Frühe die Spezialisten zusammen, erläuterte ihnen die Lage und erklärte, er zähle auf ihre Hilfe. Sie waren im Besitz einer Handvoll jener „Metallinsekten“, die Rohan in der Jackentasche mitgebracht hatte. Fast vierundzwanzig Stunden hatte man damit zugebracht, sie zu untersuchen. Horpach wollte wissen, ob es möglich sei, diese Gebilde unschädlich zu machen.

Überdies tauchte wieder die Frage auf, weshalb Jarg und Rohan von dem Zugriff der „Wolke“ verschont geblieben waren.

Die „Kriegsgefangenen“ nahmen während der Beratung einen Ehrenplatz ein: in einem geschlossenen Glasgefäß mitten auf dem Tisch. Es waren nur noch etwa zwanzig Stück, die anderen waren bei den Untersuchungen zerstört worden. Diese Gebilde von genau symmetrischer Dreiteilung erinnerten in der Form an den Buchstaben Y. Sie hatten drei spitz auslaufende, in einer zentralen Verdickung verankerte Flügel. Bei direkter Beleuchtung sahen sie kohlschwarz aus, bei reflektiertem Licht aber schillerten sie bläulich und olivgrün wie der Hinterleib mancher irdischer Insekten, der sich wie der Rosettenschliff eines Brillanten aus winzigen Flächen zusammensetzt. Ihr Inneres wies immer dieselbe, allerdings mikroskopisch kleine Struktur auf. Ihre Elemente, hundertmal kleiner als ein Sandkörnchen, bildeten eine Art autonomes Nervensystem, in dem voneinander teilweise unabhängige Stränge zu unterscheiden waren.

Der kleinere, die Arme des Buchstaben Y bildende Teil stellte ein Steuersystem für die Bewegung des „Insekts“

dar, das in der mikrokristallinen Struktur der Arme eine Art universellen Akkumulator und zugleich Energieumwandler besaß. Je nachdem, wie die Mikrokristalle zusammengepreßt wurden, erzeugten sie ein elektrisches oder ein magnetisches Feld oder aber veränderliche Kraftfelder, die den Mittelteil auf eine verhältnismäßig hohe Temperatur bringen konnten, so daß die gespeicherte Wärme in einer Richtung nach außen strömte. Die schubähnliche Luftbewegung, die dadurch hervorgerufen wurde, ermöglichte es ihnen, beliebig aufzusteigen, wobei die einzelnen winzigen Kristalle mehr flatterten als flogen und — zumindest bei den Versuchen im Labor — unfähig waren, ihren Flug genau zu steuern. Verbanden sie sich hingegen durch Verkettung der Flügelenden miteinander, so entstanden Aggregate mit um so besseren aerodynamischen Eigenschaften, je größer die Anzahl war.

Jeder Kristall verband sich mit drei anderen; außerdem konnte sich sein Arm mit dem Mittelteil eines anderen verbinden und so einen vielschichtigen Bau der sich auf diese Weise vergrößernden Systeme ermöglichen. Die einzelnen Kristalle brauchten sich dabei nicht zu berühren, eine Annäherung der Flügelspitzen genügte, durch das erzeugte Magnetfeld das ganze Gebilde im Gleichgewicht zu halten.

Ballte sich eine bestimmte Menge von „Insekten“ zusammen, so wies das Aggregat zahlreiche Gesetzmäßigkeiten auf. Wenn es durch äußere Reize „aufgestachelt“ wurde, dann konnte es seine Bewegungsrichtung, seine Form und Gestalt und die Häufigkeit der inneren Impulse ändern, und nach dieser Änderung kehrten sich die Vorzeichen des Feldes um, so daß sich die Metallkristalle nicht mehr anzogen, sondern trennten und einem individuellen Zerfall unterlagen.

Außer dem Steuersystem für diese Bewegung trug jeder schwarze Kristall ein zweites Verbindungssystem in sich oder, besser gesagt, ein Bruchstück davon, anscheinend den Teil eines größeren Ganzen. Dieses übergeordnete Ganze, das wohl erst bei der Vereinigung einer riesigen Menge von Elementen entstand, war der eigentliche Antriebsmotor für die Aktionen der Wolke. Hier waren die Wissenschaftler mit ihrer Weisheit allerdings am Ende. Sie wußten nichts über die Wachstumsmöglichkeiten dieser Leitsysteme, und das Problem ihres „Intellekts“ blieb völlig im dunkeln.

Kronotos nahm an, daß sich um so mehr Elemente zu einer großen Einheit zusammenschlossen, je schwieriger die Aufgabe war, die sie zu lösen hatten. Das klang ziemlich einleuchtend, aber weder den Kybernetikern noch den Spezialisten für Informationstheorie war eine damit vergleichbare Konstruktion bekannt, das heißt ein beliebig wucherndes „Gehirn“, das seine Ausmaße dem Umfang seiner Absichten anpaßt.

Einige der Gebilde, die Rohan mitgebracht hatte, waren beschädigt. Andere jedoch zeigten typische Reaktionen. Der einzelne Kristall konnte herumflattern, aufsteigen und fast unbewegt in der Luft stehenbleiben, herabfallen, sich der Reizquelle nähern oder sie meiden. Zudem war er völlig ungefährlich, selbst bei Vernichtungsgefahr — die Forscher versuchten sie mit chemischen Mitteln, durch Kraftfelder, Hitze— und Strahleneinwirkung zu vernichten — sandte er keinerlei Energie aus, und man konnte ihn wie den jämmerlichsten Erdenkäfer zerquetschen, allerdings mit dem Unterschied, daß der kristalline Metallpanzer nicht so leicht zu knacken war. Aber sobald sich die „Insekten“ zu einem verhältnismäßig kleinen Aggregat zusammenschlossen, erzeugten sie, wenn man sie der Wirkung eines Magnetfeldes aussetzte, ein Gegenfeld, das das andere aufhob. Bei Erhitzung versuchten sie, die Wärme durch Infrarotstrahlung abzuschütteln. Weitere Versuche waren nicht möglich, da die Wissenschaftler nur über eine Handvoll Kristalle verfügten.

Im Namen des Chefs antwortete Kronotos dem Astrogator auf seine Frage. Die Wissenschaftler verlangten Zeit für weitere Untersuchungen, vor allem aber wünschten sie eine größere Menge von Kristallen. Sie schlugen deshalb eine Expedition in das Innere der Schlucht vor, die nach den Verschollenen forschen und gleichzeitig einige Zehntausend Pseudoinsekten mitbringen sollte.

Horpach willigte ein. Er war jedoch der Ansicht, daß kein Menschenleben mehr gefährdet werden durfte. Er ordnete an, eine Maschine in die Schlucht zu schicken, die bisher nicht an Aktionen teilgenommen hatte. Es war ein achtzig Tonnen schweres, automatisches Spezialfahrzeug, das sonst nur bei starker radioaktiver Verseuchung, hohem Druck und hohen Temperaturen eingesetzt wurde. Dieses Gerät, das allgemein Zyklop genannt wurde, war tief unten, auf dem Grunde des Raumkreuzers, an den Trägern der Ladeluke befestigt. Normalerweise wurden solche Geräte auf Planeten nie benutzt, auch der „Unbesiegbare“

hatte seinen Zyklopen bisher nie gebraucht. Die Situationen, die diesen äußersten Schritt erforderlich gemacht hatten, waren in der gesamten Raumflotte an den Fingern abzuzählen. Den Zyklopen nach etwas aussenden hieß bei den Raumfahrern soviel wie dem Teufel eine Aufgabe übertragen. Von der Niederlage eines Zyklopen hatte bisher keiner gehört. Das Fahrzeug wurde mit Kränen aus dem Schiffsleib gehoben und auf der Rampe abgesetzt, wo sich Techniker und Programmierer seiner annahmen. Es besaß außer dem üblichen System der Diracs für die Erzeugung des Kraftfeldes einen Kugelantimateriewerfer, konnte daher in beliebiger Richtung oder nach allen Seiten zugleich Antiprotonen abschießen. Ein in die Panzerwanne eingebauter Auswerfer ermöglichte es dem Zyklopen sogar, sich dank der Interferenz der Kraftfelder einige Meter über die Bodenoberfläche zu erheben; er war also weder vom Bodenrelief abhängig noch auf Räder oder Raupenketten angewiesen.

Vorn hatte er einen gepanzerten Rüssel, und aus dessen Üffnung schob sich ein Inhaustor, eine Art Teleskophand, die an Ort und Stelle Bohrungen vornehmen, Mineralproben aus der Umgebung hereinholen und andere Arbeiten verrichten konnte. Der Zyklop war zwar mit einer starken Funk— und Fernsehanlage ausgestattet, aber er war auch dank einem Elektronengehirn, das ihn steuerte, für selbständige Aktionen eingerichtet. Die Techniker im Operativstab des Ingenieurs Petersen hatten diesem Gehirn ein vorbereitetes Programm eingegeben, denn der Astrogator rechnete damit, daß er die Verbindung mit der Maschine verlor, sobald sie in der Schlucht sein würde.